Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung im Sport: Bund streicht nach Länderinitiative seinen Vorschlag

18. Oktober 2024
Finanzen Geld Münzen

Die Kritik insbesondere von Hessen und Nordrhein-Westfalen an einer vom Bund geplanten Erweiterung der bisherigen Umsatzsteuerbefreiung im Sport war erfolgreich. Der Bund streicht seinen Vorschlag aus dem Jahressteuergesetz 2024.

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Die Kritik insbesondere von Hessen und Nordrhein-Westfalen an einer vom Bund geplanten Erweiterung der bisherigen Umsatzsteuerbefreiung im Sport war erfolgreich. Der Bund streicht seinen Vorschlag aus dem Jahressteuergesetz 2024. Die Änderung hätte das Gegenteil dessen bewirkt, was bezweckt war. Sie hätte erhebliche finanzielle Risiken mit sich gebracht, insbesondere für Kommunen als Betreiber von Sportanlagen – und somit auch für die Menschen und Vereine als Nutzer der Sportstätten. Eine Kommune müsste gemäß der angedachten Neuregelung zwar keine Umsatzsteuer mehr auf Eintrittsgelder oder die Hallenmiete erheben. Aber gleichzeitig kann sie sich auch die auf Investitionen gezahlte Umsatzsteuer, die so genannte Vorsteuer, nicht mehr vom Finanzamt erstatten lassen. Gerade bei sehr teuren Projekten wie der Errichtung, Instandsetzung oder Erneuerung von Turnhallen oder Schwimmbädern könnte die Neuregelung deshalb zu erheblichen Finanzierungslücken führen. Die Finanzminister Lorz und Optendrenk begrüßten die heute im Bundestag beschlossene Streichung im Jahressteuergesetz.

Finanzminister Dr. Marcus Optendrenk (Nordrhein-Westfalen) und Professor Dr. R. Alexander Lorz (Hessen)

„Wir freuen uns, dass die Länderinitiative am Ende Erfolg hatte und ein Schnellschuss der Bundesregierung verhindert wurde. Auch wenn im Sport Schnelligkeit zählt: Bei der Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung lohnt es sich, gründlich und nicht schnell zu sein!“

Minister der Finanzen Dr. Marcus Optendrenk:

„Die Bundesregierung hat mit ihrem Schnellschuss zur Umsatzsteuerbefreiung ein Paradebeispiel geliefert für das Prinzip: gut gedacht, schlecht gemacht. Die Förderung des Breitensports ist ein wichtiges Ziel angesichts seiner Verdienste um die Gesundheit und den sozialen Kitt in unserer Gesellschaft. Aber ein politisches Vorhaben muss neben einer guten Überschrift auch einen handwerklich gut gemachten Inhalt vorweisen. Eine Steuervergünstigung, die in ihrer Folge zu horrenden Steuernachzahlungen führen kann, ist ein Boomerang für den öffentlich geförderten Breitensport. Nordrhein-Westfalen hat sich im Bundesrat mit Erfolg für eine Streichung dieser Änderung eingesetzt. Für jede ernsthafte Maßnahme zur Förderung von Sport und Ehrenamt sagen wir dem Bund unsere volle Unterstützung zu – aber sie muss dann auch bitte bis zum Ende gedacht sein und ohne riskanten Rattenschwanz daherkommen.“

Finanzminister Professor Dr. R. Alexander Lorz:

„Hessen warnte schon frühzeitig vor der von der Bundesregierung beabsichtigten Erweiterung der Umsatzsteuerbefreiung im Sport. Es bestand die konkrete Gefahr, dass die so wichtigen Investitionen von Kommunen in ihre Schwimmbäder und Sporthallen ins Stocken geraten oder gar nicht mehr durchgeführt werden. Ich bin dankbar, dass der Bundestag nun unserer Forderung nachgekommen ist und die geplante Änderung gestoppt hat. Wäre die Regelung so gekommen, wie ursprünglich vorgesehen, hätte man dem Sport in unserem Land einen Bärendienst erwiesen.“

„Hessen wird sich auch künftig dafür einsetzen, bei einer etwaigen Anpassung der Umsatzsteuerbefreiung im Sport das Ziel einer solchen Steuerbefreiung im Blick zu behalten: die Förderung des Sports. Schwerwiegende finanzielle Nachteile und Rechtsunsicherheiten insbesondere für Kommunen und Vereine als wichtige Betreiber von Sportanlagen müssen vermieden werden. Kommunen und Vereine sollten daher frühzeitig in etwaige Reformpläne einbezogen werden.“

Fragen und Antworten:

Worum ging es bei der vom Bund geplanten Neuregelung der Umsatzsteuerbefreiung im Sportbereich?

Im Entwurf des Jahressteuergesetzes 2024 ging es darum, wie weit die Umsatzsteuerbefreiung im Bereich von Sport künftig reichen soll. Von der geplanten Steuerbefreiung wären vor allem Fallgestaltungen rund um Schwimmbäder, Turnhallen und andere Sportanlagen betroffen gewesen, die insbesondere von der öffentlichen Hand unterhalten werden. Im Regierungsentwurf zu Paragraph 4 Nummer 22 Buchstabe c des Umsatzsteuergesetzes, der die derzeit geltende Regelung abgelöst hätte, stand, dass die Steuerbefreiung auf alle „in engem Zusammenhang mit Sport oder Körperertüchtigung stehenden sonstigen Leistungen von Einrichtungen ohne Gewinnstreben an Personen, die Sport oder Körperertüchtigungen ausüben“ ausgedehnt werde. Mit dieser Neuregelung im nationalen Recht sollten die Spielräume der für die EU-Mitgliedstaaten verbindlichen Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie im Sinne einer weitestgehenden Steuerbefreiung ausgenutzt und Vorgaben der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sowie des Bundesfinanzhofs umgesetzt werden.

Warum war die angedachte Neuregelung problematisch?

Vor allem für juristische Personen des öffentlichen Rechts, wie beispielsweise Kommunen oder Zweckverbände, aber auch für viele Vereine wäre die geplante Umsatzsteuerbefreiung in der Praxis problematisch gewesen. Zum einen war sie insbesondere bezüglich des Begriffs der „Einrichtungen ohne Gewinnstreben“ mit erheblichen Rechtsunsicherheiten verbunden.

Zum anderen ist für Kommunen, Zweckverbände und auch zahlreiche Vereine mit ihren Sportanlagen die Möglichkeit des Vorsteuerabzugs von immenser Bedeutung, weil die Investitions- und Unterhaltungskosten der Anlagen in der Praxis regelmäßig hoch sind. Durch eine Umsatzsteuerbefreiung wäre die Vorsteuerabzugsmöglichkeit systembedingt weggefallen. Dies hätte neben zukünftigen Investitionen auch bereits durchgeführte, langfristig kalkulierte Investitionen in Sportstätten betroffen, denn die Ausweitung der Steuerbefreiung hätte zu einer nachträglichen Berichtigung des Vorsteuerabzugs und zu erheblichen Nachzahlungen innerhalb des Berichtigungszeitraums von bis zu zehn Jahren führen können.

Was war die Rolle der Bundesländer?

Die im Regierungsentwurf des Jahressteuergesetzes 2024 vorgesehene Neuregelung war Thema im Finanzausschuss des Bundesrates. Aufgrund der erheblichen Bedenken der Länder bat das Plenum des Bundesrates die Bundesregierung letztlich, die vorgesehene Vorschrift erneut zu prüfen. Die Bundesregierung hat sich daraufhin selbst dafür ausgesprochen, die Regelung wieder zu streichen. Der Bundestag hat letzten Endes im parlamentarischen Verfahren die Reform der Umsatzsteuerbefreiung im Sport gestoppt.

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