Bundesrat-Entschließung „Antisemitismus effektiv bekämpfen - Existenzrecht Israels schützen“
Rede von Ministerpräsident Hendrik Wüst
Transkription
Heute ist Freitag. Heute Abend beginnt der Schabbat. Und heute Abend sitzen in Israel wieder Familien zusammen, in denen viele Plätze am Tisch leer bleiben. Sie bleiben leer, weil Jüdinnen und Juden brutal ermordet wurden, auf israelischem Staatsgebiet, in ihrem eigenen Haus und teilweise vor den Augen ihrer eigenen Kinder. Diese Familien werden den 7. Oktober 2023 nie vergessen und auch wir dürfen den 7. Oktober 2023 nie vergessen. Seit dem Holocaust wurden an einem Tag nicht mehr so viele Menschen jüdischen Glaubens ermordet wie bei diesem Terrorangriff der Hamas am 7. Oktober. Viele Menschen in Deutschland haben nach diesem menschenverachtenden Angriff der Hamas ihre Solidarität mit Israel zum Ausdruck gebracht. Auch wir hier als Bundesrat. Wir haben im Oktober in einem Antrag aller Länder einstimmig gesagt, ich zitiere „Die Sicherheit Israels ist deutsche Staatsräson“. In dem Antrag, der heute zur Abstimmung steht, geht es darum, was jetzt aus diesem Satz folgt. Aus einer klaren Haltung muss auch eine klare Handlung folgen. Wenn wir es in Deutschland mit unserer historischen Verantwortung ernst meinen, dann müssen Worten auch Taten folgen. Wir sagen deshalb in unserem heutigen Antrag sehr klar: Ein glaubhaftes Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel als Ausprägung deutscher Staatsräson muss Voraussetzung für die Einbürgerung sein. Und das muss umgekehrt auch heißen: Wer dieses Bekenntnis nicht abgibt, der kann nicht deutscher Staatsbürger, deutsche Staatsbürgerin werden. Das Existenzrecht Israels gehört zu den Grundlagen unseres Landes. Und wenn es um diese Grundlagen geht, wenn es um unsere Staatsräson geht, dann reichen allgemeine Formulierungen nicht aus. Gerade nach dem Terrorangriff der Hamas auf Israel ist es wichtig, das Bekenntnis zum Existenzrecht des Staates Israel konkret zu benennen. Denn Jüdinnen und Juden sind besonders erschüttert, weil für sie Israel eigentlich immer der sichere Hafen war. Nach dem Menschheitsverbrechen der Shoah wurde der Staat Israel 1948 gerade deshalb gegründet, um Jüdinnen und Juden einen Ort zu geben, an dem sie auf ihre Sicherheit vertrauen können. Dieses Vertrauen in Sicherheit wurde durch den Angriff der Hamas erschüttert. Besonders in Israel, aber auch weltweit. Deshalb ist es wichtig, dass wir für beides einstehen – für die Sicherheit des jüdischen Lebens und für die Sicherheit des Staates Israel. Dazu gehört auch, im Kampf gegen Antisemitismus bei uns im Land konsequent zu sein. Unser Rechtsstaat muss seine Wehrhaftigkeit gegen diejenigen zeigen, die Hass und Hetze auf unseren Straßen schüren. Nach dem 7. Oktober hat sich in Deutschland eine Welle des Antisemitismus Bahn gebrochen. In Israel waren die Toten und Verletzten noch nicht alle geborgen, da erklangen auf manchen Straßen in Deutschland Parolen, die in einer freiheitlichen Demokratie nichts verloren haben. Es gab Demonstrationen und Demonstrationen, bei denen das Existenzrecht Israels geleugnet wurde. Jüdinnen und Juden hatten wieder Angst um ihre Sicherheit hier bei uns in Deutschland, mitten in Europa, heute. Ich finde das unerträglich und ich weiß, dass es vielen von Ihnen auch so geht. Ich finde auch unerträglich, dass Jüdinnen und Juden in Deutschland ihren Glauben nicht offen zeigen, ohne Sorge vor Anfeindungen und Angriffen zu haben. Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, allen entgegenzutreten, die sich bei uns auf die Seite von Hass und Terror stellen. Auch diese Verantwortung muss konkrete Folgen haben. Deshalb bin ich davon überzeugt, dass der öffentliche Aufruf zur Vernichtung des Staates Israel die öffentliche Leugnung des Existenzrecht Israels strafbar sein sollte. Wir fordern deshalb die Bundesregierung auch auf zu prüfen, wie das durch eine Änderung des Straftatbestands der Volksverhetzung umgesetzt werden kann. Die Bundesrepublik Deutschland ist der Gegenentwurf zum Totalitarismus des nationalsozialistischen Unrechtsregimes. So hat es das Bundesverfassungsgericht einmal klug formuliert. Die Bundesrepublik ist darauf ausgerichtet, aus den geschichtlichen Erfahrungen zu lernen und eine Wiederholung solchen Unrechts ein für allemal auszuschließen. Deshalb gehört der Kampf gegen Antisemitismus zur DNA unseres Landes. Und deshalb braucht es in diesem Kampf gegen Antisemitismus Konsequenz und Klarheit. Vielen Dank.