Ministerin Steffens: Hebammen brauchen bessere Rahmenbedingungen und müssen im Gesundheitssystem mehr Wertschätzung erfahren

4. Mai 2017
Baby

Gesundheits- und Pflegeministerin Barbara Steffens erklärte anlässlich des „Internationalen Tag der Hebammen“ am 5 Mai 2017:
„Hebammen und Entbindungspfleger sind unverzichtbare Säulen unseres Gesundheitssystems.“

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Gesundheits- und Pflegeministerin Barbara Steffens erklärte anlässlich des „Internationalen Tag der Hebammen“ am 5 Mai 2017:
„Hebammen und Entbindungspfleger sind unverzichtbare Säulen unseres Gesundheitssystems. Ohne ihre Fachkunde und ihr oft über normale Arbeitszeiten hinausgehendes Engagement wäre eine an den Bedürfnissen von Eltern und Kind orientierte Geburtshilfe ebenso wenig vorstellbar wie die kompetente und einfühlsame Begleitung junger Familien in den ersten Lebensmonaten neugeborener Kinder. Dieser Bedeutung der Hebammen und Entbindungspfleger werden die Rahmenbedingungen für ihre Arbeit, die das Gesundheitssystem heute bietet, immer weniger gerecht. Diese Rahmenbedingungen müssen dringend verbessert werden, damit sich Hebammen und Entbindungspfleger in Zukunft im Gesundheitssystems mehr wertgeschätzt fühlen und der Beruf vor allem für junge Menschen wieder deutlich attraktiver wird.“
 
Diskussionsbedarf sieht die Ministerin vor allem zur angemessenen Vergütung der Hebammenleistung und den von vielen als existenzbedrohend wahrgenommenen Haftpflicht-Versicherungsprämien für geburtshilflich tätige Hebammen. „Wenn selbst in einer Großstadt wie Düsseldorf junge Eltern immer häufiger klagen, dass sie nur schwer oder sogar keine Hebamme mehr finden, läuft im System etwas gründlich schief. Dann muss der Bund die Rahmenbedingungen schnellstmöglich ändern! Bei den Hebammen und Entbindungspflegern müssen wir uns wie bei anderen Gesundheitsberufen, die vor allem auch auf persönliche Zuwendung setzen, dringend fragen, wie wir es schaffen, die Finanzmittel in unserem hoch-technologisierten Gesundheitssystem wirklich richtig zu verteilen“, sagte die Ministerin.
 
Steffens verwies darauf, dass praktisch alle für die Hebammen und Entbindungspfleger zentralen Vergütungsregelungen nicht mehr einvernehmlich zwischen den Hebammenverbänden und den Krankenkassen vereinbart, sondern durch Schiedsstellen festgesetzt wurden. Auch aktuell sei wieder ein Schiedsverfahren zur Qualität der Arbeit der Beleghebammen mit ungewissem Ausgang anhängig. „Aus meiner Sicht ist es dringend an der Zeit, dass sich der Bundesgesetzgeber seiner Verantwortung für eine angemessene Finanzierung gerade kleinerer Berufsgruppen im Gesundheitssystem wieder stärker stellt. Das Verfahren der so genannten Selbstverwaltung, bei dem die Leistungserbringerverbände die Vergütungen mit den oft übermächtigen Krankenkassen alleine aushandeln müssen, kann vielleicht funktionieren, wenn man wie Ärzteschaft, Krankenhäuser und Pharmaindustrie über eine starke Lobby verfügt. Gerade angesichts des Fachkräftemangels kommt es aber auf jede Berufsgruppe im Gesundheitssystem an. Vor allem für die Berufe ohne starke Lobby, aber mit hoher Notwendigkeit für die Gesellschaft, brauchen die Verhandlungsparteien deshalb zumindest klare gesetzliche Rahmenvorgaben für eine angemessene Vergütung“, unterstrich Steffens.
 
Für die Gesundheitsministerin ist eine angemessene Finanzierung und haftungsrechtliche Absicherung der Hebammen und Entbindungspfleger vor allem für den Bereich der außerklinischen Geburten und damit für eine wirklich freie Wahl der Mütter hinsichtlich des „Geburtsortes“ ihrer Kinder von elementarer Bedeutung. Hier gelte es, angemessene Finanzierung und gesicherte Qualitätsstandards im Interesse der Kinder sinnvoll miteinander zu verknüpfen.
 
Gerade im Krankenhausbereich müsse es aus Sicht der Ministerin auch darum gehen, die Rahmenbedingungen für eine natürliche Geburt wieder zu verbessern und so die aus ihrer Sicht immer noch zu hohe „Kaiserschnittrate“ so weit wie medizinisch vertretbar zu reduzieren. „Wenn darauf hingewiesen wird, dass für ein Krankenhaus eine Kaiserschnittgeburt vielleicht finanziell attraktiver ist als eine natürliche Geburt, läuft auch an dieser Stelle im System etwas falsch“, so Ministerin Steffens.
 
„Angesichts der aktuellen Schließungen von Geburtshilfe-Abteilungen ist es darüber hinaus dringend erforderlich, dass bundeseinheitliche Vorgaben für die Erreichbarkeit von geburtshilflichen Kliniken formuliert und Instrumente zur Realisierung entwickelt  werden. Nur so kann eine zukünftige flächendeckende Versorgung sichergestellt werden“, betonte die Ministerin.
 
Das Land hat in den vergangenen Jahren in der Hebammenkunde wie auch in anderen Berufen Modelle zur Akademisierung der Ausbildung unterstützt, um jungen Menschen neben der bewährten Ausbildung an den Hebammenschulen auch eine akademische Ausbildung zu ermöglichen und so den Beruf für möglichst viele junge Menschen auch mit unterschiedlichen Schulabschlüssen attraktiv zu machen. „Für diese zusätzliche hochschulische Berufsausbildung muss der Bund endlich eine dauerhafte Grundlage schaffen“, sagte die Ministerin.
 
Weil die Situation der Hebammen und Entbindungspfleger aus Sicht der NRW-Gesundheitsministerin schon seit Jahren Anlass zur Sorge gibt, hat das Gesundheitsministerium bereits im Jahr 2014 einen „Runden Tisch Geburtshilfe“ einberufen, der Ende 2015 seinen Abschlussbericht vorgelegt hat. Die Empfehlungen werden seitdem im Gesundheitsministerium geprüft und umgesetzt, soweit in dem weitgehend auf Bundesebene zu regelnden Themenbereich eigene Handlungsmöglichkeiten des Landes bestehen. So trat eine überarbeitete landesrechtliche Hebammengebührenordnung (gültig für sog. Privatpatientinnen) jüngst zum 6. April 2017 in Kraft und zur ebenfalls empfohlenen Reform der landesrechtlichen Berufsordnung hat bereits die Verbändeanhörung zu einem neuen Entwurf stattgefunden. Zudem hat die NRW-Ministerin mehrfach beim Bundesgesundheitsminister auf entsprechende Handlungsbedarfe hingewiesen.
 
Ende 2016 wurde eine umfassende wissenschaftliche Studie über die geburtshilfliche Versorgung durch Hebammen und Entbindungspfleger in Nordrhein-Westfalen in Auftrag gegeben. Die durch das Land mit rund 500.000 Euro geförderte Studie wird durch die Hochschule für Gesundheit Bochum erstellt und soll eine Grundlage dafür sein, die Defizite in der Geburtshilfe besser zu erkennen, gegenüber dem Bund wissenschaftlich belegen und abstellen zu können.
 

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