Nordrhein-Westfalen fordert mehr Unabhängigkeit für Staatsanwaltschaften

6. Juni 2024
Benjamin Limbach

Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister hat über den Vorschlag des Ministers der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen Dr. Benjamin Limbach beraten, das ministerielle Einzelweisungsrecht gegenüber Staatsanwaltschaften streng auf Fälle fehlerhafter Rechtsanwendung einzuschränken.

Justiz

Die Konferenz der Justizministerinnen und Justizminister hat am Donnerstag, 6. Juni 2024, über den Vorschlag des Ministers der Justiz des Landes Nordrhein-Westfalen Dr. Benjamin Limbach beraten, das ministerielle Einzelweisungsrecht gegenüber Staatsanwaltschaften streng auf Fälle fehlerhafter Rechtsanwendung einzuschränken.

Die Forderung, die sich von einem aktuellen Referentenentwurf des Bundesjustizministers abgrenzt, hat in den Beratungen leider keine Mehrheit gefunden.

Dr. Benjamin Limbach: „Ich hätte mir gewünscht, dass sich die Länder heute für mehr Zurückhaltung beim ministeriellen Weisungsrecht aussprechen. Deutschland braucht starke und unabhängige Staatsanwaltschaften, die schon vor dem Anschein politischer Einflussnahme sicher sind. Wir werden im kommenden Gesetzgebungsverfahren weiter mit Überzeugung für eine strengere Beschränkung des Einzelweisungsrechts werben.“

Der Referentenentwurf des Bundes sieht entgegen der Forderung aus Nordrhein-Westfalen vor, Einzelweisungen auch bei Beurteilungsspielräumen oder Ermessensentscheidungen der Strafverfolgungsbehörden zuzulassen. Das erweitert die Möglichkeiten zur Einflussnahme auf Staatsanwaltschaften und führt zu schwierigen Abgrenzungsfragen, wie Beurteilungs- und Ermessensentscheidungen von einer reinen Rechtskontrolle abzugrenzen sind.

Die Europäische Kommission hat mehrfach beanstandet, dass Deutschland bezüglich der angekündigten Neuregelung des ministeriellen Einzelweisungsrechts keine Fortschritte erzielt hat. Gerade vor dem Hintergrund rechtsstaatlicher Mängel in anderen Staaten Europas sollte Deutschland mit gutem Beispiel vorangehen und die Kontrolle von staatsanwaltlichen Entscheidungen in einzelnen Ermittlungsverfahren auf reine Rechtsfehler beschränken.

Hintergrundinformationen

Nordrhein-Westfalen hat im Jahr 2001 zehn Leitlinien veröffentlicht, die sich seit mehr als 20 Jahren bewährt haben. In ständiger Selbstbindung kann eine Weisung in Einzelfragen durch das Ministerium nur erteilt werden, wenn die Generalstaatsanwaltschaft nach Prüfung gegen eine rechtsfehlerhafte Entscheidung der Staatsanwaltschaft nicht einschreitet. Mit Blick auf den dreistufigen Aufbau der staatsanwaltschaftlichen Dienstaufsicht muss eine Weisung zudem im Einzelfall immer an die unmittelbar nachgeordnete Behörde gerichtet und dokumentiert sein.

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