Starke Hochschulen! Sichere Hochschulen! Hochschulstärkungsgesetz für mehr Schutz von Studierenden gegen Machtmissbrauch

Kabinett verabschiedet Gesetzentwurf

9. Oktober 2024
phb Gesetz

Mit dem Hochschulstärkungsgesetz werden die Hochschulen in die Lage versetzt, sofort zum Schutz aller Beteiligter zu handeln.

Kultur und Wissenschaft

„Ein sicheres, respektvolles und vertrauensbasiertes Umfeld ist für alle Hochschulmitglieder und Hochschulangehörige unverzichtbar, nicht nur für deren persönliche Entwicklung und akademisches Vorankommen, sondern auch für den Erfolg von Studium, Lehre und Forschung sowie einen reibungslosen Hochschulbetrieb insgesamt.“ Das ist der Anspruch unserer Hochschulen. So haben es die Landesrektorenkonferenzen der Universitäten, der Hochschulen für angewandte Wissenschaften und der Kunst- und Musikhochschulen in einer gemeinsamen Selbstverpflichtung vom 26. September 2023 erklärt.

Bislang konnten die Hochschulen nicht in allen Fällen angemessen gegen Machtmissbrauch vorgehen, weil ihnen eine rechtliche Handhabe dafür fehlte. Mit dem Hochschulstärkungsgesetz stellt die Landesregierung den Hochschulen – auf deren Initiative hin – einen Instrumentenkasten zur Verfügung, der neben dem Landesdisziplinargesetz dafür sorgt, dass per Verwaltungsakt alle Betroffenen schon in einem laufenden Verfahren besser geschützt werden. Außerdem können jetzt Verstöße gegen die Redlichkeit wissenschaftlichen Arbeitens (etwa Verstöße gegen die korrekte Angabe der Autorenschaft bei wissenschaftlichen Publikationen) angemessen geahndet werden.

Ministerin Ina Brandes: „Unsere Hochschulen müssen sichere Orte sein – für alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Studierende, Forschende und Lehrende. Überall da, wo Menschen arbeiten, gibt es Fehlverhalten und Fälle von Machtmissbrauch. Das ist keine Besonderheit an Hochschulen. Gleichwohl wurde es den potenziellen Tätern an Hochschulen in der Vergangenheit sehr leicht gemacht. Das neue Hochschulstärkungsgesetz gibt den Hochschulen das nötige rechtliche Instrument an die Hand, unmittelbar auf Situationen zu reagieren, die den Frieden an unseren Hochschulen und das gute Miteinander dort stören. Verstöße gegen die Redlichkeit wissenschaftlichen Arbeitens können sofort geahndet werden, und Schutzrechte können sofort umgesetzt werden. Zugleich erhalten die verletzten Personen umfangreiche Verfahrensrechte.“

Bis jetzt konnten die Hochschulen bei Verdachtsfällen von Machtmissbrauch nur ein Disziplinarverfahren einleiten. Weil bis zum Abschluss des Verfahrens selbstverständlich die Unschuldsvermutung gilt, waren der mutmaßliche Täter und die verletzte Person oft gezwungen, täglich weiter miteinander zu arbeiten. Zudem konzentriert sich das Disziplinarrecht in erster Linie auf das Fehlverhalten des Täters. Nachverfolgung und Aufklärung stehen dabei im Fokus, um die Integrität des Berufsbeamtentums zu wahren und die Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung zu garantieren. Die Rolle der verletzten Person wird dabei kaum betrachtet.

Mit dem Hochschulstärkungsgesetz werden die Hochschulen in die Lage versetzt, sofort zum Schutz aller Beteiligter zu handeln. Nach der Anzeige eines Missbrauchsfalls wird es künftig zum Beispiel möglich sein, dem mutmaßlichen Täter sofort das Betreten des Gebäudes/des Campus zu untersagen. Das ist keine Bestrafung, sondern zunächst eine reine Schutzmaßnahme, die der Abwehr einer akuten Gefahr dient. Beide Parteien werden getrennt, um dann genau aufzuklären, ob die Vorwürfe zutreffen. Die verletzte Person wird also vor möglichen weiteren Übergriffen ebenso geschützt wie der mutmaßliche Täter vor möglicherweise ungerechtfertigten Anschuldigungen.

Neben den Schutz- und Sanktionsmöglichkeiten bekommen die verletzten Personen mit der HG-Novelle jetzt auch Informations-, Schutz-, Beistands- und verfahrensbegleitende Rechte. Die verletzte Person kann zum Beispiel den Stand des Verfahrens erfragen, was beim Disziplinarverfahren ausgeschlossen ist. Auch kann sie sich aktiv in das Verfahren einbringen, wenn sie dies will, und beispielsweise Fragen an die beschuldigte Person stellen. Zudem kann die verletzte Person einen Rechtsanwalt als Beistand erhalten, ohne dass sie dessen Kosten tragen muss. Außerdem ist die Einrichtung von Anlaufstellen/Ansprechpersonen vorgesehen, die für die verletzten Personen da sind und keiner Weisung der Hochschule unterliegen.

Im Schutzverfahren werden folgende gestufte Maßnahmen eingeführt:

  1. Betretungsverbote für einzelne oder sämtliche Gebäude der Hochschule oder die Weisung, die Lehre ganz oder teilweise ausschließlich online zu erbringen, 

  2. Kontaktverbote,

  3. der Entzug der Weisungsbefugnis gegenüber Beschäftigten,

  4. der vollständige oder teilweise Entzug der Lehr- und Prüfungsbefugnis,

  5. der vollständige oder teilweise Widerruf von Ausstattungszusagen,

  6. der Ausspruch, für die Dauer von zwei bis fünf Jahren

a) die Fähigkeit zu verlieren, Funktionen in der Selbstverwaltung der Hochschule zu bekleiden und solche Funktionen durch Wahlen zu erlangen, sowie 

b) das Recht zu verlieren, in der Hochschule zu wählen oder zu stimmen.

 

Die Maßnahmen 1 bis 4 können schon dann zur Gefahrenabwehr verhängt werden, wenn zureichende tatsächliche Anhaltspunkte für einen Sicherheitsverstoß vorliegen.

Damit einhergehend sind auch Maßnahmen gegen Mitglieder der Hochschulen vorgesehen, die falsche Beschuldigungen erheben. Die Maßnahmen reichen vom Ausspruch einer Rüge bis zur Exmatrikulation.

Analog zu Sicherheitsmaßnahmen stehen bei Verstößen gegen die Redlichkeit wissenschaftlichen Arbeitens je nach Schwere des Verstoßes gestufte Maßnahmen zur Verfügung: 

  1. die Feststellung eines Redlichkeitsverstoßes,
  2. der Ausspruch einer Redlichkeitsrüge,
  3. der Ausspruch der Verpflichtung, die betroffene Publikation zurückzuziehen,
  4. der Ausspruch der Verpflichtung, Mittel für angesichts des Redlichkeitsverstoßes zweckentfremdete Forschungsvorhaben zurückzuzahlen,
  5. der Entzug der Weisungsbefugnis gegenüber Beschäftigten,
  6. die Androhung des Entzugs des Hochschulgrades oder der Lehrbefähigung, wenn diese unredlich erbracht oder verliehen worden ist,
  7. der Ausschluss von der Mitwirkung im Berufungsverfahren für einen in der Maßnahme festgesetzten Zeitraum,
  8. der gänzliche oder teilweise Widerruf von Ausstattungszusagen,
  9. der Entzug des Hochschulgrades oder der Lehrbefähigung, wenn diese unredlich erbracht oder verliehen worden ist.

Der Maßnahmenkatalog ist nötig, weil es gegen viele Verstöße gegen die Redlichkeit wissenschaftlichen Handels keine adäquate juristische Handhabe gibt. Zum Beispiel liegt bei einer Veröffentlichung unter falscher Urheberschaft in der Regel juristisch kein Betrug vor, da dem tatsächlichen Urheber kein nachweisbarer materieller Schaden entstanden ist. Zukünftig kann solches Fehlverhalten geahndet werden.

Nach dem Entwurf der HG Novelle wird es möglich sein, zwei Verfahren parallel einzuleiten: das neue Redlichkeits- oder Sicherungsverfahren und das bekannte Disziplinarverfahren, das nach wie vor immer dann gegen Beamte zwingend zu eröffnen ist, wenn dienstliches Fehlverhalten angenommen wird. Beweise, die im Redlichkeits- oder Sicherungsverfahren festgestellt werden, können dann auch für das Disziplinarverfahren genutzt werden.

Der Entwurf der HG Novelle wird jetzt der Verbändeanhörung zugeleitet. Voraussichtlich im ersten Halbjahr 2025 soll sich der Landtag mit dem Gesetzesentwurf beschäftigen.

Den Gesetzesentwurf zum Download finden Sie hier:

http://www.mkw.nrw/hochschulstaerkungsgesetz

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