Gesundheitsminister Laumann zieht weitere Konsequenzen aus Bottroper Apothekerskandal
Gesundheitsministerium setzt effektive Neuordnung der Apothekenüberwachung fort und gibt Vergleichsstudie in Auftrag
Bei einem erneuten Treffen mit Betroffenen des Bottroper Apothekerskandals hat Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ein neues Konzept zur Apothekenüberwachung im Land vorgestellt.
Bei einem erneuten Treffen mit Betroffenen des Bottroper Apothekerskandals hat Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann ein neues Konzept zur Apothekenüberwachung im Land vorgestellt. Darüber hinaus kündigte er die Beauftragung einer Studie an, die feststellen soll, ob und in welchem Maß die Krankheitsverläufe von Patientengruppen, die Zytostatika aus der „Alten Apotheke“ erhalten haben, von denjenigen Patientengruppen abweichen, die mit ordnungsgemäß hergestellten Arzneimitteln behandelt wurden.
„Vertrauen entsteht nur durch Transparenz: Von diesem Grundsatz ausgehend haben wir weitergehende Konsequenzen aus den Vorkommnissen in Bottrop für die Apothekenüberwachung in Nordrhein-Westfalen gezogen“, so Laumann.
Das neue Konzept zur Apothekenüberwachung bezieht sich auf alle nordrhein-westfälischen Apotheken und wird für die Kreise und kreisfreien Städte als für die Apothekenüberwachung zuständigen Behörden verbindlich in Kraft gesetzt werden.
Demnach finden künftig einmal im Jahr unangemeldete Personalkontrollen in allen Apotheken statt. Hierdurch soll die Anwesenheit von ausreichend pharmazeutischem Fachpersonal in allen Bereichen der jeweiligen Apotheke geprüft werden. Die nordrhein-westfälischen Apothekerkammern entwickeln derzeit zudem ein Konzept zur Überprüfung der Warenein- und -ausgänge.
In den Schwerpunktapotheken, die Injektions- und Infusionsarzneimittel wie zum Beispiel Zytostatika herstellen, werden zusätzlich mindestens einmal jährlich unangemeldet Proben aus der laufenden Produktion gezogen und amtlich untersucht. Soweit ein solcher Probenzug im Einzelfall nicht sachgerecht erscheint, können sogenannte „Rückläufer“ gezogen werden.
Zudem werden grundsätzlich bei allen Apotheken ohne Schwerpunkt in der Regel alle drei Jahre angemeldete, vollständige Apothekenrevisionen vor Ort durchgeführt. Waren die Ergebnisse früherer Inspektionen positiv, kann das Intervall im Rahmen einer Einzelfallprüfung auf maximal fünf Jahre ausgedehnt werden. Der Inhalt dieser vollständigen Revision ergibt sich aus einer Verfahrensanweisung. Deren konkrete Ausgestaltung wird noch mit den zuständigen Behörden erörtert.
Abweichend hiervon wird in den nordrhein-westfälischen Schwerpunktapotheken mit Herstellung von Arzneimitteln zur parenteralen Anwendung sowie mit Schwerpunkt im Bereich des patientenindividuellen Stellens und Verblisterns von Arzneimitteln alle zwei Jahre eine unangemeldete Vollrevision durchgeführt.
Das skizzierte Vorgehen bezieht sich ausdrücklich auf die anlassunabhängige Überwachung. Soweit ein Anlass vorliegt (zum Beispiel Patientenbeschwerden/Auffälligkeiten), kann die Kontrollfrequenz erhöht werden.
Bei der Ankündigung der sogenannten Vergleichsstudie zu den gesundheitlichen Auswirkungen für die Betroffenen des Bottroper Apothekerskandals wies Laumann auf die Erkenntnisse eines Vorgutachtens hin. Demnach kann eine solche Studie für zwei Krankheitsbilder wissenschaftlich belastbare Ergebnisse erbringen: Brustkrebs und Blutkrebs. Die Studienleitung wird Prof. Dr. Ulrike Haug vom Leibniz-Institut für Präventionsforschung und Epidemiologie in Bremen übertragen. Derzeit müssen noch letzte datenschutzrechtliche Fragen geklärt werden, dann wird die Studie beauftragt. Mit Ergebnissen ist allerdings nicht vor Ende 2019 zu rechnen.
Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann: „Zwar dürfte es wissenschaftlich nicht möglich sein, für einzelne Patienten, die über die Alte Apotheke in Bottrop versorgt wurden, individuelle Aussagen zu einem gesundheitlichen Schaden zu treffen. Wir müssen aber diese Chance nutzen, die grundsätzlichen Auswirkungen dieses beispiellosen Skandals auf die Versorgung der Bevölkerung mit Zytostatika wissenschaftlich aufzuarbeiten.“
Glossar:
Parenterale Anwendungen: Alle Medikamente, die nicht über den Darmtrakt zur Wirkung kommen, wie zum Beispiel Infusionen oder Injektionen.
Patientenindividuelles Stellen und Verblistern: Patientenindividuelle Neuverpackung von Fertigarzneimitteln.
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