Abwasserbericht Nordrhein-Westfalen: Klimakrise führt zu neuen Herausforderungen für Abwasser-Infrastruktur

Moderne Abwasserkonzepte müssen den Klimawandel stärker mitdenken und Antworten auf Dürrephasen und Starkregen geben – Land unterstützt moderne und klimagerechte Abwasser-Infrastrukturen

31. Oktober 2024
Dortmunder Panorama von der Halle Deusen

Der neue Lagebericht zur Abwasserbeseitigung zeigt, dass in den vergangenen Jahrzehnten bereits große Fortschritte bei der Abwasserreinigung erzielt wurden.

Umwelt, Naturschutz und Verkehr

Der neue Lagebericht zur Abwasserbeseitigung zeigt, dass in den vergangenen Jahrzehnten bereits große Fortschritte bei der Abwasserreinigung erzielt wurden. Die Klimakrise mit zunehmenden Dürren und Starkregenereignissen führen aber zu neuen und starken Belastungen der Abwassersysteme. Das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr des Landes Nordrhein-Westfalen treibt daher weitere Investitionen in moderne und klimagerechte Abwasser-Infrastrukturen voran. 

„Moderne Abwasserkonzepte müssen den Klimawandel stärker berücksichtigen und Antworten auf Dürrephasen und Starkregen geben. Denn durch sinkende Wasserstände können die Schadstoff-Konzentrationen steigen“, betont Minister für Umwelt, Naturschutz und Verkehr Oliver Krischer. „Um unsere Gewässer vor Mikroschadstoffen und vor den Folgen der Klimakrise besser schützen zu können, bringen wir den Ausbau der Reinigungsleistung unserer Kläranlagen weiter voran. Darüber hinaus ist es wichtig mehr Grünflächen und weniger Versiegelung zu schaffen. Denn wenn das Wasser nach dem Schwammprinzip gespeichert werden kann, entlastet das die Kanalisation und wirkt sich bei Dürreperioden positiv aus.“

Insgesamt umfasst die Kanalisation in Nordrhein-Westfalen eine Länge von über 71.000 Kilometer, würde also gut 1,7-mal um die Erde reichen. Laut Abwasser-Lagebericht werden in Nordrhein-Westfalen 594 kommunale Kläranlagen betrieben, um das anfallende Abwasser zu reinigen (Stand: 31.12.2022). In diesen wurden im Jahr 2022 rund 2.150 Millionen Kubikmeter Abwasser gereinigt.

Dabei konnte die Reinigungsleistung der Kläranlagen in den letzten Jahren und Jahrzehnten deutlich gesteigert werden, zum Beispiel bei Stickstoff: Die eingetragene Fracht konnte von den ursprünglichen 68.767 Tonnen im Jahr 1991 schrittweise auf 25.227 Tonnen in 2000, 19.701 Tonnen in 2010 auf nur noch 13.105 Tonnen in 2022 reduziert werden. Mittlerweile beträgt die Reduzierung der Stickstofffracht im Abwasser rund 88 Prozent. Deutliche Verbesserungen sind auch bei den Phosphoreinträgen festzustellen. Auch hier konnte bei den Einträgen in die Gewässer im Vergleich zum Jahr 1991 von 3.500 Tonnen Phosphor der Eintrag auf 781 Tonnen verringert werden. Das bedeutet, dass 95 Prozent des Phosphors aus dem Abwasser entfernt wird. Noch immer besteht aber großer Handlungsbedarf, um die intensiven industriellen Belastungen der vergangenen Jahrzehnte auszugleichen und einen guten Zustand der Gewässer zu erreichen. 

Untersuchungen des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LANUV) zeigen, dass antibiotikaresistente Bakterien in unseren Gewässern bereits weit verbreitet sind. Als wirksames Mittel gegen die Verbreitung antibiotikaresistenter Bakterien in den Gewässern hat sich laut LANUV eine weitergehende Behandlung des Abwassers mittels UV-Bestrahlung, Durchfließen eines Retentionsbodenfilters oder der Einsatz der Membranfiltration erwiesen.

Land fördert klimaangepasstes Management von Abwasser und Niederschlagswasser

Über die Förderrichtlinie "Zukunftsfähige und nachhaltige Abwasserbeseitigung in NRW" (ZunA NRW) stellt das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr für Kommunen und Wasserverbände sowie Industrie und Gewerbe Fördermittel für ein nachhaltiges und klimaangepasstes Management von Abwasser und Niederschlagswasser zur Verfügung.

Gefördert werden unter anderem Klärtechniken zur Reduktion von Mikroschadstoffen, der Bau von Retentionsbodenfiltern und die Anpassung an den Klimawandel durch Maßnahmen zur Versickerung und Speicherung von Niederschlagswasser.

Zur Modernisierung der Klärtechniken sollen in Nordrhein-Westfalen 101 kommunale Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe zur Reduzierung von Mikroschadstoffen ausgestattet werden. Aktuell sind bereits 22 solcher Kläranlagen in Betrieb und 27 weitere in Planung oder im Bau. Damit ist Nordrhein-Westfalen bereits jetzt auf einem guten Weg zur Umsetzung der wasserrechtlichen Vorgaben der EU, die in Kürze mit neuen Vorgaben für die Behandlung kommunaler Abwässer ergänzt werden sollen. Eine moderne und effiziente Abwasserbehandlung leistet zudem einen wichtigen Beitrag zur Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie der EU. Nur rund 10 Prozent aller Fließgewässer in Nordrhein-Westfalen sind in einem sehr guten oder guten ökologischen Zustand. Durch ein umfangreiches Maßnahmenpaket mehrerer Tausend Einzelvorhaben sollen die Gewässer in Nordrhein-Westfalen wieder zu vitalen Lebensadern der Natur werden, zu wichtigen Naturräumen und Naturlandschaften. Auch für diese Maßnahmenpläne gibt der Abwasserbericht wichtige Hinweise.

Schwammprinzip statt schnelle Wasser-Ableitung

Ziel der Entwässerung in Städten war früher die schnelle und vollständige Ableitung des anfallenden Abwassers und Niederschlagswassers. Dadurch wird jedoch der natürliche Wasserkreislauf gestört. Die Auswirkungen des Klimawandels erfordern heute zwingend ein Umdenken. Dabei muss es Ziel sein, Regenwasser möglichst vor Ort - wie in einem Schwamm - zu speichern, um es dann langsam zu verdunsten und zu versickern. So wird der lokale Wasserhaushalt stabilisiert, das Wasserangebot in Dürreperioden gestärkt und ein ausgleichender Beitrag zum Lokalklima in Hitzeperioden geschaffen. Zudem wird die Kanalisation bei Starkregenereignissen entlastet.

Um weitere Lösungen für die klimagerechte und nachhaltige Wasserbewirtschaftung zu erarbeiten, erarbeitet das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Verkehr derzeit eine umfassende „Zukunftsstrategie Wasser“. Im Dialog mit den wasserwirtschaftlichen Akteuren, Verbänden und Institutionen werden dabei entlang von 17 zentralen Eckpunkten konkrete Lösungsvorschläge und Maßnahmen erarbeitet und diskutiert. Die Anpassung der Wasserbewirtschaftung ist ein zentrales Vorhaben der Landesregierung, das auch in der jüngst verabschiedeten Klimaanpassungsstrategie des Landes verankert ist.

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