Minister Remmel: Schutz der Menschen hat für uns oberste Priorität
Expertengruppen legen Gutachten und Berichte zu Legionellenausbruch in Warstein vor
Zwei Berichte und ein Gutachten zur Krisenkommunikation geben Empfehlungen ab, welche Maßnahmen im Fall einer Legionellenepidemie einzuleiten sind. Ausgangspunkt war die Legionellenepidemie in Warstein im Jahr 2013 mit zwei Toten und 159 Erkrankten. „Die NRW-Landesregierung hat bereits Konsequenzen aus dem Fall Warstein gezogen“, erklärte Umweltminister Johannes Remmel in Düsseldorf. „Der Gesundheitsschutz unserer Bevölkerung hat für die Landesregierung oberste Priorität. Viele Empfehlungen der Expertengruppen wurden bereits umgesetzt. Das übergeordnete Ziel ist ganz klar: So ein Vorfall, wie wir ihn vor zwei Jahren in Warstein erleben mussten, soll sich nicht wiederholen. Deshalb setzen wir auf mehr Prävention.“
Zwei Berichte und ein Gutachten zur Krisenkommunikation geben Empfehlungen ab, welche Maßnahmen im Fall einer Legionellenepidemie einzuleiten sind. Ausgangspunkt war die Legionellenepidemie in Warstein im Jahr 2013 mit zwei Toten und 159 Erkrankten. „Die NRW-Landesregierung hat bereits Konsequenzen aus dem Fall Warstein gezogen“, erklärte Umweltminister Johannes Remmel in Düsseldorf. „Der Gesundheitsschutz unserer Bevölkerung hat für die Landesregierung oberste Priorität. Viele Empfehlungen der Expertengruppen wurden bereits umgesetzt. Das übergeordnete Ziel ist ganz klar: So ein Vorfall, wie wir ihn vor zwei Jahren in Warstein erleben mussten, soll sich nicht wiederholen. Deshalb setzen wir auf mehr Prävention.“
Für Minister Remmel steht der Ansatz des vorsorgenden Gesundheits- und Verbraucherschutzes im Vordergrund aller Maßnahmen: „Dazu gehört vor allem eine regelmäßige Kontrolle und ein Kataster für Rückkühlwerke, um die Verbreitung von Legionellen über diesen Weg möglichst schnell stoppen zu können“, erläuterte der Minister. Ein Rückkühlwerk war auch in Warstein mit hoher Wahrscheinlichkeit daran beteiligt, Legionellen in der Umgebungsluft Warsteins zu verbreiten. „Unsere Bundesratsinitiative mit den entsprechenden Forderungen war erfolgreich. Die Bundesregierung ist unserem Bestreben nach einer vorsorgenden Verbraucherschutzpolitik gefolgt und ist nun in der Pflicht, eine neue Verordnung vorzulegen, mit der das Risiko für die Verbreitung von Legionellen aus Rückkühlanlagen für die Bevölkerung minimiert wird“, sagte Remmel.
Vorgestellt wurden der Abschlussbericht der von der Landesregierung eingesetzten Legionellen-Expertenkommission unter Leitung von Professor Philippe Hartemann (Université de Lorraine, Nancy). Der Bericht analysiert das Geschehen in Warstein und leitet daraus Empfehlungen ab zu Anforderungen an die Überwachung von Gewässern, Rückkühlwerken, Wasser- und Abwasseranlagen sowie an deren technische Nachrüstung. Ein weiterer Bericht von Prof. Martin Exner vom Institut für Hygiene und Öffentliche Gesundheit, Universität Bonn dokumentiert die hygienischen und medizinischen Fragestellungen und leitet daraus entsprechende Empfehlungen ab.
Hinzu kommt ein Gutachten des Krisenmanagements und der Krisenkommunikation zum Fall Warstein, mit Vorschlägen zur Verbesserung der Arbeit von Krisenstäben in ähnlich gelagerten Fällen. Die Gutachter, vertreten durch Prof. Kuhlmey von der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, haben dazu die Arbeit des Krisenstabes des Kreises Soest dokumentiert und ausgewertet. Die Landrätin des Kreises Soest, Eva Irrgang, sieht sich in der konsequenten Umsetzung von Maßnahmen und Entscheidungen des Soester Krisenstabes bestätigt: „Mit Menschenleben taktiert man nicht. Das Leben eines jeden Einzelnen steht vor wirtschaftlichen Interessen“, erklärte die Landrätin. „Deshalb würden wir bei einem ähnlichen Ereignis auch wieder die Möglichkeit einer Reiseempfehlung in Erwägung ziehen, ebenso wie im Fall der Fälle Großveranstaltungen wie die Montgolfiade abzusagen.“
Im August 2013 kam es in Warstein zu einer der größten Legionellen-Massenerkrankung, die es in Deutschland jemals gegeben hat. 159 Menschen erkrankten dabei, zwei Menschen starben. Als mögliche Quelle für die Legionellen-Verbreitung wurde unter anderem ein Rückkühlwerk identifiziert. Eine Überprüfung derartiger Anlagen in Warstein hat ergeben, dass ihre Betreiber den Empfehlungen für einen hygienisch sicheren Betrieb oftmals nicht vollständig nachkamen. Rückkühlanlagen kommen in unterschiedlichen Ausführungen sowohl in Industriebetrieben als auch in Verbindung mit Klimaanlagen für große Gebäude, wie Krankenhäuser oder Hotels, zum Einsatz. In solchen Anlagen hat die Umgebungsluft direkten Kontakt mit dem Kühlwasser. Da das Kühlwasser in einem Kreislauf bleibt, können sich dort bei unzureichender Wartung Legionellen massenhaft vermehren und in die Umgebungsluft verteilt werden. Durch vorbeugende Maßnahmen wie regelmäßige Reinigungen und Desinfizierung zu hoch belasteter Anlagen können Legionellen auf ein tolerierbares Maß reduziert werden.
„Eine klare Ursache, sprich die Ausgangsquelle für die Erkrankungen, konnte in Warstein nicht eindeutig identifiziert werden“, sagte Minister Remmel. „Das bestärkt uns in unserem bisherigen vorsorgenden Handeln die technischen Regelwerke für alle möglichen Quellen und Ursachen zu prüfen, bei Bedarf anzupassen und verbindliche gesetzliche Regelungen zu schaffen. Wir haben in den Bundesrat eine entsprechende Initiative eingebracht mit umfangreichen Verpflichtungen zu regelmäßigen Wartungsintervallen und ggf. auch der Desinfektion von zu hoch belasteten Anlagen. Das Ziel ist, die Gefahr durch Legionellen so stark wie möglich zu verringern; eine hundertprozentige Sicherheit kann niemand garantieren. Die Berichte machen aber deutlich, dass wir den richtigen Weg gehen indem wir aus dem Geschehenen die notwendigen Konsequenzen ziehen, aus den Erfahrungen lernen und daraus vorsorgende Maßnahmen ableiten und umsetzen.“
Die beiden Berichte, das Gutachten zur Krisenkommunikation und weitere Informationen zum Thema „Legionellen“ sind unter www.umwelt.nrw.de hinterlegt.
Empfehlungen und Maßnahmen der Berichte/Gutachten im Einzelnen
Empfehlungen aus dem Bericht von Prof. Exner
- Eine Verbesserung der Diagnostik von Legionelleninfektionen in Krankenhäusern, Fortbildung für Ärzte und Mitarbeitern in Gesundheitsämtern und Schaffung eines Netzwerkes von Referenzinstitutionen für NRW.
- Konsequenzen für eine Verbesserung der technischen Regelwerke und Forderung zur Einführung einer gesetzlichen Regulierung zur Überwachung und Erfassung (Meldepflicht) von Rückkühlwerken, Regelung der Desinfektion von Rückkühlwerken, Empfehlung des vermehrten Einsatzes von oxidierenden Bioziden.
- Untersuchung und Risikobewertung von Kläranlagen mit legionellenaffinem Abwasser in unmittelbarer Nähe von Rückkühlwerken oder mit Entnahmen unterhalb von Einleitungsstellen von Kläranlagen.
Empfehlungen aus dem Prozessgutachten von Prof. Kuhlmey
Die Gutachtergruppe kommt zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass das Krisenmanagement anlässlich des Legionellenausbruches in Warstein zu einer guten und erfolgreichen Ereignisbewältigung führte.Darüber hinaus gibt die Gutachtergruppe folgende Empfehlungen:
- Krisenkommunikation adressatengerechter und zielgruppenorientierter durchführen, Informationen gebündelt herausgeben.
- Erstellung von regelmäßigen Lageberichten mit einem definierten Verteilerkreis, Bereitstellung von zentralen Untersuchungsdaten.
- Reiseempfehlungen sollten nach Möglichkeit künftig nicht mehr ausgesprochen werden.
- Präsenz von Verantwortungs- und Entscheidungsträgern und Einrichtung eines Bürgerbüros.
- Entwicklung und Umsetzung eines Informations- und Meldesystems mit festen Ansprechpartnern auf allen Ebenen. Es wird außerdem empfohlen, bei vergleichbaren Ereignissen innerhalb der Landesregierung ein federführendes Ministerium festzulegen.
- Regelung für die Einbeziehung externer Fachberater, Schaffung behördeninterner Fachkompetenzen durch Aus- und Fortbildung.
- Anpassung der Dienstanweisung für den örtlichen Krisenstab, Ziele für die Stabsarbeit, Intensivierung von Krisenmanagementausbildung und -übung.
- Einrichten eines Katasters mit Standorten von Rückkühlwerken.
Empfehlungen der Expertenkommission Legionellen
- Einheitliche Probenahme und Analytik (Kühlwasser, Oberflächenwasser, Abwasser).
- Bewertung von Legionellenbefunden in dem System - Ablauf Kläranlage - Oberflächengewässer - Wasserentnahme - Rückkühlwerke - Desinfektion.
- Definition von Risikoanlagen im Abwasserbereich und Empfehlung zur regelmäßigen Kontrolle durch Eigenüberwachung.
- Umsetzung von Abwassermaßnahmen wie z.B. die Abdeckung von Abwasserbecken und Ersatz von Oberflächenbelüftern zur Vermeidung von Aerosolbildung.
- Reinigung und Desinfektion von Rückkühlwerken.
Maßnahmen der Landesregierung
Basierend auf den Empfehlungen und Erfahrungen aus Warstein hat die Landesregierung bereits viele Punkte umgesetzt und Maßnahmen ergriffen.Die Landesregierung hat die Bundesregierung Ende 2013 mit einem Bundesratsantrag aufgefordert, kurzfristig die erforderlichen gesetzlichen Regelungen für die Errichtung und den Betrieb von Verdunstungskühlanlagen zu schaffen, um das Risiko von Legionellose-ausbrüchen aufgrund von belasteten Verdunstungskühlanlagen zu senken. Der Bundesrat ist dieser Initiative im Februar 2014 gefolgt
(BR Drs 795/13).
Derzeit wird eine entsprechende Verordnung auf Grundlage des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) von der Bundesregierung erarbeitet, die nach derzeitigem Zeitplan des zuständigen Bundesumweltministeriums Mitte 2016 in Kraft treten soll. Sie wird Anforderungen an Verdunstungskühlanlagen und Naturzugkühltürme bezüglich Wartung, Überwachung und Beprobung stellen und ein bundesweites Kataster von Verdunstungskühlanlagen einrichten.
Der bisher vorliegende Entwurf des Bundesumweltministeriums greift die technischen Empfehlungen der seit Anfang 2015 vorliegenden VDI-Richtlinie 2047 Blatt 2 „Sicherstellung des hygienegerechten Betriebs von Verdunstungskühlanlagen“ auf.
Die weiteren Vorschläge zur Desinfektion von Prof. Exner zu Rückkühlwerken und Risikobewertung von Kläranlagen wurden von der Expertenkommission aufgegriffen und Empfehlungen erarbeitet. Hierzu ist eine Erlassregelung an die Umweltbehörden in Vorbereitung (siehe weiter unten).
Die Empfehlung von Prof. Kuhlmey zur Reisewarnung ist differenziert zu betrachten und muss in jedem Einzelfall geprüft werden. Hierbei ist der Schutz der menschlichen Gesundheit höher einzustufen als wirtschaftliche Nachteile.
Zur Präsenz von Verantwortungsträgern wurde der Besuch des Umweltministers positiv bewertet. Die Einrichtung eines Bürgerbüros oder fester Ansprechpartner für betroffene Bürgerinnen und Bürger in ähnlichen Fällen wird den Behörden empfohlen.
Zu den empfohlenen Informations- und Meldewegen setzt die Landesregierung bereits jetzt schon vorhandene Strukturen auf den unterschiedlichen Ebenen zielorientiert ein. Sie prüft in jeden Einzelfall wie die vorhandenen Strukturen optimal genutzt werden können.
Sollte eine externe Beratung herangezogen werden, so sind vorab die Aufgaben und Verantwortlichkeiten zu klären. Zur Stärkung der behördlichen Fachkompetenz wurde neben der Einrichtung eines Legionellen-Labors eine Stelle für Mikrobiologie im LANUV geschaffen.
Über Informationswege in Krisensituationen hat bereits eine Besprechung mit dem Ministerium für Inneres und Kommunales stattgefunden. Die Zusammenarbeit soll weiter intensiviert werden, z.B. durch das Abhalten von gemeinsamen Dienstbesprechungen.
Durch die Einführung des Konzeptpapiers zur Probennahme und Analytik des LANUV vom 01.04.2014, welches sich an private Labore und Anlagenbetreiber wendet, wurde die Maßnahme zur Verbesserung der Probenahme und Analytik bereits umgesetzt.
Das Konzeptpapier zur Probennahme und Analytik wurde erstellt, um eine bessere Vergleichbarkeit und Belastbarkeit der erhaltenen Daten herbeiführen zu können. Es gibt Empfehlungen zur Probennahme und Analytik in Gewässern, Kühlwässern und Abwasser.
Mit dem Bericht der Expertenkommission wurde das Konzeptpapier fortgeschrieben. Dazu werden zukünftig regelmäßig Ringversuche mit privaten Laboren vom LANUV durchgeführt und von dort in einer landesweiten Liste geeigneter Labore zur Analyse von Umweltproben geführt.
Der Bericht der Expertenkommission enthält Aussagen zur Bewertung von Legionellenbefunden im Gewässer mit Entnahmen und im Auflauf von Kläranlagen.
Es ist geplant den Bericht der Expertenkommission Legionellen mit einem Erlass bei den Umweltbehörden in NRW einzuführen.
Mit dem Erlass werden den Umweltbehörden Maßnahmen und Bewertungen von Legionellen im Gewässer bei Entnahmen und im Ablauf von Kläranlagen aufgrund der Empfehlung der Experten-kommissionen zu Anwendung vorgegeben.
Im Abwasserbereich werden die Vollzugsbehörden in NRW aufgefordert werden, Risikoanlagen zu identifizieren und deren Eigenüberwachung durchzusetzen. Im Rahmen der regelmäßigen Umwelt-inspektionen sollen auch betriebliche Rückkühlwerke überprüft werden.
Für die Bewertung von Legionellenbefunden in Rückkühlwerken wird den Umweltbehörden im Erlass entsprechend den Ausführungen der Expertenkommission die Anwendung der VDI-RL 2047 Blatt 2 empfohlen.
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