Viel Regen, wenig Sonne: 2024 sind die nordrhein-westfälischen Getreideerträge pro Hektar deutlich eingebrochen

Ministerin Gorißen: Sorgen bereiten uns die zunehmenden Wetterereignisse

22. August 2024
phb Getreide, Feld

Das Jahr 2024 ist ein herausforderndes Anbaujahr für nordrhein-westfälische Landwirtinnen und Landwirte. Gemeinsam mit dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Karl Werring, hat Ministerin Gorißen vor der Landespressekonferenz über die vorläufigen Ernteergebnisse informiert.

Landwirtschaft und Verbraucherschutz

Das Jahr 2024 ist ein herausforderndes Anbaujahr für nordrhein-westfälische Landwirtinnen und Landwirte: Zum Zeitpunkt der Aussaat und der Pflanzungen konnten die Traktoren kaum auf die Äcker, weil diese zu nass waren. Und bereits im Herbst ausgesätes Getreide stand im Winter unter Wasser, was viele Pflanzen nicht überlebt haben. Auch während der notwendigen Pflegearbeiten, der Unkraut- und Krankheitskontrolle und den ersten Ernteterminen setzten sich die andauernden Niederschläge fort. Waren die vergangenen Jahre eher durch Trockenheit und Hitze geprägt, ist in diesem Jahr der dauerhafte Regen an vielen Standorten zum Problem geworden. Der Krankheitsdruck war durch die feuchte Witterung oft sehr hoch. Gemeinsam mit dem Präsidenten der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen, Karl Werring, hat Landwirtschafts- und Verbraucherschutzministerin Silke Gorißen vor der Landespressekonferenz am Donnerstag, 22. August 2024, über die vorläufigen Ernteergebnisse informiert.

„Im Ergebnis wurde bei den wichtigsten Getreidearten – Weizen, Roggen, Gerste und Triticale – eine deutlich unterdurchschnittliche Ernte eingefahren. Inzwischen können wir eigentlich gar nicht mehr von Normaljahren sprechen“, so Ministerin Silke Gorißen. „Mit wechselhaftem Wetter und den damit verbundenen Herausforderungen konnten Bäuerinnen und Bauern schon immer umgehen. Sorgen dagegen bereiten uns vor allem der immer stärker spürbare Klimawandel mit zunehmenden und oft andauernden Wetterereignissen. Diese beeinträchtigen die Landwirtschaft zunehmend.“

Mehr Regen als üblich – Winterweizen besonders betroffen

Von August des vergangenen Jahres bis Juli 2024 lag die Niederschlagsmenge in jedem Monat deutlich über dem langjährigen Mittel für Nordrhein-Westfalen – insgesamt um durchschnittlich 49 Prozent.

Ministerin Silke Gorißen: „Was der Regeneration des Grundwassers und den vielfach ausgetrockneten Böden gutgetan hat, hat im Jahresverlauf enorme Herausforderungen für die Landwirtschaft gebracht.“

Bei Winterweizen, der nach wie vor wichtigsten Getreideart mit der größten Anbaufläche in Nordrhein-Westfalen, liegt der Durchschnittsertrag mit etwa 7,1 Tonnen pro Hektar unter den Ergebnissen der vergangenen 30 Jahre. Im fünfjährigen Mittelwert hat sich der Winterweizenertrag um 15 Prozent verringert. Auch bei Roggen mit 5,8 Tonnen pro Hektar und Wintergerste mit 7,0 Tonnen pro Hektar waren die Erträge deutlich unterdurchschnittlich. Besser sieht es bei den Sommergetreiden aus: So konnte bei Hafer mit mehr als 5,5 Tonnen pro Hektar deutlich mehr als in den Vorjahren geerntet werden.

Kammerpräsident Werring: Viele Flächen nicht befahrbar

Karl Werring, Präsident der Landwirtschaftskammer NRW, betonte auch die schwierigen Aussaatbedingungen im vergangenen Herbst und Winter: „Weil viele Flächen nicht mit dem Traktor befahrbar waren, konnte nicht überall dort, wo es ursprünglich geplant war, Winterweizen ausgesät werden. Ein Teil dieser Fläche wurde im Frühjahr ersatzweise mit Sommergetreide bestellt. Das führte dazu, dass sich die Anbaufläche von Sommerweizen in diesem Jahr fast vervierfacht hat und die von Sommergerste mehr als verdoppelte. Erfreulich sind auch die nach ersten Schätzungen überdurchschnittlichen Erträge beim Sommergetreide.“

Bisherige Kartoffelernte hinter Erwartungen

Auch die bisherige Kartoffelernte bleibt bisher deutlich hinter den Erwartungen zurück. Schlechte Pflanzbedingungen und der hohe Krankheitsdruck durch die Kraut- und Knollenfäule als Resultat der nassen Witterung haben zu teilweise hohen Ausfällen geführt.

Kälteeinbruch Ende April setzte Obstanbau zu

Zusätzlich hat ein plötzlicher Kälteeinbruch – kurz nach einer intensiven und frühen Blüte – in der letzten Aprilwoche für erhebliche Schäden im Obst- und Weinbau gesorgt. So hat sich beispielsweise nach ersten vorläufigen Schätzungen die Erntemenge bei den Äpfeln in Nordrhein-Westfalen gegenüber dem Vorjahr nahezu halbiert.

Anbaudiversifizierung, Planbarkeit und Abbau von Bürokratie

Aufgrund der großen Herausforderungen für den Pflanzenbau im Klimawandel wirbt das Land für deutliche Vereinfachungen bei Auflagen und für bürokratische Entlastungen.

Ministerin Silke Gorißen: „Landwirte müssen sich viel stärker mit den geänderten Witterungsbedingungen beschäftigen und flexibel reagieren können. Starre Fristen, wie etwa bei den Auflagen zur Winterbegrünung, sind völlig praxisfremd, wie das vergangene Jahr gezeigt hat. Deshalb ist es gut, dass die Europäische Union dies erkannt hat und den Weg für deutliche Vereinfachungen freigemacht hat.“ 

 Solche Vereinfachungen gab es zum Beispiel bei den GLÖZ-Standards, also Vorgaben für den guten landwirtschaftlichen und ökologischen Zustand von Flächen (GLÖZ) gemäß der Gemeinsamen Agrarpolitik GAP. Zusätzlich unterstützt das nordrhein-westfälische Landwirtschaftsministerium die Betriebe bei der Anbaudiversifizierung unter anderem durch die Förderung der Agrarumweltmaßnahme „Anbau vielfältiger Kulturen“. Im vergangenen Jahr wurden rund 6,1 Millionen Euro an die teilnehmenden Betriebe ausgezahlt. In diesem Jahr erfolgt der „Anbau vielfältiger Kulturen“ auf über 80.000 Hektar.

Anwendung von Pflanzenschutzmitteln

Auch die Diskussionen um die Verfügbarkeit beziehungsweise Anwendbarkeit von Pflanzenschutzmitteln und Einschränkungen bei der Düngung bereiten vielen Praktikern Sorgen. Die diesjährigen Witterungsbedingungen, vor allem die anhaltende Nässe, haben noch einmal gezeigt, welche Bedeutung der Schutz der Nutzpflanzen vor Krankheiten hat. Ohne die gezielte Anwendung von Pflanzenschutzmitteln wären die Ertragseinbußen noch weitaus höher ausgefallen. Das Landwirtschaftsministerium setzt sich daher für mehr Planbarkeit beim Einsatz von Pflanzenschutzmitteln ein, ebenso wie für eine betriebsindividuelle, verursachergerechte Differenzierung der düngerechtlichen Anforderungen.

Ministerin Gorißen: Dialog mit Praxis wichtig

„Vieles ist noch zu tun, um zu dauerhaften Entlastungen für landwirtschaftliche Betriebe zu kommen“, so Ministerin Gorißen. „So gehören die Stoffstrombilanz genauso auf den Prüfstand wie die teilweise nicht mehr nachvollziehbaren unterschiedlichen Abstandsregelungen zu Gewässern. Mir ist der Dialog mit der Praxis wichtig und ich setze auf Freiwilligkeit und weniger auf Ordnungsrecht und Verbote.“

Die Ministerin weiter: „Ich wünsche mir, dass gerade in aktuellen Zeiten stärker wahrgenommen wird, welche umfassende und wertvolle Arbeit die Bäuerinnen und Bauern in Nordrhein-Westfalen zur Ernährungssicherheit und für unsere Kulturlandschaft leisten.“

Bessere Aussichten für Mais, Zuckerrüben, Spätkartoffeln 

Eine eher positive Ernte wird für die noch ausstehenden Kulturen erwartet: Mais, Zuckerrüben, späte Kartoffeln und auch das Grünland konnten von den Niederschlägen profitieren und präsentieren sich überwiegend in gutem Zustand, zum Teil aber mit regional erheblichen Unterschieden.

Fast 50 Prozent der Fläche Nordrhein-Westfalens wird landwirtschaftlich bewirtschaftet. Über 30.000 Landwirtinnen und Landwirte leisten einen großen Beitrag für die Versorgung der Menschen mit Nahrungsmitteln.

Die konkreten Erntezahlen finden Sie beim Landesbetrieb IT.NRW:

https://www.it.nrw/system/files/media/document/file/265_24.pdf

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