Arbeitsförderung von jungen Menschen: Arbeits- und Sozialministerien der B-Länder kritisieren Kürzungspläne der Bundesregierung deutlich
Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Bayern, Hessen und Schleswig-Holstein sind sich einig: Keine Einsparungen auf Kosten junger Bürgergeldempfänger
Vertreterinnen und Vertreter der Arbeits- und Sozialministerien der B-Länder haben über die Pläne der Bundesregierung beraten, die Betreuung und Berufsförderung von Bürgergeldempfängern unter 25 Jahren von den Jobcentern in die Agenturen für Arbeit zu verlagern.
Vertreterinnen und Vertreter der Arbeits- und Sozialministerien der B-Länder haben über die Pläne der Bundesregierung beraten, die Betreuung und Berufsförderung von Bürgergeldempfängern unter 25 Jahren von den Jobcentern in die Agenturen für Arbeit zu verlagern. Ziel der Bundesregierung ist es, durch diese Umstrukturierung im Bundeshaushalt rund 900 Millionen Euro einzusparen. Dies würde zu Lasten der Versichertengemeinschaft in der Arbeitslosenversicherung, die künftig dafür aufkommen müsste, und natürlich der betroffenen jungen Menschen erfolgen. Denn: Anstatt wie bisher von den Jobcentern eine Beratung und Betreuung aus einer Hand zu erhalten, die auf bewährte Netzwerke und lokale soziale Angebote zurückgreifen kann, würden neue unübersichtliche Schnittstellen und zusätzliche Bürokratie geschaffen. Die Vertreterinnen und Vertreter Nordrhein-Westfalens, Baden-Württembergs, Bayerns, Hessens und Schleswig-Holsteins fordern daher die Bundesregierung in aller Klarheit auf, von diesen Plänen Abstand zu nehmen.
Nordrhein-Westfalens Arbeits- und Sozialminister Karl-Josef Laumann sagt: „Mein Appell an den Bundesarbeitsminister lautet: Machen Sie die jungen Menschen, aber auch die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Jobcentern nicht zum finanzpolitischen Spielball! Die Kürzungspläne der Bundesregierung hätten teilweise katastrophale Auswirkungen auf Strukturen, die sich seit Jahren eingespielt und bewährt haben. Unser gemeinsames Ziel muss es eigentlich sein, auch diejenigen jungen Menschen in Ausbildung und Arbeit zu bringen, die es nicht einfach haben. Dieses Ziel konterkariert der Bund mit den angedachten Einsparungen und Verlagerungen. Die Arbeitsförderung junger Bürgergeldempfänger darf kein fiskalischer Verschiebebahnhof werden.”
Baden-Württembergs Wirtschafts- und Arbeitsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut erklärt: „Dass die Bundesregierung die Jobcenter finanziell trocken legt, lehne ich entschieden ab. Schon gar nicht darf ein unsachgerechter Systemwechsel bei der Betreuung der unter 25-Jährigen Ausgleich für diesen Sparkurs sein. Das entspricht nicht den Versprechungen des Bundes, die er im Rahmen der Debatte um die Bürgergeldreform abgegeben hat. Ziel muss es bleiben, Familien ganzheitlich zu betreuen und in Arbeit zu bringen. Eine Herauslösung junger Menschen aus dem steuerfinanzierten SGB Il in das beitragsfinanzierte SGB Ill ist auch nicht gerecht, denn der Arbeitslosenversicherung wird eine weitere versicherungsfremde Leistung aufgebürdet. Die Beitragszahler zahlen die Zeche des Bundes und die Bundesagentur wird gehindert, notwendige Finanzreserven wiederaufzubauen.“
Bayerns Arbeitsministerin Ulrike Scharf betont: „Die bestmögliche, ganzheitliche Unterstützung der jungen Menschen ist mein politisches Ziel und darf nicht gefährdet werden. Die Pläne des Bundes sind nicht praktikabel. Hier werden finanzpolitische Verschiebungsspiele auf dem Rücken der jungen Menschen betrieben. Das Vorhaben ist lediglich ein Sparprogramm des Bundes zu Lasten der jungen Menschen. Mit der geplanten Veränderung der Zuständigkeit werden die gut funktionierenden, ortsnahen Beratungsstrukturen in unseren Jobcentern unnötig zerstört und neue Bürokratien geschaffen. Statt mit einer Zuständigkeitsverschiebung Kosten zu sparen, fordere ich den Bund erneut dazu auf, die Jobcenter finanziell ausreichend auszustatten. Die unter 25-jährigen müssen weiterhin von den Jobcentern betreut werden, damit sie schnell eine Chance auf Arbeit erhalten.”
Der Hessische Minister für Soziales und Integration, Kai Klose, wendet sich ebenfalls entschieden gegen die beabsichtigte Änderung: „Die Jobcenter sind seit Jahren geübt im Umgang und in der Betreuung der Gruppe junger Menschen im Übergang von der Schule in den Beruf. Dazu gehören viele Personen ohne Schulabschluss und mit vielfältigen Besonderheiten. Die Arbeit mit ihnen ist seit Langem ein besonderer Schwerpunkt der Arbeitsmarktstrategien der Jobcenter. Ein Wechsel der Zuständigkeiten könnte dazu führen, dass gerade sie ‚verloren gehen’. Wenn die Zuständigkeit für diesen Personenkreis wechselt, hat das außerdem den Zusammenbruch der – notwendigerweise – stark ausdifferenzierten Trägerstrukturen zur Folge, da die oft kleinen Träger von Maßnahmen der Jugendberufshilfe nicht in die Ausschreibungspraxis des SGB III passen.“
Schleswig-Holsteins Wirtschafts- und Arbeitsminister Claus Ruhe Madsen sagt: „Hier plant die Bundesregierung aus rein fiskalpolitischen Gründen ein Linke-Tasche-Rechte-Tasche-Spielchen zu Lasten der Jugendlichen und obendrein zu Lasten aller Beitragszahler der Arbeitslosenversicherung. Für eine bestmögliche Integration der jugendlichen Bürgergeldempfänger sollte man das bewährte System mit der Einbindung von Jobcentern und Jugendberufsagenturen nicht zerschlagen. Never change a winning team.”
Hintergrund:
Die Pläne der Bundesregierung sehen vor, dass die arbeitsmarktliche Betreuung junger Menschen unter 25 Jahren im Leistungsbezug der Grundsicherung für Arbeitsuchende (Bürgergeld) ab dem Jahr 2025 nicht mehr durch die Jobcenter aus steuerfinanzierten Mitteln, sondern durch die Agenturen für Arbeit aus Beitragsmitteln der Arbeitslosenversicherung erfolgen soll. Insgesamt geht es dabei um rund 900 Millionen Euro, die im Bundeshaushalt eingespart werden sollen. Die auf kommunaler Ebene seit Einführung des Sozialgesetzbuch II (SGB II) im Jahr 2005 aufgebauten und funktionierenden Strukturen sowie Netzwerke, die den Maßgaben „Leistungen aus einer Hand“ und “Niemand soll verloren gehen” folgen, sind damit extrem gefährdet. Denn die betroffenen Menschen benötigen oftmals mehr als „nur” die eigentliche Arbeitsvermittlung durch die Agenturen für Arbeit, um dauerhaft auf dem Arbeitsmarkt Fuß fassen zu können.
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