Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen an Die Toten Hosen verliehen
Die Toten Hosen sind Kult. Ihre Musik begeistert Millionen, ihr Engagement für Menschlichkeit und Demokratie ist herausragend. Ministerpräsident Hendrik Wüst hat die Düsseldorfer Band mit dem Staatspreis ausgezeichnet. „Die Toten Hosen machen unser Land zu einem besseren Ort“, so Wüst zur Preisverleihung.
Ministerpräsident Hendrik Wüst hat am Mittwoch, 30. Oktober 2024, den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen im Düsseldorfer Apollo Varieté an Die Toten Hosen verliehen und damit ihr jahrzehntelanges soziales und gesellschaftliches Engagement geehrt.
Der Ministerpräsident über die Rockband: „Die Toten Hosen gehören zum reichen kulturellen Erbe unseres Landes und sind herausragender Teil jüngerer Musik-Geschichte. Sie sind Kult in Deutschland und darüber hinaus. Ihre Musik begeistert seit mehr als 40 Jahren Millionen von Menschen – über Generationen und alle sozialen Unterschiede hinweg. Ihre Musik bewegt, weil sie vom Leben erzählt. Von Hoffnungen, vom Scheitern und vor allem: vom Wiederaufstehen.“
Den Staatspreis erhielten die Toten Hosen nicht nur wegen ihrer Musik, sondern auch wegen ihres großen sozialen Engagements. Der Text auf der Urkunde lautet: „Der Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen 2024 wird Andreas Frege (Campino), Andreas von Holst (Kuddel), Michael Breitkopf (Breiti), Andreas Meurer (Andi), Stephen George Ritchie (Vom) als „Die Toten Hosen“ verliehen für ihren prägenden Einfluss durch ihre Musik auf den gesellschaftlichen Diskurs und die kulturelle Landschaft in Nordrhein-Westfalen und für ihr jahrzehntelanges soziales und gesellschaftliches Engagement.“
Rund 300 Gäste kamen zur Verleihung des Staatspreises in das Apollo Varieté am Rheinufer in Düsseldorf, darunter viele persönliche Gäste der Toten Hosen. Die Laudatio auf die Preisträger hielt auf Wunsch der Toten Hosen der Düsseldorfer Starregisseur Wim Wenders, der der Band seit vielen Jahren eng verbunden ist. 1999 lernten sich Wenders und Die Toten Hosen bei Dreharbeiten zu einem Musikvideo kennen, daraus entstanden viele weitere Kollaborationen.
Die Band positioniert sich seit vielen Jahren gegen Fremdenfeindlichkeit, Antisemitismus und rechtsextreme Gewalt und unterstützt Menschen in Armut und schwierigen sozialen Lagen. Sie engagiert sich in der Entwicklungs-, Flüchtlings-, und Obdachlosenhilfe. Als Reaktion auf das schwere Erdbeben in der Türkei und Syrien im Februar 2023 haben Die Toten Hosen innerhalb weniger Tage ein Benefizkonzert für die Opfer der Katastrophe organisiert.
„Es sind ‚Tage wie diese‘, die uns in Erinnerung bleiben sollen“, so Ministerpräsident Wüst bei der Verleihung. „Es sind aber vor allem ‚Menschen wie diese‘. Menschen wie diese fünf Männer und ihr Team, deren Einsatz für eine bessere Gesellschaft wir uns zum Vorbild nehmen sollten. Musiker, die bei allem Erfolg und Ruhm nie vergessen haben, was wirklich zählt im Leben. Die sich unermüdlich für Menschen einsetzen, die Hilfe brauchen. Die Menschen in Not unter die Arme greifen und für ihre Würde kämpfen. Die Toten Hosen machen unser Land zu einem besseren Ort mit ihrem Einsatz für die Werte, die unsere Gesellschaft tragen“, so der Ministerpräsident weiter.
Rede von Ministerpräsident Hendrik Wüst MdL
anlässlich der Verleihung des Staatspreises des Landes Nordrhein-Westfalen
an Die Toten Hosen
am 30. Oktober 2024
Es gilt das gesprochene Wort!
Ich bin mir sicher, dass viele zustimmend nicken, wenn ich von folgendem Phänomen erzähle: Sie sitzen im Auto, sind so in Gedanken, das Radio läuft und plötzlich kommt ein Lied, das Sie aufhorchen lässt. Ein Lied, das mit den ersten Takten direkt präsent ist, das Sie sofort in eine andere Welt, in eine andere Zeit versetzt.
Dieses Lied haben Sie irgendwann mal für sich entdeckt, vor Tagen, Wochen, vor Jahren. Und seitdem ist es fest verknüpft mit einer konkreten Erinnerung. Das kann eine bestimmte Begegnung sein, ein Mensch, mit dem Sie das Lied verbinden. Das kann ein einzelner Tag sein, ein schöner Moment oder ein trauriger.
Zu irgendeinem Zeitpunkt haben Sie dieses Lied das erste Mal gehört und seitdem gehört es ganz fest zu diesem konkreten Abschnitt Ihres Lebens. Immer wieder kommt mal ein solches Lied hinzu und so bildet sich über die Jahre eine ganz persönliche Playlist, der ganz persönliche Soundtrack zum eigenen Leben.
Dieses Phänomen ist für mich mit das Schönste, was Musik mit uns machen kann. Und ich bin sicher, dass hier in diesem Saal einige Menschen sitzen, in deren persönlichem Soundtrack auch ein Lied der Toten Hosen dabei ist. Bei mir ist das jedenfalls so.
Das mag für den Einen „Altes Fieber“ oder „Tage wie diese“ sein, für den Anderen vielleicht auch „Zehn kleine Jägermeister“ – das darf jeder für sich behalten.
Heute sind wir hier, um Die Toten Hosen zu ehren – nicht nur wegen ihres musikalischen Erbes und Erfolgs, sondern vor allem wegen ihrer herausragenden Verdienste für unsere Gesellschaft. Das hört sich groß an – und so ist es auch. Später mehr.
Wir ehren Die Toten Hosen mit dem Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen, mit der höchsten Auszeichnung, die das Land vergibt. Der Staatspreis wurde 1986 zum 40. Geburtstag des Landes vom damaligen Ministerpräsidenten Johannes Rau gestiftet.
Im Ministerialblatt des Landes Nordrhein-Westfalen vom 8. November 1986 ist festgehalten: „Der Staatspreis soll an Persönlichkeiten verliehen werden, die dem Land Nordrhein-Westfalen durch Werdegang und Wirken verbunden sind.“ Gewürdigt werden herausragende kulturelle, wissenschaftliche Leistungen oder herausragende Leistungen in anderen Lebensbereichen.
1986 – da waren Die Toten Hosen schon längst im Ratinger Hof in Düsseldorf gegründet. Sie waren mit ihrem dritten Album „Damenwahl“ mit Liedzeilen unterwegs, die man am heutigen Tag nicht zwingend zitieren muss.
Damals konnten sich die Bandmitglieder sicher vieles vorstellen, aber wohl kaum, dass sie einmal den Staatspreis erhalten würden. Geschweige denn, dass sie ihn annehmen würden.
59 Frauen, Männer und Institutionen, die in Werk und Wirken mit dem Land Nordrhein-Westfalen verbunden sind, wurden bisher ausgezeichnet.
Heute kommen fünf weitere hinzu: Andreas Frege, besser bekannt als „Campino“, Andreas von Holst, „Kuddel“, Michael Breitkopf, „Breiti“, Andreas Meurer, „Andi“, Stephen George Ritchie, „Vom“ – Die Toten Hosen. Herzlichen Glückwunsch.
Eigentlich sind es sechs Preisträger, denn bis zum Jahr 2000 saß Wolfgang Michael Rohde, genannt „Wölli“, hinterm Schlagzeug. 2016 ist er an seiner schweren Krankheit verstorben. Heute denken wir auch an ihn und seinen großartigen Einsatz.
Die Toten Hosen sind Kult, deutschlandweit und darüber hinaus. Ihre Musik begeistert seit mehr als 40 Jahren, Millionen von Menschen über Generationen und alle sozialen Unterschiede hinweg. Ihre Musik bewegt, weil sie vom Leben erzählt. Von Hoffnungen, vom Scheitern und vor allem: vom Wiederaufstehen.
„Am Anfang war der Lärm“ – so ist die Biographie der Band überschrieben. In der Tat: Die Toten Hosen waren immer laut und sie sind laut. Und das in jeder Hinsicht. Sie sind laute Stimmen gegen Fremdenfeindlichkeit, gegen Antisemitismus, gegen rechtsextreme Gewalt. Die Toten Hosen finden immer wieder klare Worte gegen Ausgrenzung, Nationalismus und Egoismus.
Campino ist in diesem Jahr an die Düsseldorfer Universität zurückgekehrt. Ich habe gelesen, Sie waren da als junger Mann mal eingeschrieben, konnten aber keine Vorlesung besuchen „aus terminlichen Gründen“. Tja, Termine, Termine. Das Problem kenne ich.
Jetzt sind Sie als Gastprofessor zurückgekehrt und haben in einer Ihrer Vorlesung etwas gesagt, das ebenso wahr wie wichtig ist. Ich zitiere: „Wir stehen vor einer großen Aufgabe. Wir alle gegen die Dummheit. Da wird jede Stimme gebraucht.“
Menschlichkeit und Menschenwürde, Freiheit und Demokratie, Solidarität, Zusammenhalt und Freundschaft – das sind die Kern-Werte unseres Landes. Und das sind genau die Werte, für die Die Toten Hosen einstehen. Danke, liebe Tote Hosen, dass Sie Ihre Stimme immer wieder klar, deutlich und laut erheben!
Liebe Tote Hosen, Sie engagieren sich mit Ihrer Musik, mit Worten und genauso mit Taten. Sie erheben mit anderen Künstlern wie Bono, Bob Geldof und Herbert Grönemeyer Ihre „Stimme gegen Armut“ oder helfen Menschen am Rande der Gesellschaft ganz konkret – etwa Wohnungslosen.
Sie haben zum Beispiel Verkäuferinnen und Verkäufern der Obdachlosenzeitung „fiftyfifty“ 10.000 Aufkleber geschenkt, die diese verkaufen konnten. Auch für Wohnungslose haben Sie Ihre laute Stimme erhoben – etwa als eine Supermarktkette es Obdachlosen untersagt hat, Zeitungen vor ihren Filialen zu verkaufen.
Wenn Menschen in Notlagen geraten – zum Beispiel nach dem verheerenden Erdbeben im Frühjahr 2023 in der Türkei und Syrien – sind die Toten Hosen zur Stelle. Binnen weniger Tage haben Sie damals ein großes Benefizkonzert zugunsten der Opfer des schweren Erdbebens organisiert. Ich durfte dabei sein. Es war ein Abend der Zusammenhalt gestiftet und Mitgefühl geweckt hat. Mehr als 1,6 Millionen Euro an Spenden für die Erdbebenopfer sind zusammengekommen.
Die Toten Hosen gehen mit wachen Augen durch die Welt. Sie unterstützen zahlreiche Organisationen, die sich dafür einsetzen, Menschen ein würdigeres Leben zu ermöglichen – in Düsseldorf, in Deutschland, auf der ganzen Welt. Die Toten Hosen sehen, wo Hilfe gebraucht wird und sie helfen. Die Toten Hosen sind fest verwurzelt in ihrer Heimat, unserem Land, in der Landeshauptstadt Düsseldorf. Ich weiß nicht, ob Sie das gerne hören: Sie gehören schon heute zu unserer Kulturgeschichte und Ihre Musik zum kulturellen Erbe unseres Landes. Erlauben Sie es mir, das heute zu sagen: Darauf sind wir sehr stolz.
Ihre Verbundenheit zu Nordrhein-Westfalen, insbesondere zu Düsseldorf, zeigen Die Toten Hosen immer wieder. Sie sind eng verbunden mit der Düsseldorfer Feuerwehr, der die Band ein Lied gewidmet hat: 112. Sie sind Fans des rheinischen Karnevals, Fans der Düsseldorfer EG und große Fußball-Fans.
Ihr Herz schlägt ganz besonders für die Fortuna hier in Düsseldorf. Nun denn, Erfolgs-Fans zu sein, den Vorwurf kann man Ihnen wahrlich nicht machen.
Im Gegenteil: Sie haben die Fortuna auch durch die schwierigen Phasen der Vereinsgeschichte mitgetragen und immer wieder auch finanziell unterstützt. Legendär bleibt die Unterstützung des Transfers von Anthony Baffoe zur Fortuna. Lieber Anthony Baffoe, es heißt, seitdem gehört Ihr rechtes Bein quasi offiziell den Toten Hosen.
Lassen Sie mich zum Ende noch ein kleines Geheimnis lüften, hoffentlich ohne dabei indiskret zu sein. Als ich Campino vor einigen Monaten angerufen habe, um der Band den Staatspreis anzutragen, sprachen wir auch kurz über Politik. Sie haben ausdrücklich die „Geräuschlosigkeit“ mit der wir in Nordrhein-Westfalen regieren, gelobt.
Ich will ehrlich sagen: Als ich selbst angefangen habe, ein politischer Mensch zu werden und natürlich auch Die Toten Hosen mit lauten, politischen Texten gehört habe, hätte ich mir eine, eigentlich zwei Sachen kaum vorstellen können – dass ich einmal Ministerpräsident werden würde und Die Toten Hosen mich dann für „Geräuschlosigkeit“ loben.
Danke, liebe Mona Neubaur, sehr geehrte Stellvertretende Ministerpräsidentin, dass wir das gemeinsam erleben dürfen.
Ja, es sind „Tage wie diese“, die uns in Erinnerung bleiben sollen, die wir – und ganz besonders Sie, liebe Tote Hosen – genießen sollen. Aber was mir heute noch wichtiger ist: Es sind vor allem „Menschen wie diese“. Menschen wie diese fünf Männer und ihr Umfeld und Team, deren Einsatz für eine bessere Gesellschaft wir uns zum Vorbild nehmen sollten.
Musiker, die bei allem Erfolg und bei allem Ruhm nie vergessen haben, was wirklich zählt im Leben. Die sich unermüdlich für Menschen einsetzen, die Hilfe brauchen. Die Menschen in Not unter die Arme greifen und für ihre Würde kämpfen.
Die Toten Hosen machen unser Land zu einem besseren Ort mit ihrem Einsatz für die Werte, die unsere Gesellschaft tragen.
Vor knapp 40 Jahren haben sie gesungen: „Wir werden immer laut durchs Leben zieh'n. Jeden Tag in jedem Jahr“. Weiter heißt es: „Und wenn wir wirklich einmal anders sind ist das heute noch scheißegal“.
Wie gesagt, es ist eher unwahrscheinlich, dass Die Toten Hosen der ersten Stunde den Staatspreis angenommen hätten. Umso dankbarer bin ich, dass sie es heute tun. Weil sie unser Land bereichern, weil sie – wie es im Ministerialblatt von 1986 steht – unser Land mit Werk und Wirken prägen, weil sie damit tatsächlich perfekt in die würdige Reihe der bisherigen Staatspreisträgerinnen und Staatspreisträger passen.
Danke für Ihre Verdienste um unser Land Nordrhein-Westfalen. Danke für Ihr großes Engagement. Danke für Ihre Musik, die für viele von uns zum Soundtrack unseres Lebens gehört.