Innenminister setzen ein klares Signal: Pegida muss demaskiert werden
IMK-Vorsitzender Jäger: Wir wollen ein friedliches Zusammenleben / IMK beschließt außerdem bundesweites Präventionskonzept gegen gewaltbereite Salafisten
Die Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder haben vor der zunehmenden islam- und ausländerfeindlichen Hetze gewarnt. Rechtsextremisten und Rechtspopulisten würden ganz gezielt Demonstrationen und Veranstaltungen für ihre Zwecke ausnutzen. Dieses könne bei Plattformen wie „Pegida“ und ihren Ablegern erschreckend deutlich beobachtet werden.
Die Innenminister und -senatoren des Bundes und der Länder haben vor der zunehmenden islam- und ausländerfeindlichen Hetze gewarnt. Rechtsextremisten und Rechtspopulisten würden ganz gezielt Demonstrationen und Veranstaltungen für ihre Zwecke ausnutzen. Dieses könne bei Plattformen wie „Pegida“ und ihren Ablegern erschreckend deutlich beobachtet werden. „Wir müssen diese Aufwiegler demaskieren. Sie schüren ganz bewusst Ängste und Vorurteile. Und das auf dem Rücken von rund vier Millionen friedliebenden Muslimen. Besonders schockierend ist die Hetze gegen Flüchtlinge. Diese Menschen haben sowieso schon alles verloren und brauchen unsere Hilfe“, erklärte der Vorsitzende der Innenministerkonferenz (IMK), NRW-Innenminister Ralf Jäger zum Abschluss der Innenministerkonferenz in Köln.
Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière erklärte: „Wir verspüren, dass das innenpolitische Klima im Lande rauer wird. Die furchtbare Situation in Syrien, im Irak aber auch in anderen Teilen der Welt erhöht den Migrationsdruck auch auf Deutschland. Menschenverachtende Terrororganisationen erhalten Zulauf auch aus Deutschland. Viele Bürger emp-finden Sorgen vor den Herausforderungen unserer Zeit. All dies war Thema dieser Konferenz. Wir nehmen Sorgen der Bürger ernst, weisen aber Versuche zurück, dass Rechtsextreme und andere dubiose Figuren diese zu kapern versuchen.“
Die Innenminister und -senatoren senden deshalb über Partei- und Ländergrenzen hinweg ein klares Signal: „Wir wollen ein friedliches Zusammenleben aller Menschen - egal welcher Hautfarbe und Religion“, unterstrich Jäger. Dabei sei es wichtig, den Unterschied zwischen fehlgeleiteten salafistischen Fanatikern und einer Religion klar heraus zu stellen. Auch diejenigen sollen überzeugt werden, die heute unzufrieden und enttäuscht sind. „Wir nehmen ihre Sorgen ernst. Wir dürfen nicht zulassen, dass diffuse Ängste Menschen in die Fänge rechter Agitatoren treiben. Wir stellen uns dieser Herausforderung.“
Als ein ebenso gefährliches Sammelbecken bewerten die Innenminister die Formation „Hooligans gegen Salafisten“. „Hier haben sich Hooligans, Rechtsextremisten und kriminelle Schläger zu einer besonders gewaltbereiten Formation zusammengefunden. Sie missbrauchen ein politisches Thema, um ihren Hass auszuleben. Das kann und wird eine wehrhafte Demokratie nicht hinnehmen“, erklärte Jäger. Die IMK beschloss deshalb auch, wissenschaftlichen Sachverstand hinzuzuziehen. Wie ist die bundesweite Zusammensetzung der „Hooligans gegen Salafisten“? Was ist deren Motivation? „Wir wollen und werden die richtigen Konsequenzen ziehen. Deshalb müssen wir mehr über dieses unheilvolle Bündnis wissen, um zielgerichtet und punktgenau vorgehen zu können“, erklärte der Vorsitzende der Konferenz.
Bekämpfung von gewaltbereiten Salafisten
Die Innenminister und -senatoren beschlossen außerdem eine bundesweite Rahmenkonzeption für Präventionsnetzwerke gegen gewaltbereiten Salafismus. Sie konnten dabei auf die guten Erfahrungen zurückgreifen, die NRW und Hessen mit ihren Projekten bereits gemacht haben. Sie setzen auf eine stärkere Sensibilisierung und Aufklärung vor allem junger Menschen. So soll ihr Abgleiten in den gewaltbereiten Salafismus verhindert werden.
Die Rahmenkonzeption sieht vor, in den Ländern zentrale Koordinierungsstellen aufzubauen. „Die Umsetzung erfolgt dann flexibel und angepasst an die jeweiligen Gegebenheiten vor Ort“, erläuterte der IMK-Vorsitzende. Ziel ist es, über Netzwerke Verbindungen zu schaffen, zum Beispiel mit Schulen, Jugend- und Sozialämtern sowie Imamen. „Diese können dann gefährdeten Jugendlichen, aber auch ihren Eltern und Freunden einen Rettungsanker bieten. Wir müssen die jungen Menschen erreichen, bevor sie in die Fänge gewaltbereiter Salafisten geraten“, erläuterte Jäger.
Die Innenminister und -senatoren wollen der dschihadistischen Propaganda auch mit einem aufklärenden Internetangebot entgegentreten. „Wir dürfen dieses vor allem für Jugendliche so wichtige Medium nicht gefährlichen Salafisten überlassen. Wir müssen vielmehr dafür sorgen, dass deren vergifteter Propaganda objektive und seriöse Informationen über Salafismus und Dschihadismus entgegengestellt werden. Darüber bin ich mit der Bundesfamilienministerin im guten Gespräch“, sagte der Vorsitzende.
„Durch weitere Verstärkung unseres Engagements bei Prävention, Deradikalisierung, Ausreiseverhinderung, Strafverfolgung sowie verstärkte Auf-klärung im Internet wollen wir dem islamistischen Terrorismus die Stirn bieten. Wir wollen insbesondere die jungen Menschen, die abzugleiten drohen, hierdurch erreichen“, ergänzte der Bundesinnenminister.
Darüber hinaus hat die IMK beschlossen, Gespräche mit Providern und den Betreibern der großen Internetplattformen zu führen. „Der so genannte Islamische Staat rekrutiert seinen Nachwuchs zu einem großen Teil über das Internet. Diese gefährliche Form der Propaganda können wir nur gemeinsam unter Kontrolle bekommen“, erklärte der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius.
Die Innenminister und -senatoren sind sich zudem einig, dass sie alles rechtlich Mögliche unternehmen wollen, um die Ausreise von Dschihadisten in die Kriegsgebiete in Syrien und im Irak zu verhindern. „Wir wollen keinen Terror exportieren. Deshalb unterstützen wir den Bundesinnenminister bei dem Vorhaben, gefährlichen und gewaltbereiten Salafisten künftig statt eines Personalausweises nur ein Ersatzdokument auszustellen“, erläuterte der IMK-Vorsitzende. Daraus gehe auf den ersten Blick hervor, dass sie nicht ausreisen dürfen. „Der Weg in die Kriegsgebiete kann ihnen so entscheidend erschwert oder im besten Fall sogar verbaut werden.“
Intensivtäterkonzept Fußball
Weiterhin beschlossen die Innenminister und -senatoren ein bundesweites Konzept gegen Intensivtäter bei Fußballspielen. „Das ist ein weiterer wichtiger Baustein, um die Gewalt rund um die Fußballspiele einzudämmen“, erklärte Innenminister Jäger. So wird zukünftig eine täterorientierte Strafverfolgung gemeinsam durch Justiz und Polizei ermöglicht.“ Die Justizministerkonferenz hat diesen Plänen bereits zugestimmt.
Um ein umfassendes Bild aller Straftaten eines Intensivtäters zu erhalten, werden die Ermittlungen der Polizei an einem Ort gebündelt und aus einer Hand geführt. So können spezialisierte Ermittler ihre umfassenden Erkenntnisse an die Justiz weitergeben. „Wir nehmen die Rädelsführer der Krawalle beim Fußball in Manndeckung. Die Strafverfolgung wird so effektiver und Intensivtäter können einfacher von Fußballspielen ferngehalten werden“, machte Jäger deutlich. „Jeder Gewalttäter muss spüren, dass die Polizei ihm bundesweit auf den Füßen steht. Wer randaliert, zuschlägt oder rechtsextremistische Parolen brüllt, hat bei Fußballspielen nichts verloren.“
Legal Highs
Darüber hinaus setzten sich die Innenminister und -senatoren für ein Verbot von sogenannten „Legal Highs“ ein und forderten die Bundesregierung auf, so schnell es geht entsprechende rechtliche Regelungen zu schaffen. „Ich halte diese psychoaktiven Drogen für hoch gefährlich. Sie machen körperlich und psychisch abhängig. Meist kennen nicht einmal die Dealer die genaue Zusammensetzung der häufig als Badesalz oder Kräuter getarnten Drogen“, erklärte der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier.
Seit dem Urteil des Europäischen Gerichtshofes im Juli 2014 gibt es für Polizei und Justiz keine rechtliche Möglichkeit, den Verkauf und Konsum von „Legal Highs“ zu ahnden. Caffier: „Es ist deshalb wichtig, dass wir eine gesetzliche Regelung bekommen, um diese gefährliche Lücke zu schließen. Ich bin sicher, dass die Bundesregierung deswegen zügig handeln wird.“
Section Control
Die Innenminister und -senatoren unterstützen auch einen Vorstoß zur Erprobung des Strecken-Radars. In Niedersachsen wird Mitte nächsten Jahres ein Pilotversuch zur Geschwindigkeitskontrolle auf einem drei Kilometer langen Abschnitt einer Landstraße starten. Die Innenressortchefs werden die Ergebnisse mit großem Interesse beobachten und sich die Erfahrungen der sogenannten Section Control dort zu Nutze machen. Zwingende Voraussetzung ist allerdings, dass das Verfahren rechtssicher angewandt werden kann. Besonders wichtig sei, die persönlichen Daten der Autofahrer zu schützen, damit sie nicht für andere Zwecke genutzt werden. Wenn kein Tempoverstoß vorliegt, müssen die Fahrzeugdaten sofort und rückstandslos gelöscht werden.
Bei der Abschnittskontrolle wird die Zeit am Anfangs- und am Endpunkt des Kontrollabschnitts gemessen und daraus die durchschnittliche Geschwindigkeit ermittelt. Ist der Fahrer zu schnell, wird er geblitzt und der Verstoß geahndet. „Das Einhalten der zulässigen Geschwindigkeit und folglich auch deren Kontrolle, haben einen erheblichen Einfluss auf die Unfallhäufigkeit und Unfallschwere. Bisher steht uns dafür jedoch nur die eine Technik zur Verfügung, die uns lediglich eine punktuelle Überwachung der Geschwindigkeiten ermöglicht“, so der niedersächsische Minister für Inneres und Sport, Boris Pistorius. „Mit Section Control erreichen wir eine rücksichtsvolle Fahrweise auf unseren Straßen und weniger Unfälle - und damit auch weniger Unfallopfer.“
Groß- und Schwerlasttransporte
Die Chefs der Innenressorts wollen in Zukunft die Polizei von Tätigkeiten entlasten, die nicht unmittelbar der Verkehrssicherheit dienen. So begleitet die Polizei mit hohem Personalaufwand Groß- und Schwerlasttransporte. Außerdem überprüfen Polizeibeamte bislang bei der Abfahrt, ob die Groß- und Schwerlasttransporte vorschriftsmäßig gekennzeichnet sind, die vorgeschriebenen Auflagen eingehalten werden und die Ladung gesichert ist. Diese Aufgaben können auch auf amtlich anerkannte Sachverständige übertragen werden. Die IMK bekräftige deshalb ihre Forderung nach einer bundesgesetzlichen Regelung, die hier mehr Freiraum schafft. Sie forderte den Bundesverkehrsminister auf, Tempo bei der Änderung in der Straßenverkehrsordnung vorzulegen.