30 Jahre nach dem rassistischen Brandanschlag in Solingen: Erinnern und Antworten finden
Integrationsministerin Josefine Paul: Nur, wenn wir den Opfern zuhören, können wir aus Vergangenem lernen und Rassismus gemeinsam bekämpfen
Gemeinsam mit Özlem Genç, Gamze Kubaşık und Emiş Gürbüz, die ihre engsten Familienmitglieder durch rassistische Anschläge verloren, haben Integrationsministerin Josefine Paul und der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus, Dr. Mehmet Daimagüler, gestern Abend in Neuss der Opfer rassistischer Gewalt gedacht.
Gemeinsam mit Özlem Genç, Gamze Kubaşık und Emiş Gürbüz, die ihre engsten Familienmitglieder durch rassistische Anschläge verloren, haben Integrationsministerin Josefine Paul und der Beauftragte der Bundesregierung gegen Antiziganismus, Dr. Mehmet Daimagüler, gestern Abend in Neuss der Opfer rassistischer Gewalt gedacht. Bei der Podiumsdiskussion rund um die Fragen „Wie können wir nach rassistischen Morden und Anschlägen weitermachen?“, „Was können wir daraus für unsere Zukunft lernen?“ und „In welchem Land wollen wir leben?“ standen die Opfer und ihre Familien im Mittelpunkt.
Integrationsministerin Josefine Paul sagte: „30 Jahre nach dem Anschlag auf das Haus der Familie Genç in Solingen, dem später auch noch die Morde des NSU und der Terroranschlag in Hanau folgten, ist es längst traurige Gewissheit: Diese Taten sind keine Ausreißer in unserer Geschichte, sondern zeigen, dass es rassistische Kontinuitäten gibt, die sich über Jahrzehnte fortgesetzt haben. Als vielfältige und offene Gesellschaft müssen wir uns diesem Gedankengut entgegenstellen und für ein rassismusfreies Zusammenleben eintreten. Es ist unsere Pflicht, den betroffenen Familien zuzuhören und gemeinsam Antworten zu finden. Nur durch Erinnerungsarbeit und indem wir aus Vergangenem lernen, können wir Veränderungen anstoßen – hin zu einer Gesellschaft ohne Rassismus.“
Özlem Genç, Mitglied der Opferfamilie des Brandanschlags in Solingen, erklärte: „Wir dürfen nicht aufhören, zu erinnern. Es darf nicht in Vergessenheit geraten, was meiner Familie und all den anderen Opfern rechter Gewalt angetan wurde. Der Schmerz begleitet uns immer. Auch in den Überlebenden ist etwas gestorben. Dennoch haben wir in unsere Herzen nicht Hass eingeschnürt. Wir kämpfen für Frieden und Versöhnung.“
Gamze Kubaşık, Tochter von Mehmet Kubaşik, dem achten Opfer des NSU sagte: „Alle Veranstaltungen zum Gedenken bringen unsere Angehörigen nicht wieder und für uns ist es sehr schwer, wieder und wieder über das Erlebte zu sprechen. Aber wir haben ein Rassismusproblem in diesem Land, deshalb müssen wir wieder und wieder erinnern und aufklären. Denn wir wollen, dass es keine weiteren Opfer gibt. Dass anderen Menschen nicht erleiden müssen, was wir erleiden mussten.“
Emiş Gürbüz, Mutter von Sedat Gürbüz, der 2020 beim Anschlag in Hanau ermordet wurde, erklärte: „Der 19. Februar 2020 war für uns eine schwarze Nacht. Für Deutschland aber ist er ein schwarzer Fleck, der niemals weggeht. Es ist so wichtig, dass wir immer wieder erinnern und aufklären. Alle müssen wissen, was geschehen ist, was wir erlebt haben und mit welchem Schmerz wir täglich leben müssen. Das Gedenken an unsere ermordeten Familienmitglieder muss aufrechterhalten werden. Wir brauchen Aufklärung, Gerechtigkeit. Wir dürfen niemals vergessen, zu was Rassismus führen kann. Wir müssen gemeinsam alles dafür tun, dass solche Taten nie wieder geschehen.“
Mehmet Daimagüler, Beauftragter der Bundesregierung gegen Antiziganismus und ehemals Vertreter der Nebenklage im NSU-Prozess, sagte: „Wir alle sind gefragt, wenn es darum geht, gegen Rassismus und Vorurteile vorzugehen. Wir müssen uns selbst im Auge behalten, wie wir über andere Menschen denken und sprechen. Wir müssen den Mut zum Widerspruch aufbringen, wenn in unserer Gegenwart menschenfeindlich daher schwadroniert wird.“
Die Podiumsdiskussion „In welchem Land wollen wir leben?“ ist Teil einer Reihe von Veranstaltungen der Landesregierung im Jahr des 30-jährigen Gedenkens an den Anschlag von Solingen.
Rund um den Jahrestag des Brandanschlags am 29. Mai verleiht die Landesregierung zudem jährlich die Mevlüde-Genç-Medaille. Sie soll die vorbildliche Haltung von Mevlüde Genç in Erinnerung halten und damit zugleich diejenigen würdigen, die sich wie sie um Versöhnung, Toleranz und den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt verdient gemacht haben.
Kontakt
Pressekontakt
Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration
Telefon: | 0211 837-2417 |
---|---|
E-Mail: | presse [at] mkjfgfi.nrw.de |
Bürgeranfragen
Kinder, Jugend, Familie, Gleichstellung, Flucht und Integration
Telefon: | 0211 837-2000 |
---|---|
E-Mail: | nrwdirekt [at] nrw.de |