Ministerpräsidenten der Braunkohleländer zu Kohleausstieg und Strukturstärkung: Beschäftigung, Infrastruktur und Wissenschaft: Zügig mit konkreten Projekten beginnen
Bundestag und Bundesrat haben heute den Gesetzen zum Kohleausstieg und zur Strukturstärkung der vom Kohleausstieg maßgeblich betroffenen Braunkohlereviere und Kraftwerksstandorte zugestimmt.
Bundestag und Bundesrat haben heute den Gesetzen zum Kohleausstieg und zur Strukturstärkung der vom Kohleausstieg maßgeblich betroffenen Braunkohlereviere und Kraftwerksstandorte zugestimmt. Die Ministerpräsidenten der Braunkohleländer Nordrhein-Westfalen, Armin Laschet, Brandenburg, Dietmar Woidke, Sachsen, Michael Kretschmer und Sachsen-Anhalt, Reiner Haseloff, sehen darin die entscheidende Voraussetzung, um den notwendigen Strukturwandel positiv zu gestalten und Strukturbrüche zu verhindern, wie sie heute vor der Bundespressekonferenz in Berlin gemeinsam feststellten. Durch die beiden miteinander verschränkten Gesetze ist der sukzessive vollständige Ausstieg aus der Kohleverstromung in Deutschland bis spätestens zum Jahr 2038 vereinbart. In den vier Ländern unterstützt der Bund Maßnahmen zur Bewältigung des damit verbundenen Strukturwandels mit insgesamt 40 Mrd. Euro: 26 Milliarden. Euro werden davon im Rahmen von Bundesprogrammen und -projekten investiert, 14 Milliarden Euro gehen als Bundesfinanzhilfen an die vier Kohleländer (Details: Siehe Textende).
Um den Strukturwandel in den Revieren möglichst effizient und erfolgreich zu gestalten, haben alle vier Länder unter Beteiligung der betroffenen Kommunen sowie von Wirtschaft und Wissenschaft und weiteren Akteuren bereits erhebliche Vorarbeiten geleistet, um den Revieren neue Zukunftsperspektiven zu eröffnen. So wurden in Brandenburg und Sachsen Strukturentwicklungsgesellschaften gegründet. In Nordrhein-Westfalen liegt unter anderem der komplette Entwurf für ein Wirtschafts- und Strukturprogramm vor. In Sachsen-Anhalt koordiniert die Stabsstelle Strukturwandel der Staatskanzlei alle Maßnahmen. Alle Länder haben Vorschläge für eine Vielzahl innovativer Projekte erarbeitet. Eine Bund-Länder-Vereinbarung zur weiteren Konkretisierung der gesetzlichen Regelungen, zur Absicherung der Finanzierung sowie zur Abstimmung von Bundes- und Landesvorhaben wird aktuell erarbeitet.
Die vier Ministerpräsidenten haben sich in den Verhandlungen mit der Bundesregierung immer wieder für konkrete Zusagen zur Strukturstärkung eingesetzt und wiederholt gemeinsam einen Beschluss der Gesetze bis zu dieser Sommerpause eingefordert. Die Länder Brandenburg, Nordrhein-Westfalen, Sachsen und Sachsen-Anhalt betrachten es als Erfolg, dass dies mit dem heutigen Tag gelungen ist: Basis für die heute beschlossenen Gesetze sind die Empfehlungen der Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ vom Januar 2019 zum Kohleausstieg, die jetzt in den maßgeblichen Punkten umgesetzt werden. Die Ministerpräsidenten dankten der Bundesregierung und den Abgeordneten des Bundestags dafür, dass hierbei die spezifischen Herausforderungen in den Revieren umfassend berücksichtigt worden sind.
Der beschlossene Kohleausstieg kann nur gelingen, wenn er struktur-, beschäftigungs- und industriepolitisch über einen längeren Zeitraum flankiert wird. Durch die heute verabschiedeten Gesetze wird dafür eine wesentliche Voraussetzung geschaffen. Der Ausstieg aus der Kohleverstromung wird sozialverträglich für die Betroffenen in den Betrieben gestaltet. Die soziale Absicherung der Beschäftigten in den Tagebauen und Kraftwerken inklusive der Beschäftigten von Tochter- und Partnerunternehmen ist durch das Anpassungsgeld (APG) gewährleistet. Dafür sind insgesamt fünf Mrd. Euro an Bundesmitteln vorgesehen.
Mit dem Kohleausstiegsgesetz gibt es klare Regelungen für den Stilllegungspfad, aber auch zu den Absicherungen der Rekultivierung und damit einer zukunftsfähigen Gestaltung der Bergbaufolgelandschaft. Mit dem Strukturstärkungsgesetz wird schließlich die Basis für einen erfolgreichen Strukturwandel in den Braunkohlerevieren und an den besonders betroffenen Standorten von Steinkohlekraftwerken geschaffen. Damit erhalten die Menschen vor Ort bereits heute Perspektiven für die Zeit nach Beendigung der Kohleverstromung. Die vier Ministerpräsidenten begrüßen ferner ausdrücklich, dass die Strukturstärkung auch mit der Ansiedlung von Behörden des Bundes mit etwa 5.000 Bediensteten in den betroffenen Regionen unterstützt werden soll.
Der jetzt beschlossene Kohleausstieg schafft zudem Planungssicherheit für alle Beteiligten und einen ausgewogenen Ausgleich zwischen der klimapolitischen Notwendigkeit einer deutlichen Reduktion von CO-Emmissionen und den berechtigten energie-, industrie- und regionalpolitischen Interessen.
Armin Laschet: „Nordrhein-Westfalen geht voran beim Kohleausstieg: Wir bereiten Zukunftstechnologien den Weg und machen beim Klimaschutz Tempo. Indem wir hier die ersten Kraftwerke vom Netz nehmen, leisten wir bis 2030 den bei weitem größten Beitrag zur CO-Einsparung. Wir übernehmen damit 70 Prozent der zu reduzierenden Braunkohlekapazitäten bis einschließlich 2029. Wir erhalten zudem den Hambacher Forst dauerhaft, damit verbleiben rund 1,1 Milliarden Tonnen Braunkohle im Boden – das ist eine Verminderung der CO-Emissionen um mehr als eine Mrd. Tonnen CO auf lange Sicht. Für das Rheinische Revier beginnt der Ausstieg aus der Braunkohle noch in diesem Jahr mit der Stilllegung des ersten Kraftwerksblocks. Mit den heute verabschiedeten Gesetzen bekommen die Beschäftigten, die betroffenen Unternehmen und auch die Kommunen die Planungssicherheit, die sie für die kommenden Jahre und Jahrzehnte benötigen. Vor allem aber: Die Region erhält eine Perspektive für die Zeit nach der Braunkohle, für den Aufbau neuer Wertschöpfung und neuer Arbeitsplätze. Auch für die Planungen an den besonders betroffenen Standorten von Steinkohlekraftwerken gibt es jetzt eine verlässliche Grundlage. Das ist ein guter Tag für ganz Nordrhein-Westfalen!“
Im Rheinischen Revier ist in einem umfassenden Beteiligungsprozess der Entwurf für ein Wirtschafts- und Strukturprogramm entwickelt worden. Mit dem „Starterpaket Kernrevier“ und dem „SofortprogrammPLUS“ sind in enger Abstimmung zwischen Landesregierung und Region bereits Verfahren zur Auswahl und Qualifizierung von konkreten Projekten begonnen worden. Mit der Fokussierung auf die Technologiefelder Energiesystem der Zukunft, zukunftsfähige und klimaschonende Industrie, ressourceneffiziente und nachhaltige Stoffströme sowie innovative Mobilität werden langfristige Herausforderungen mit großem Wachstumspotenzial adressiert.
Dietmar Woidke: „Der Strukturwandel ist längst im Gange. Er begann bei uns 1990. Es war über viele Jahre eine harte Zeit für die Menschen in der Lausitz. Tagebaue und Kraftwerke wurden stillgelegt. Und nicht zu vergessen: Dadurch wurde hier der größte Beitrag zur CO-Minderung in Deutschland geleistet. Jetzt haben die Menschen in der Brandenburger Lausitz endlich Klarheit, wie es mit der Strukturentwicklung in ihrer Heimat während und nach dem Kohleausstieg vorangehen soll. Sie wollen keine Reden mehr hören, sondern Taten sehen. Die Brandenburger Landesregierung wird alles tun, damit die Gelder aus dem Kohleausstieg bei uns zielgerichtet und passgenau in die richtigen Bahnen gelenkt werden. Wir wollen die Lausitz als eine leistungsstarke, innovative und lebenswerte Region, als eine Modellregion für Klimaschutz und Wirtschaftswachstum gestalten. Dabei setzen wir auf die bestehenden Netzwerke, binden die regionalen Akteure eng ein und schaffen so Synergien für die Strukturentwicklung.“
Zu den wichtigsten Projekten in Brandenburg gehören:
- Innovationszentrum Universitätsmedizin (IUC) mit medizinischer Hochschulausbildung als Kern der Modellregion Gesundheit Lausitz
- Erheblicher Ausbau des DB Standorts Cottbus für die Fahrzeuginstandhaltung (unter anderem ICE 4) mit etwa 1.000 zusätzlichen Industriearbeitsplätzen und einer Investition in Höhe von etwa 1,2 Milliarden Euro
- Ausbau der Infrastruktur (Schiene und Straße), zum Beispiel Bahnverbindung Cottbus – Berlin, 6-spuriger Ausbau A13 (AK Schönefelder Kreuz - AD Spreewald) und Bau- und Ausbau B97 sowie kombinierter Verkehr-Terminals (KV-Terminals) Schwarze Pumpe und Schwarzheide (BASF)
- Aufbau von Wissenschaft und Forschung an der BTU Cottbus -Senftenberg, zum Beispiel für hybrid-Flugzeugturbinen
- Mehrere Projekte zur Wassertstofftechnologie
Michael Kretschmer: „Es war ein langer und mitunter steiniger Weg bis zur heutigen Verabschiedung der Gesetze. Jetzt endlich haben wir die Rechtsgrundlage, um mit der Strukturentwicklung richtig loslegen zu können. Für die Menschen bei uns in der Lausitz und im Mitteldeutschen Revier ist das ein wichtiges Signal. Denn wir haben nun die große und einmalige Chance auf eine neue Gründerzeit. Es gilt jetzt, gemeinsam mit den wichtigen Akteuren in den Revieren und auch über Landesgrenzen hinweg den Umbau kraftvoll voranzutreiben und so für Beschäftigung in neuen zukunftsträchtigen Bereichen zu sorgen. Ganz wichtig ist für uns dabei auch die Anbindung an die wirtschaftliche Boom-Region Berlin. Auch dafür brauchen wir den verstärkten und beschleunigten Verkehrswegeausbau.“
Zu den wichtigsten Projekten in Sachsen gehören:
- Ausbau der Schienenverbindung sowie der Bundesautobahn A 4 zwischen Dresden, Görlitz und der Grenze zu Polen. Damit wird der Anschluss an das polnische Straßen- und Schienennetz verbessert.
- Ansiedlung je eines Helmholtz-Zentrums in der sächsischen Lausitz und im Mitteldeutschen Revier
- Ansiedlung des Centers for Advanced System Understanding (CASUS) als deutsch-polnisches Forschungsprojekt in Görlitz und des DLR-Instituts für CO²-arme Industrieprozesse in Cottbus und Zittau
- Ansiedlung der Agentur für Innovation in der Cybersicherheit (derzeit in Halle, ab 2022 am Flughafen Leipzig/Halle) und der Agentur für Sprunginnovation in Leipzig
- Planungsbeschleunigte Realisierung bedeutsamer Verkehrsinfrastrukturprojekte wie z. B. der Ausbau der Schienenverbindung Berlin-Cottbus-Weißwasser-Görlitz(-Breslau) in der Lausitz, der Schienenverbindung Leipzig-Bad Lausick-Geithain-Chemnitz im Mitteldeutschen Revier und der Bundesfernstraßenverbindung Mitteldeutschland – Lausitz (MiLau)
- Ansiedlung einer Außenstelle des Bundesamtes für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) in Weißwasser
Reiner Haseloff: „Mit dem Beschluss beider Gesetze sind wichtige Grundsteine für eine erfolgreiche Transformation und nachhaltige Industriegesellschaft gelegt worden. Sachsen-Anhalt war schon immer ein Land der Reformation und Innovation. Mit diesem Anspruch gestalten wir Zukunft. Daher werden wir, Bund, Land und Region, gemeinsam die Ärmel hochkrempeln und mit guten Vorhaben und Projekten neue Perspektiven für das Mitteldeutsche Revier aufbauen. Packen wir es an.“
Zu den wichtigsten Projekten in Sachsen-Anhalt gehören:
- Aufbau eines BioEconomy Hubs als Zentrum für eine nachhaltige Chemie in Mitteldeutschland
- Aufbau eines integrierten Innovations- und Translationscampuses für Digitalisierung in Medizin und Pflege im südlichen Sachsen-Anhalt (Hauptsitz in Halle)
- „Digitalisierungsoffensive Mitteldeutsches Revier Sachsen-Anhalt“, das heißt die Förderung von Glasfaserausbau, LTE- und 5G-Ausbau in der Fläche sowie von 5G-Campusnetzen in Gewerbegebieten und Industrieparks
- Die bessere Bahnanbindung des Reviers an die Stadt Leipzig und den Hochschulstandort Merseburg, unter anderem durch den Ausbau der Strecken Leipzig – Pegau – Zeitz – Gera und Leipzig – Markranstädt – Merseburg/Naumburg
Hintergrund zur finanziellen Unterstützung der Braunkohlereviere durch den Bund
Im Rahmen des Strukturstärkungsgesetzes verpflichtet sich der Bund, den durch den Kohleausstieg ausgelösten Strukturwandel in den Braunkohlerevieren bis zum Jahr 2038 mit insgesamt 40 Milliarden Euro zu unterstützen. Der Bund wird davon im Rahmen von Programmen und Projekten 26 Milliarden Euro investieren, darunter die Ansiedlung von wissenschaftlichen Einrichtungen, die Förderung von innovativen Vorhaben der Energiewende sowie wichtige Infrastrukturprojekte. Die verbleibenden 14 Milliarden gehen als Bundesfinanzhilfen an die vier Kohleländer. Auf Nordrhein-Westfalen entfallen insgesamt rund 14,8 Milliarden Euro (9,62 und 5,18), auf Brandenburg rund 10,32 Milliarden Euro (6,708 und 3,612), auf Sachsen rund 10,08 Milliarden Euro (6,552 und 3,528) und auf Sachsen-Anhalt rund 4,8 Milliarden Euro (3,12 Milliarden und 1,68). Zusätzlich entfallen 662 Millionen Euro ausschließlich auf die fünf besonders betroffenen Steinkohle-Standorte in Nordrhein-Westfalen.
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