Immaterielles Kulturerbe: Steigerlied und Trinkhallenkultur werden in Landesinventar aufgenommen
Landesinventar zeugt von Tradition und Vielfalt des immateriellen Kulturerbes in Nordrhein-Westfalen – Land nominiert fünf weitere Kulturformen für Bundesweites Verzeichnis
Eine Jury hat im diesjährigen Verfahren aus insgesamt 18 eingegangenen Bewerbungen zwei Traditionen ausgewählt, die nun von Kultur- und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen bestätigt worden sind: Das Steigerlied und die Trinkhallenkultur im Ruhrgebiet erhalten jeweils einen Eintrag im Landesinventar des immateriellen Kulturerbes.
In einem fortlaufenden Prozess ermittelt und dokumentiert das Land das kulturelle Erbe auf seinem Gebiet. Eine Jury hat im diesjährigen Verfahren aus insgesamt 18 eingegangenen Bewerbungen zwei Traditionen ausgewählt, die nun von Kultur- und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen bestätigt worden sind: Das Steigerlied und die Trinkhallenkultur im Ruhrgebiet erhalten jeweils einen Eintrag im Landesinventar des immateriellen Kulturerbes. Vier weitere Traditionen sowie ein gutes Praxisbeispiel der Erhaltung werden zudem durch das Land Nordrhein-Westfalen für das Bundesweite Verzeichnis nominiert. Darunter befindet sich mit der Demoscene erstmalig ein Vorschlag aus dem Bereich der digitalen Kultur.
„Das Landesinventar ist ein eindrückliches Zeugnis der menschlichen Kreativität und kulturellen Vielfalt in Nordrhein-Westfalen“, sagt Kultur- und Wissenschaftsministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen. „In diesem Jahr kommen mit dem Steigerlied und der Trinkhallenkultur im Ruhrgebiet zwei lebendige Traditionen dazu, die für Solidarität und sozialen Zusammenhalt und damit für eine ganz besondere Facette der kulturellen Ausdrucksformen in Nordrhein-Westfalen stehen.“
Steigerlied: „Glück auf, Glück auf, der Steiger kommt“ – selbst nach dem Ende des Steinkohlebergbaus in Deutschland hat das Steigerlied, das zu vielfältigen Anlässen gesungen wird, seine identitätsstiftende Kraft nicht eingebüßt. Der von einer eingängigen Melodie begleitete Text spiegelt die Lebenswelt der Bergleute wider und zeugt von Schaffenskraft, Solidarität und Optimismus.
Trinkhallenkultur im Ruhrgebiet: Auch bei der Trinkhallenkultur im Ruhrgebiet spielt der soziale Zusammenhalt eine zentrale Rolle: Trinkhallen nehmen als typische Treffpunkte eine wichtige Funktion für die Nachbarschaft ein und stellen Orte der Integration und des Austausches dar.
Beide Kulturformen sind auch in anderen Regionen Deutschlands teils weit verbreitet, zeichnen sich jedoch durch ihren deutlichen Bezug zu Nordrhein-Westfalen für die Aufnahme in das NRW-Landesinventar aus.
Das Landesinventar wurde eingerichtet, um die Sichtbarkeit der kulturellen Vielfalt zu erhöhen und das ehrenamtliche Engagement im Land zu stärken. Mit dem Steigerlied und der Trinkhallenkultur im Ruhrgebiet umfasst das Landesinventar nun insgesamt zwölf Einträge, darunter die Anlage und Pflege von Flechthecken, die Bolzplatzkultur, die Martinstradition, der Rheinische Karneval sowie das Schützenwesen.
Nominierungen für das Bundesweite Verzeichnis des Immateriellen Kulturerbes:
Brieftaubenwesen: Das Brieftaubenwesen mit der Zucht, der Pflege und dem Einsatz von Tauben ist eine in vielen Regionen der Welt – hier insbesondere in Bergbaugebieten – beheimatete Tradition mit einer mehr als viertausendjährigen Geschichte. Bereits 2018 wurde das Brieftaubenwesen in das nordrhein-westfälische Landesinventar des Immateriellen Kulturerbes eingetragen.
Buchbinderhandwerk: Viel Erfahrung, Traditionswissen und praktisches Können sind zur Ausübung dieser handwerklichen Tradition notwendig, die auch künstlerische, konservatorische und restauratorische Tätigkeiten umfasst. Die Fähigkeiten der Buchbinderinnen und Buchbinder werden auch in den heutigen Umbruchszeiten dringend benötigt und müssen für die Zukunft erhalten werden.
Demoscene: Die Demoscene vereint technisches und künstlerisches Knowhow zur Produktion von digitalen audiovisuellen Werken, sogenannten Demos, die auf „Demopartys“ präsentiert, miteinander verglichen und beurteilt werden. Neben der technischen Exzellenz gehört ein stark international ausgerichtetes Gemeinschaftsgefühl zu den Identifikationsfaktoren der Szene.
Papiertheater: Mit (Papp-)Schauspielern, Bühnenbild und -technik ist das Papiertheater ausgestattet wie ein großes Theater. Seine Trägerinnen und Träger bringen mit breitem Wissen und Können vielfältige Stücke im heimischen Kontext, aber auch öffentlich, z. B. auf Festivals, zur Aufführung, die die Fantasie der Zuschauer besonders beflügeln.
Bundespreis für Handwerk in der Denkmalpflege: Der Preis macht den Wert traditioneller Handwerkstechniken, die hohe Kompetenz der Handwerksbetriebe und herausragende Denkmalpflegeleistungen besser sichtbar. Damit besitzt der Preis einen besonderen Modellcharakter und wird für das Register Guter Praxisbeispiele der Erhaltung Immateriellen Kulturerbes als Teil des Bundesweiten Verzeichnisses nominiert.
Ob die nominierten Kulturformen in das Bundesweite Verzeichnis aufgenommen werden, steht nach Beschlussfassung durch den Kulturausschuss der Kultusministerkonferenz, weiterer Prüfung auf Bundesebene und abschließender Bestätigung zu Beginn des Jahres 2021 fest.
Hintergrund des Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ist die Umsetzung des UNESCO-Übereinkommens zur Erhaltung des Immateriellen Kulturerbes, dem die Bundesrepublik Deutschland im Jahr 2013 beigetreten ist. Als Immaterielles Kulturerbe gelten mündliche Traditionen und Ausdrucksweisen, darstellende Künste, gesellschaftliche Bräuche, Wissen in Bezug auf die Natur und das Universum sowie traditionelle Handwerkstechniken. Die nächste Bewerbungsrunde beginnt voraussichtlich im Frühjahr 2021. Interessenten können sich ab sofort in Nordrhein-Westfalen an die Landesstelle Immaterielles Kulturerbe NRW an der Universität Paderborn wenden, um weiterführende Informationen zu beziehen oder sich beraten zu lassen. E-Mail: mharnack@mail.upb.de; Tel.: 05251 605462