Minister Remmel: Belastung der Ruhr mit Mikroschadstoffen ist ernstes Thema / Biozid-Belastung im Oberflächengewässer der Ruhr seit langem im Fokus der Landesregierung – Ministerium prüft Meldewege

1. Februar 2013
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Die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Trinkwasser hat oberste Priorität für die Landesregierung. Entsprechend sind in der Vergangenheit bereits Maßnahmen im Vorgehen gegen organische Mikroverunreinigungen und mikrobielle Krankheitserreger veranlasst worden. Allerdings kam und kommt es wegen der hohen Belastung des Oberflächenwassers der Ruhr zeitweise und lokal zu erhöhten Werten mit Mikroschadstoffen, darunter auch mit Bioziden.

Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen

Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz teilt mit:

Die Versorgung der Bevölkerung und der Wirtschaft mit Trinkwasser hat oberste Priorität für die Landesregierung. Entsprechend sind in der Vergangenheit bereits Maßnahmen im Vorgehen gegen organische Mikroverunreinigungen und mikrobielle Krankheitserreger veranlasst worden. Allerdings kam und kommt es wegen der hohen Belastung des Oberflächenwassers der Ruhr zeitweise und lokal zu erhöhten Werten mit Mikroschadstoffen, darunter auch mit Bioziden.

Die Umweltqualitätsnorm etwa für das Pflanzenschutzmittel Diuron wird in NRW an knapp 2 Prozent der Überwachungsmessstellen überschritten (knapp 0,7 Prozent der untersuchten Gewässerlängen). Für Isoproturon liegt die Zahl der Überschreitungen niedriger. Für viele Biozide ist landesweit aktuell keine Überschreitung der Umweltqualitätsnormen zu verzeichnen. Durch umfangreiche Maßnahmen staatlicher Stellen ist die Zahl der Überschreitungen für Diuron etwa gegenüber dem Monitoringzyklus 2005/6 – 2008 rückläufig. Uns liegen keine Informationen vor, dass es derzeit im Trinkwasser bei untersuchten Biozidprodukt-Wirkstoffen zu Überschreitungen gekommen ist.

Die Belastung der Ruhr mit Mikroschadstoffen ist seit langem bekannt und durch verschiedene Berichte und Studien dokumentiert. Daher hat die Landesregierung in den Bereichen Trinkwasser und Kläranlagen in den letzten Jahren umfassende Projekte, Maßnahmen und Initiativen gestartet. Dies ist zudem um so notwendiger, als der Eintrag anthropogener Spurenstoffe in die Umwelt in Zukunft weiter zunehmen wird. So steigt beispielsweise der Arzneimittelkonsum, auch aufgrund einer älter werdenden Gesellschaft und des medizinischen Fortschritts kontinuierlich. Die teilweise allgegenwärtige Verwendung dieser Mikroschadstoffe insgesamt führt so zu nachweisbaren Belastungen der Gewässer. Dies hat das Umweltministerium im letzten Jahr durch den Bericht „Reine Ruhr“ dokumentiert. Die Langzeitwirkungen solcher Biozide müssen ernst genommen werden, da einige von ihnen in Verdacht stehen, Krebserkrankungen zu forcieren und das Erbgut zu schädigen.

Die Ruhr ist die Grundlage der Wasserversorgung für mehr als vier Millionen Menschen in Nordrhein-Westfalen. Während hingegen in anderen Regionen des Landes das Trinkwasser aus dem Grundwasser gewonnen wird, dient an der Ruhr das Oberflächenwasser als Grundlage für das Trinkwasser. Durch private, landwirtschaftliche und gewerbliche Einträge ist die Belastung der Ruhr weiterhin gegeben. Daraufhin wurde ein umfangreiches Investitionsprogramm mit den Wasserversorgern zur Verbesserung der Trinkwasserfiltration in dreistelliger Millionenhöhe vereinbart. Gleichzeitig laufen umfassende Investitions- und Projektprogramme für die Erforschung und Ertüchtigung von Kläranlagen.

Biozide sind in vielen Gewässern zwar nachweisbar, die Konzentrationen bleiben aber nach den aktuellen Untersuchungsergebnissen meist unterhalb der gültigen Umweltqualitätsnormen. Für die Stoffe Aldrin, Dieldrin, Endrin, DDT und Heptachlor liegen im Zeitraum 2009 bis 2011 keine Überschreitungen der Umweltqualitätsnorm (UQN), jedoch vereinzelte Nachweise dieser Stoffe in Oberflächengewässern vor. Aufgrund der Einhaltung der Umweltqualitätsnorm wird davon ausgegangen, dass eine Schädigung der Umwelt nach derzeitigem Wissensstand ausgeschlossen werden kann.

Das Ministerium hat nun eine Überprüfung der Meldewege angeordnet. Die Messdaten wurden bisher im Rahmen des Verwaltungsaufbaus und den Verwaltungsvollzugs durch das LANUV ermittelt, im Internet veröffentlicht und den jeweiligen nachgeordneten Behörden überstellt, damit weitere Maßnahmen ergriffen werden können. Dies gilt auch für Grenzwertüberschreitungen. Zukünftig soll etwa wie bei Überschreitungen beim Rhein, die Meldepflicht dahingehend geändert werden, dass das Landesumweltamt (LANUV) das Ministerium bei wesentlichen Grenzwertüberschreitungen informiert.

Darüber hinaus wird das Ministerium künftig mehrmals im Jahr den Landtag durch einen Bericht informieren, in dem die aufgetretenen Überschreitungen dokumentiert und lokal dargestellt werden.

Das Ministerium wird in einem Erlass regeln, in welcher Weise bei aktuellen Überschreitungen die Ermittlung der genauen Quelle geregelt erfolgen soll. Klar ist auch, dass ein solches Instrument nur wirksam werden kann, wenn die staatlichen Stellen Zugriff auf alle notwendigen Datensätze haben, dies gilt sowohl auf Daten von Unternehmen, der Landwirtschaft und anderen Dritten.

Grundsätzlich muss gesagt werden, dass es sich bei der Biozid-Belastung nicht um eine Problematik des Trinkwassers handelt. Es handelt sich hier vor allem um eine Belastung des Oberflächengewässers.

An den bereits eingeleiteten Maßnahmen, Projekte und Initiativen zur Bekämpfung von Mikroverunreinigung an der Ruhr wird weiterhin festgehalten. NRW ist neben Baden-Württemberg das einzige Bundesland, das ein gesamtheitliches Konzept gegen Mirkoschadstoffe in Oberflächengewässer verfolgt, dies reicht von der Nachrüstung von Filteranlagen bei Trinkwasserversorgern, über Minimierung der belastenden Substanzen an der Quelle bis hin zu neuen Forschungsprojekten zur Aufrüstung von Kläranlagen.

Erläuterungen:

Biozide umfassen ein breites Spektrum von Stoffen, die in einer großen Zahl von Anwendungen in Privathaushalten, im Gesundheitswesen, in Industrie und Gewerbe sowie in anderen Bereichen (z.B. Landwirtschaft) im Gebrauch sind. Derzeit sind ca. 18.000 Biozid-Produkte auf dem deutschen Markt.

Neben Bioziden gibt es eine Vielzahl weiterer Mikroschadstoffe wie Arzneimittel, Röntgenkontrastmittel, Östrogene, Komplexbildner sowie eine Reihe weiterer Industriechemikalien, Körperpflegeprodukte/ Duftstoffe, Reinigungs- und Geschirrmittel sowie Pestiziden, etc., die in unseren Gewässern mit sensibler Analytik identifiziert werden. Die Relevanz der jeweiligen Stoffeinträge ist unterschiedlich. Eine Bewertung für die Gewässer in NRW kann dem Bericht „Reine Ruhr“ entnommen werden, den das Umweltministerium im Frühjahr 2012 vorgelegt hat: http://www.umwelt.nrw.de/ministerium/presse/presse_aktuell/presse120206.php

In dieser Legislaturperiode soll das Programm „Reine Ruhr zu“ einem „Masterplan Wasser“ weiterentwickelt werden. Im Januar 2013 wurde dem Landtag der Bericht „Mikroschadstoffe aus Kommunalen Kläranlagen“ zugesandt, der sich im wesentlichen mit der sehr relevanten Gruppe der Arzneimittel auseinandersetzt aber auch auf das Biozid Mecoprop (ein Biozid das im wesentlichem im Fassadenschutz zum Einsatz kommt) auseinandersetzt. Link:
http://www.landtag.nrw.de/portal/WWW/dokumentenarchiv/Dokument/MMV16-558.pdf?von=1&bis=0

Der Sachverständigen-Rat für Umweltfragen hat rund 5.000 Substanzen als potenziell umweltrelevant eingestuft. Die europäische Chemikalienagentur hat 2010 den Nachweis über den Einsatz von mehr als 400 gesundheitsgefährdender, krebserregender Chemikalien in verschiedenen Produkten erbracht.

Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Ministeriums für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz, Frank Seidlitz, Telefon 0211 4566-294.

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