Global – Regional – Lokal: Lebendiger Föderalismus in Zeiten der Globalisierung
Expertengespräch in Berlin mit Norbert Lammert / Minister Lienenkämper: Lebendiger Föderalismus kann Bedürfnis nach Identität, Heimat und Zusammenhalt gerecht werden
Die Bedeutung des Föderalismus in Zeiten fortschreitender Globalisierung, die Bindungskraft der verschiedenen föderalen Ebenen oder die Frage nach Zuständigkeit und Kompetenzen.
Die Bedeutung des Föderalismus in Zeiten fortschreitender Globalisierung, die Bindungskraft der verschiedenen föderalen Ebenen oder die Frage nach Zuständigkeit und Kompetenzen. Bei der Fortsetzung der Veranstaltungsreihe „Föderalismus der Zukunft – Zukunft des Föderalismus“ gab es reichlich Diskussionsstoff. Minister der Finanzen Lutz Lienenkämper hatte am Dienstagabend (17. Dezember 2019) gemeinsam mit dem Bevollmächtigten des Landes beim Bund, Staatssekretär Dr. Mark Speich, Experten aus Politik und Wirtschaft in die Berliner Landesvertretung eingeladen, um diese und weitere aktuelle Aspekte rund um den Föderalismus zu diskutieren.
In der Veranstaltung, die gemeinsam vom Ministerium der Finanzen und der Landesvertretung beim Bund ausgerichtet wurde, stand zunächst die Frage im Mittelpunkt, welchen Beitrag ein lebendiger Föderalismus zur Identität und Zugehörigkeit in Zeiten der Globalisierung leisten kann. „Ein lebendiger Föderalismus hat das Zeug dazu, gerade in einer Zeit der Globalisierung und wachsenden Vielfalt dem Bedürfnis nach Identität, nach Heimat und Zusammenhalt gerecht zu werden – auch jenseits des Nationalen“, erläuterte Minister Lutz Lienenkämper die Bindungskraft des Föderalismus. Lebendiger Föderalismus bedeute auch „ein Durchregieren geht nicht“, stellte Lienenkämper klar und spannte den Bogen zu den aktuellen Beispielen beim Klimaschutzpaket und der Grundsteuer.
Den Auftakt der Veranstaltung markierte ein Gastvortrag von Prof. Dr. Norbert Lammert. Der Vorsitzende der Konrad-Adenauer-Stiftung und langjährige Bundestagspräsident beleuchtete die Stärken des Föderalismus vor allem aus Sicht des Bundes. „Es gehört zu den scheinbaren Paradoxien unserer Zeit, dass gerade die Globalisierung zu einer verstärkten Rückbesinnung auf das Regionale und Lokale beiträgt. In diesem Zusammenhang kommt insbesondere dem Föderalismus eine zentrale Bedeutung zu.“ Denn der Bundesstaat verfüge – anders als der Einheitsstaat – über die notwendige Verfassung, um als Gestalter und als Mittler zwischen der lokalen und regionalen, der nationalen sowie der europäischen und der globalen Ebene zu wirken, erläuterte Lammert seine Position. „Seine Aufgaben und Funktionen werden mit der immer stärkeren Verflechtung nicht weniger, aber immer anspruchsvoller“, so Lammert.
Auf der anschließenden Podiumsdiskussion konnten die Gastgeber neben Lammert zwei weitere namhafte Experten begrüßen: den Berliner Senator für Finanzen Dr. Matthias Kollatz sowie die Politikwissenschaftlerin Dr. Jana Puglierin vom Alfred-Oppenheim-Zentrum für Europäische Zukunftsfragen. Nach dem bereits bei der Auftaktveranstaltung im Juni bewährten Prinzip wurden die verschiedenen Perspektiven des Bundes, der Länder und der Wissenschaft beleuchtet. Im Fokus standen neben der Identitätsfrage auch die Aufgaben und Kompetenzen der verschiedenen Ebenen und Fragen der Finanzierung. Hierzu sagte Finanzsenator Dr. Kollatz: „Auch gegen weltweite Probleme wie den menschengemachten Klimawandel gibt es regionale Maßnahmen, über die vor Ort entschieden werden muss. Das föderale Prinzip des Grundgesetzes sieht deshalb die Kommunen und Länder in der Pflicht. Dazu gehört die Konnexität: die entsprechende Aufteilung der Steuereinnahmen anhand der Aufgaben. Insbesondere in sich entwickelnden Politikfeldern – wie der Klimapolitik – muss die Ländergemeinschaft dies immer wieder einfordern.“ Zum Abschluss der Diskussionsrunde wagten die Teilnehmer einen Blick in die Zukunft und debattierten mit Impulsen von Dr. Puglierin über das Konzept eines „Europas der Regionen“.
Als Hausherr der gastgebenden Landesvertretung und Mitausrichter der Veranstaltung übernahm Staatssekretär Dr. Speich das Schlusswort. Er hob insbesondere die freiheitssichernde Funktion des Föderalismus hervor. Wörtlich sagte er: „Die Notwendigkeit, Macht in verschiedenen Zentren und auf unterschiedlichen Ebenen zu organisieren, mag uns aus heutiger Sicht abstrakt erscheinen. Aber die politischen Befürworter autokratischer Tendenzen sind sehr konkret.”
Das Ministerium der Finanzen wird die Veranstaltungsreihe im kommenden Jahr gemeinsam mit der Landesvertretung fortsetzen.
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