Ministerin Scharrenbach: Europas erstes öffentliches Gebäude aus dem 3D-Drucker entsteht in Nordrhein-Westfalen
Europas erstes öffentliches Gebäude im 3D-Druck-Verfahren entsteht in der nordrhein-westfälischen Gemeinde Nordkirchen: Der Sport-Club Capelle 71 e.V. bekommt ein neues Vereinsheim gedruckt.
Europas erstes öffentliches Gebäude im 3D-Druck-Verfahren entsteht in der nordrhein-westfälischen Gemeinde Nordkirchen: Der Sport-Club Capelle 71 e.V. bekommt ein neues Vereinsheim gedruckt. Das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen unterstützt das Bauprojekt in Nordkirchen mit 333.000 Euro aus der landeseigenen Förderung „Digitalisierung der Bauwirtschaft und innovatives Bauen“. Bereits 2021 entstand in Nordrhein-Westfalen das erste 3D-gedruckte Wohnhaus in Beckum.
„Nordrhein-Westfalen geht beim innovativen Bauen als Vorreiter in Deutschland weiter vorweg. Digital, dynamisch, druckfertig – das sind unsere 3D‘s für die Zukunft des Bauens. Mit dem Druck des Vereinsheims des Sport-Club Capelle in Nordkirchen entsteht jetzt das erste öffentliche Gebäude in Europa mittels 3D-Druck und die Gemeinde selbst wird zur Vorreiterin. Ein Pionierprojekt von der Gemeinde für die Gemeinschaft. Erst das 3D-gedruckte Wohnhaus in Beckum, jetzt das Vereinsheim in Nordkirchen: Nordrhein-Westfalen setzt Maßstäbe beim Bauen. Da es sich um ein öffentliches Gebäude handelt, können Forschung und Öffentlichkeitsbeteiligung auf breitere Füße gestellt werden. Wir machen weiter Druck: Denn durch Druck entstehen Diamanten aus CO2-armen recyclebaren Beton wie hier in Nordkirchen”, sagt Ina Scharrenbach, Ministerin für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen.
Bürgermeister Dietmar Bergmann: „Für die Gemeinde Nordkirchen ist es einerseits natürlich wichtig, das Ehrenamt zu stärken und Vereinen, wie dem SC Capelle, eine moderne Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Dieses Projekt im Speziellen ist andererseits aber auch ein klares Signal, dass kleine Orte in ländlichen Regionen auch Innovationen und Zukunftstechnologien vorantreiben können. Dank der großen finanziellen Unterstützung durch das Ministerium für Heimat, Kommunales, Bau und Digitalisierung des Landes Nordrhein-Westfalen und das Know-how unserer Projektpartner von Steinhoff Architekten, PERI und Heidelberg Materials können wir in Nordkirchen ein Bauprojekt realisieren, das nicht nur in der Umgebung, sondern überregional für Aufmerksamkeit sorgt.“
Vor Ort überzeugte sich Ministerin Ina Scharrenbach bei einer Live-Druck-Vorführung über den Baufortschritt und deponierte gemeinsam mit Bürgermeister Dietmar Bergmann, Architekt und Bauleiter Lothar Steinhoff, Geschäftsführer Dr. Fabian Meyer-Brötz (Peri 3D Construction GmbH) und Dr. Jörg Dietrich (Heidelberg Materials) eine Zeitkapsel, um für zukünftige Generationen an diesen Moment zu erinnern.
Der zweistöckige Bau bietet dem SC Capelle nach Fertigstellung eine Nutzfläche von etwa 330 Quadratmeter. Das neue Vereinsheim wird gemeinsam mit PERI 3D Construction, einem Vorreiter auf dem Gebiet des 3D-Baudrucks, realisiert. Der Gebäudeentwurf stammt vom innovativen Architekturbüro Steinhoff Architekten, das verdruckte Material von Heidelberg Materials, einem der weltweit größten Baustoffunternehmen. Von dem Projekt werden Ergebnisse und Erfahrungen erwartet, die beispielgebend für die gesamte Baubranche sein dürften. Die Erkenntnisse aus dem Modellprojekt sollen in Zukunft in die Lehre einfließen und insbesondere den Wissenstransfer im Bereich des digitalen Bauens anwendungsbezogen stärken.
Architekt Lothar Steinhoff: „Aus unserer Sicht ist das neue Vereinsheim des SC Capelle nicht nur für den Verein und die Gemeinde ein herausragendes Projekt. Gemeinsam leisten alle beteiligten Projektpartner auch einen wichtigen Beitrag dazu, Zukunftstechnologien im Bauwesen weiterzuentwickeln. So lassen sich auch wieder mehr junge Menschen für das Handwerk begeistern und neue Fachkräfte binden. Deshalb stehen wir auch in engem Kontakt zu mittelständischen Unternehmen, Handwerksbetrieben, Schulen und den Berufskollegs in der Umgebung.“
PERI 3D Construction liefert die Expertise zum 3D-Druckprozess sowie die nötige Technologie: Der modulare 3D-Drucker COBOD BOD2 erstellt Schicht für Schicht die vertikalen Elemente des Vereinsheims. Dafür rechnet das Unternehmen mit einer reinen Druckzeit von etwa 140 Stunden.
Dr. Fabian Meyer-Brötz, Geschäftsführer der PERI 3D Construction GmbH: „Für dieses Projekt haben wir die für uns bisher größte Druckerkonfiguration aufgebaut: 25 Meter lang, 15 Meter breit und 10 Meter hoch. Wir freuen uns sehr, dass die Politik mit der Förderung dazu beiträgt, neuen Bauweisen den Weg zu bereiten. Im Angesicht der großen Herausforderungen wie Fachkräftemangel, Wohnungsnot und stagnierender Produktivität im Bau bietet der 3D-Baudruck einen dringend nötigen Lösungsansatz, um schneller, günstiger und materialschonender zu bauen.“
Heidelberg Materials setzt hier einen 3D-Druckbeton als Hightech-Baustoff ein, der als mineralischer Baustoff zu 100 Prozent recyclebar ist. Darüber hinaus beinhaltet dieser 3D-Druckbeton ein Bindemittel mit etwa 55 Prozent CO₂-Reduktion gegenüber einem reinen Portlandzement. Um den 3D-Druckbeton nachhaltig lokal zu produzieren und noch flexibler liefern zu können, wurde vom Unternehmen Heidelberg Materials Deutschland in den vergangen zwei Jahren ein Produktionsstandort in Nordrhein-Westfalen aufgebaut.
Dr. Jörg Dietrich, Leiter Engineering & Innovation sowie Leiter Produktmanagement bei Heidelberg Materials Deutschland: „Durch eine gezielte Entwurfsplanung ergibt sich zudem hohes Potenzial für einen effizienten Materialeinsatz. Das Material ist gut pumpbar und besitzt gleichzeitig sehr gute Extrusionseigenschaften. Die zielsichere Festigkeitsentwicklung sorgt zudem für ein Druckbild mit hoher Formtreue.“
Hintergrund
- Das Bauprojekt in Nordkirchen wird im Rahmen des Förderpro-gramms „Digitalisierung der Bauwirtschaft und innovatives Bauen” von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen gefördert. Mit dem Haushalt 2020 erstmalig das Förderprogramm „Digitalisierung der Bauwirtschaft und innovatives Bauen“ aufgelegt. Zielsetzung des Programms ist es, im Bereich des Bauwesens Grundsteine für innovative Zukunftstechnologien zu legen und die technologischen und wirtschaftlichen Chancen weiterzuentwickeln. Für 2023 stehen landesweit 4,5 Millionen Euro für möglichst praxisorientierte Forschungsvorhaben, Wissenstransfers, Modellprojekte und innovative Bauverfahren zur Verfügung. Anträge zur Förderung können ganzjährig gestellt werden.
- Ziel des geförderten Projekts in Nordkirchen ist es, praktische Erfahrungen und Erkenntnisse bei der Errichtung eines Gebäudes mit dem 3D-Betondruckverfahren zu sammeln, die als Grundlage für die Planung und wirtschaftliche Betrachtung von Folge-projekten dienen. Aus diesen Erfahrungen und Erkenntnissen sollen standardisierte Vorgehensweisen zum Beispiel für Genehmigungsverfahren, die Bauvorbereitung und die Bauausführung entwickelt und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Davon können zukünftig Planer, Fachfirmen, Bauherren und viele mehr profitieren.
- Wie funktioniert 3D-Druck beim Bauen? Meistens wird 3D-druckfähiger Mörtel oder Beton auf Zementbasis „gedruckt“. Dieses bedeutet, dass der Baustoff durch eine Düse in Schichten aufgetragen wird. Die Schichtdicken liegen im Zentimeter-Bereich. Der 3D-Drucker ist flexibel und schnell einsetzbar, so dass sich die erforderlichen Ressourcen verringern. Denn es müssen nicht mehr viele verschiedene Bauteile auf der Baustelle zu einem Wandelement zusammengebaut werden. Dieses ergibt eine Zeitersparnis und eine Verschlankung der Bauabläufe. Um die finanziellen und zeitlichen Vorteile zu evaluieren, sind Pilotprojekte notwendig.
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