Neugegründete Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen nimmt ihre Arbeit auf
KPF.NRW unter Leitung von Jasmin Hartmann soll Forschung zu unrechtmäßig entzogenen Kulturgütern bündeln – Leitthema des ersten Jahres ist Transparenz
Die Erforschung der Herkunft von Sammlungsobjekten ist bereits in zahlreichen Kulturgut bewahrenden Einrichtungen wie Museen, Archiven und Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen etabliert.
Die Erforschung der Herkunft von Sammlungsobjekten ist bereits in zahlreichen Kulturgut bewahrenden Einrichtungen wie Museen, Archiven und Bibliotheken in Nordrhein-Westfalen etabliert. Mit der Koordinationsstelle für Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen (KPF.NRW) hat die Landesregierung gemeinsam mit dem Landschaftsverband Rheinland (LVR) und dem Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) eine zentrale Einrichtung ins Leben gerufen, um die verschiedenen Aktivitäten in Nordrhein-Westfalen im Bereich der Provenienzforschung zu bündeln und effizient weiter voranzutreiben. In diesen Tagen hat die KPF.NRW unter der Leitung von Jasmin Hartmann ihre Räumlichkeiten in Bonn beim LVR-LandesMuseum bezogen und ihre Arbeit aufgenommen.
„Grundvoraussetzung für den nachhaltigen Erfolg der Provenienzforschung sind verlässliche Strukturen und ein systematisches, kontinuierliches Vorgehen. Nur so können wir der gesellschaftlichen Verantwortung, die an die Aufklärung der Entzugshistorie von Sammlungsobjekten geknüpft ist, gerecht werden. Deshalb haben wir als Landesregierung gemeinsam mit den beiden Landschaftsverbänden mit der KPF.NRW eine zentrale, landesweit agierende Einrichtung gegründet, die unter Leitung von Jasmin Hartmann ein wichtiger Motor für die Provenienzforschung in Nordrhein-Westfalen sein wird“, sagt Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen.
„Seit 2008 beschäftigen wir uns im LVR gezielt mit der Provenienzforschung. In der Auseinandersetzung mit Restitutionsfällen wurde sichtbar, dass es insgesamt nicht nur an Bewusstsein, sondern auch an verbindlichen Strukturen für das Thema fehlt. Und genau dies war das Ziel des 2017 durch die Museumsberatung des LVR initiierten Projekts ‚Provenienzforschung in NRW‘: Es ging darum zu sensibilisieren, informieren, koordinieren und motivieren mit dem Ziel einer strukturellen Verbesserung der Provenienzforschung in den Museen in ganz NRW. Und das ist in ausgezeichneter Weise gelungen! Ich bin stolz darauf, dass der LVR mit seinem Konzept zur Etablierung und Systematisierung der Provenienzforschung Initiator und Wegbereiter der Koordinationsstelle ist, die am LVR-LandesMuseum in Bonn verortet ist. Mit dem LWL und dem Land Nordrhein-Westfalen, dem Ministerium für Kultur und Wissenschaft, haben wir hierzu die richtigen Partner an unserer Seite“, sagt LVR-Landesdirektorin Ulrike Lubek.
„Im Bereich der Herkunftsforschung passiert bereits unglaublich viel. Gerade die größeren Museen richten immer öfter dauerhafte oder pro-jektgebundene Stellen im Bereich der Provenienzforschung ein. Die klei-nen oder mittleren Museen können jedoch kaum Schritt halten. Der LWL verspricht sich von der KPF.NRW konkrete Unterstützung für diese zah-lenmäßig größte Gruppe durch Erstchecks, Schulungen und andere Un-terstützungsmöglichkeiten, um landesweit ein gemeinsames Verständ-nis für unrechtmäßig entzogenes Kulturgut und die allgemeine Her-kunftsforschung sicherzustellen. An dieser Aufgabe beteiligen sich auch die Beratungsstellen der Landschaftsverbände mit großem Engage-ment“, sagt LWL-Kulturdezernentin Dr. Barbara Rüschoff-Parzinger.
Die drei Kooperationspartner Land Nordrhein-Westfalen, LVR und LWL haben für die KPF.NRW für zunächst drei Jahre insgesamt 1,2 Millionen Euro zur Verfügung gestellt, von denen das Land zwei Drittel trägt.
Ziel der KPF.NRW ist eine stärkere Transparenz und Zugänglichkeit von Forschungsergebnissen, die Verknüpfung von Einzelprojekten, die Beratung von Einrichtungen sowie die Entwicklung von Maßnahmen zur Verbesserung der Forschung im Land. Die KPF.NRW wird sich neben dem Arbeitsschwerpunkt zu NS-verfolgungsbedingten Entzügen auch Kulturgutentziehungen in der damaligen Sowjetischen Besatzungszone, der DDR und dem Kolonialismus widmen.
„Ich freue mich sehr auf die Tätigkeit, für Nordrhein-Westfalen eine nachhaltige Forschungsinfrastruktur und transparente Kommunikation der Provenienzforschung zu etablieren und vor allem auf die Zusammenarbeit mit den Kolleginnen und Kollegen in den nordrhein-westfälischen Museen, Archiven und Bibliotheken. Die Arbeit der KPF.NRW steht im ersten Jahr unter dem Leitthema Transparenz als gemeinsamen Nenner aller Entzugskontexte. Darunter verstehe ich zum einen die Sichtbarmachung bisheriger Ergebnisse, Bedarfe und Desiderate und zum anderen die Sichtbarmachung der KPF.NRW und ihrer Serviceangebote selbst. Und schließlich wird es darum gehen, dem gemeinsamen Auftrag, Grundlagen und Quellen für eine Identifizierung möglicher Verdachtsmomente zu erschließen, gerecht zu werden“, sagt Leiterin Jasmin Hartmann.
Die Kunsthistorikerin Jasmin Hartmann arbeitete nach dem Studium für die damalige Arbeitsstelle für Provenienzforschung, angesiedelt an den Staatlichen Museen zu Berlin, Stiftung Preußischer Kulturbesitz. Weitere berufliche Stationen folgten im Kunsthandel und in Museen, darunter die Staatlichen Kunstsammlungen Dresden sowie das Wallraf-Richartz-Museum in Köln. Neben verschiedenen Lehraufträgen u.a. im Bereich Provenienzforschung vertrat Hartmann als stellvertretende Vorsitzende des Arbeitskreises Provenienzforschung e.V. von 2014 bis 2018 die Interessen der Fachwissenschaft. Zuletzt leitete sie die Stabsstelle Provenienzforschung der Landeshauptstadt Düsseldorf.
Neben Jasmin Hartmann als Leiterin setzt sich das Team der KPF.NRW aus den Kunsthistorikerinnen Dr. Dagmar Thesing und Miriam Cockx zusammen. Zwei wissenschaftliche Volontärinnen, Isabelle Christiani und Lucia Seiß, unterstützen die Arbeit der KPF.NRW.
Weitere Informationen zur Arbeit der KPF.NRW finden Sie hier.