Start der Waldzustandserhebung 2015
Staatssekretär Becker: Weniger als ein Viertel aller Bäume ist als gesund zu bezeichnen
Der Gesundheitszustand des nordrhein-westfälischen Waldes zeigte in den vergangenen Jahren eine fallende Tendenz. Die Gründe dafür liegen nicht mehr nur wie zu Beginn der Erhebungen in den achtziger Jahren in schlechter Luft- und Bodenqualität. Heute sind am Wald auch die ersten negativen Folgen des Klimawandels abzulesen.
Der Gesundheitszustand des nordrhein-westfälischen Waldes zeigte in den vergangenen Jahren eine fallende Tendenz. Die Gründe dafür liegen nicht mehr nur wie zu Beginn der Erhebungen in den achtziger Jahren in schlechter Luft- und Bodenqualität. Heute sind am Wald auch die ersten negativen Folgen des Klimawandels abzulesen. „Die jährliche Erhebung zum Waldzustand liefert uns wichtige Ergebnisse, um den Wald auf die kommenden Herausforderungen vorzubereiten“, erläuterte der parlamentarische Staatssekretär Horst Becker beim Start der Erhebungen zum Waldzustandsbericht 2015 im Kottenforst im Rhein-Sieg-Kreis. „Die Werte des letzten Berichts waren besorgniserregend. Demnach haben wir heute mehr als dreimal so viele Bäume mit starken Schäden wie zu Beginn der Aufzeichnungen vor etwa 30 Jahren. Der Klimawandel und die damit einhergehenden Wetteränderungen, insbesondere lange Trockenphasen, machen dem heimischen Wald stark zu schaffen“, erläuterte Becker. „Wir wollen und werden hier gegensteuern.“
Für Lutz Falkenried, den Leiter der NRW-Waldzustandserhebung vom Landesbetrieb Wald und Holz NRW, leidet der Wald besonders unter den Folgen des Klimawandels: „Tendenziell nimmt die Niederschlagssumme in den Sommermonaten ab und die Abstände zwischen den Mastjahren werden immer kürzer. Zudem setzen Fraßinsekten und Pilze den geschädigten Bäumen immer mehr zu. Das setzt unseren Wald unter starken Stress. Um unser Waldnaturerbe zu bewahren, arbeiten wir Forstleute daran, den Wald zu einem klimaplastischen Ökosystem umzubauen, das den Folgen des Klimawandels widerstehen kann.“
Zur Datenerhebung ist der gesamte NRW-Wald in einem Raster von vier mal vier Kilometern aufgeteilt. Jeweils in den Schnittpunkten stehen die sogenannten Probebäume. In der Zeit von Mitte Juli bis Ende August wird jeder dieser etwa 10.000 Bäume von speziell geschulten Forstleuten aufgesucht, die den Umfang messen, die Baumkronen auf vergilbte Blätter oder Nadeln begutachten und den Befall von Baumschädlingen wie Insekten oder Pilzen bewerten. Daraus ergibt sich ein Bild über den Gesundheitszustand der vier wichtigsten Hauptbaumarten in NRW: Buche, Eiche, Fichte und Kiefer. Kombiniert mit den Jahresauswertungen der Wetterdaten auf Niederschlagsmengen, Trockenzeiten und Temperaturverläufen werden dann Gründe für positive und negative Entwicklungen abgeleitet sowie Maßnahmen entwickelt.
„Wir benötigen einen gesunden Wald, denn unser Wald ist einer der wichtigsten Lebensräume für viele Tier- und Pflanzenarten und damit sehr wichtig zum Schutz unseres wertvollen Naturerbes“, erläuterte Becker. „Wir sind dabei, die Festplatte unserer Natur unwiederbringlich zu löschen und müssen gegensteuern. Etwa 45 Prozent der untersuchten Tier- und Pflanzenarten sind gefährdet, vom Aussterben bedroht oder bereits ausgestorben. Dabei sind die Ursachen des Artensterbens häufig menschengemacht. Vor allem eine zu intensive Bewirtschaftung landwirtschaftlicher Flächen und die Zerschneidung von Lebensräumen hinterlassen deutliche Spuren.“
Damit sich Wald natürlich entwickeln und damit vielen Tieren und Pflanzen Lebensräume zurückzugeben kann, wurden im NRW-Staatswald bereits über 100 Wildnisgebiete ausgewiesen. Wildnisgebiete sind naturnahe Laubwälder, in denen sich die Natur dynamisch entfalten kann. Forstliche Nutzungen werden dauerhaft ausgeschlossen. In Wildniswäldern leben alle Bäume bis zu ihrer natürlichen Zerfallsphase. Solche Wälder entwickeln eine große Artenvielfalt an Vögeln, Pflanzen, Käfern, Pilzen und Flechten. Viele der vom Aussterben bedrohten Tier- und Pflanzenarten sind auf Alt- und Totholz angewiesen, so zum Beispiel etwa 25 Prozent aller Käferarten. Eine alte Buche, die ihr Lebensende erreicht hat, spendet also wieder Leben und wird Teil eines faszinierenden Lebensraumes. „Es ist erstaunlich, welche Vielfalt sich entwickelt, wenn wir der Natur Raum geben sich ohne Eingriff des Menschen entwickeln zu können“, sagte Staatssekretär Becker. „Die ‚Urwälder von morgen‘ werden unseren Schatz vor unserer Tür, unser Naturerbe bereichern und sind ein wichtiger Teil unserer Strategie zum Schutz unserer Artenvielfalt.“
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