Ministerpräsident Armin Laschet verleiht den Landesverdienstorden an zehn Bürgerinnen und Bürger
Ministerpräsident Armin Laschet hat anlässlich des 70. Jahrestags der Landesverfassung zehn Persönlichkeiten in der Staatskanzlei mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet.
Ministerpräsident Armin Laschet hat am Mittwoch, 1. Juli 2020, anlässlich des 70. Jahrestags der Landesverfassung zehn Persönlichkeiten in der Staatskanzlei mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen ausgezeichnet. Die Landesregierung ehrt damit traditionell ehrenamtlich besonders engagierte Bürgerinnen und Bürger für ihre herausragenden Verdienste am Gemeinwohl und am Land Nordrhein-Westfalen.
Der Ministerpräsident: „Mein besonderer Dank gilt heute den zehn Bürgerinnen und Bürgern für ihren herausragenden Einsatz für unser Land. Die Zeit, die Leidenschaft und die Kraft, die diese Bürgerinnen und Bürger für das gemeinsame Miteinander aufbringen, bereichern unsere Heimat jeden Tag aufs Neue. Das Engagement, das wir hier sehen, kann Vorbild für jeden Einzelnen von uns sein und als Hoffnungsträger für eine bessere Gesellschaft dienen. Es erfüllt mich mit besonderem Stolz, dass diese Menschen in Nordrhein-Westfalen verwurzelt sind.“
Über den Landesverdienstorden
Der Verdienstorden des Landes ist eine der höchsten Auszeichnungen und wurde 1986 aus Anlass des 40. Geburtstages des Landes Nordrhein-Westfalen von Johannes Rau gestiftet. Als Anerkennung ihrer außerordentlichen Verdienste für die Allgemeinheit wird er an besondere Persönlichkeiten verliehen. Maximal 2.500 lebende Bürgerinnen und Bürgern – von rund 18 Millionen in Nordrhein-Westfalen insgesamt – können den Orden tragen.
Ausgezeichnet mit dem Landesverdienstorden am 1. Juli 2020 wurden:
- Dr. Franz Josef Antwerpes, Köln:
Franz Josef Antwerpes war von 1978 bis 1999 Regierungs-präsident des Regierungsbezirks Köln. Eines seiner Hauptanliegen war unter anderem die Sicherheit im Straßenverkehr. Zudem war er von 1970 bis 1978 Mitglied des Landtags Nordrhein-Westfalen. Er war 30 Jahre im SPD-Landesvorstand aktiv und engagierte sich als Beiratsmitglied der „Aidshilfe Köln e.V.“ - Iris Berben, Berlin:
Iris Berben engagiert sich in herausragender Weise ehrenamtlich gegen Rechtsextremismus und Antisemitismus. So unterstützt sie seit 20 Jahren den Verein „Gesicht zeigen!“ und war von 1998 bis 2008 Kuratoriumsmitglied der Deutschen AIDS-Stiftung mit Sitz in Bonn. Die geborene Detmolderin ist heute noch mit dem Land Nordrhein-Westfalen tief verbunden. - Samy Charchira, Düsseldorf:
Samy Charchira ist Sachverständiger der Deutschen Islamkonferenz sowie Mitglied des Landesvorstandes des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes Nordrhein-Westfalen. Er setzt sich seit Jahren für die Institutionalisierung islamischer Wohlfahrtspflege und für das friedliche Miteinander der Kulturen und Religionen ein. - Dr. Carolin Emcke, Berlin:
Carolin Emcke berichtete viele Jahre aus Kriegs- und Krisengebieten. Heute analysiert die Publizistin das aktuelle Zeitgeschehen und verbindet damit engagierte Plädoyers für Demokratie, Menschenrechte und Menschenwürde. Die gebürtige Mülheimerin ist Trägerin des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels und Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland. - Wolfram Kons, Neuss:
Wolfram Kons moderiert seit 1996 jährlich den 24-stündigen RTL-Spendenmarathon, dessen Erlös regelmäßig auch zahlreichen Einrichtungen für Kinder in Nordrhein-Westfalen zugute kommt. Seit 1997 engagiert sich der Neusser als Mitbegründer und Vorstandsmitglied in der „Stiftung RTL – Wir helfen Kindern e.V.“ einem Verein zur Unterstützung notleidender Kinder. - Klaus Kuhlmann, Voerde:
Seit über 40 Jahren ist Klaus Kuhlmann aktives Mitglied des „Kanu-Club Friedrichfeld“ in Voerde. Dort leitete er einige Jahre die Freizeit- und Jugendarbeit des Vereins und übte von 1987 bis 2010 das Amt des Kampfrichters auf Landesverbandsebene aus. Von 1989 bis 2013 war er Leiter des Bezirks Niederrhein im Kanu-Verband NRW, mehrfach gehörte er der Organisationsleitung der Kanu-Rennsport-Weltmeisterschaften in Duisburg an. - Prof. Dr. Miriam Meckel, Düsseldorf:
Miriam Meckel war von 2001 bis 2002 Staatssekretärin für Medien und Regierungssprecherin des Landes Nordrhein-Westfalen und später Staatssekretärin für Europa, Internationales und Medien. Die Kommunikationswissenschaftlerin ist u.a. Mitglied der „Deutschen Gesellschaft für Publizistik- und Kommunikationswissenschaft“. Heute ist die frühere Herausgeberin der „WirtschaftsWoche“ Gründungsverlegerin des Magazins „ada“ und engagiert sich ehrenamtlich für das Hospiz am Evangelischen Krankenhaus in Düsseldorf. - Pfarrer Franz Meurer, Köln:
Franz Meurer ist seit 1992 Pfarrer der katholischen Kirchengemeinde St. Theodor und St. Elisabeth in den Kölner Stadtteilen Vingst und Höhenberg. Pfarrer Meurer ist weit über sein Priesteramt für beispielgebendes soziales Engagement bekannt und sorgt mit seinen teils unkonventionellen Aktionen immer wieder für Aufmerksamkeit. So sammelte er in einer Sonntagsmesse die Kollekte für eine Moschee oder bepflanzte mit seiner Gemeinde 1000 Blumenbeete. - Dieter Philipp, Aachen:
Dieter Philipp war von 1995 bis 1997 stellvertretender Vorsitzender des Westdeutschen Handwerkskammertages. Von 1997 bis 2004 er Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks und ist seitdem Ehrenpräsident. Als Präsident der Handwerkskammer Aachen (bis Mai 2020) waren ihm die Nachwuchsförderung und die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund ein persönliches Anliegen. - Prof. Harald Zur Hausen, Wald-Michelbach (Hessen):
Prof. Harald zur Hausen wurde im Oktober 2008 für die Entwicklung eines Impfstoffes zur Vorbeugung von Gebärmutterhalskrebs mit dem Nobelpreis für Medizin ausgezeichnet. Der gebürtige Gelsenkirchener ist bis heute auf dem Gebiet der Krebsforschung aktiv.
(Es gilt das gesprochene Wort.)
Dr. Franz-Josef Antwerpes aus Köln
Über Franz-Josef Antwerpes sagte man zu seiner Amtszeit als Regierungs-präsident von Köln, er habe entweder Fans oder Feinde – dazwischen gebe es nichts. Seinen Ruf als „Kurfürst von Köln“ hat er sich in 21 Jahren mühelos erarbeitet. Von 1978 bis 1999 war er dort Regierungspräsident, bis heute der dienstälteste.
Vorbereitet auf dieses wichtige Amt hatte sich der promovierte Volkswirt als Kommunalbeamter in Duisburg und dann in Viersen, wo er in Anerkennung seiner Arbeit 1975 mit dem Ehrenring der Stadt ausgezeichnet wird. Da ist er bereits Landtagsabgeordneter. Franz-Josef Antwerpes ist ein echtes Original, weit über die Grenzen Kölns hinaus bekannt. Er ist kein Mann der leisen Töne oder des Zwischen-den-Zeilen-Lesens. Sein Handeln ist ebenso klar wie seine Sprache. So soll er einmal gesagt haben: „Ich habe unter den Stadt- und Gemeinderäten Schlappis, Knaatschbrüder und Nichtstuer ausgemacht“.
Der selbstbewusste Regierungspräsident legt es nicht darauf an, sich viele Freunde zu machen. Hohe Beliebtheitswerte erreicht er dennoch – oder vielleicht gerade deshalb. Denn was er macht, das macht er richtig und aus voller Überzeugung. So lässt der Regierungspräsident kurzerhand nachts wegen des Nebels eine Autobahn sperren. Verkehrs-Rowdies bekommen es mit ihm persönlich zu tun. Manche seiner Entscheidungen sind so ungewöhnlich, dass bald das Wort von der „Lex Antwerpes“ die Runde macht. Ein Stichwort: Verbot von Tennis an Allerheiligen. Dem energischen Einschreiten von Franz-Josef Antwerpes in Köln ist es zu verdanken, dass seit 1992 wegen des Feiertags bis 18.00 Uhr kein Tennis gespielt werden darf – und zwar bundesweit!
Damals hat das sicherlich nicht jedem gefallen, heute darf man ruhig mal schmunzeln. Und vor allem seine Erfolge und Verdienste anerkennen, zum Beispiel in seinem Kampf gegen Raser und Alkohol am Steuer.
Der Blick von Franz-Josef Antwerpes geht aber schon immer über die Grenzen der heimischen Region hinaus. Die grenzüberschreitende Zusammenarbeit mit den Nachbarn Belgien und den Niederlanden ist für ihn besonders wichtig. Schon damals geht es um Probleme bei der Trinkwasserversorgung, um Abfallbeseitigung und Verkehrsinfrastruktur. Und auch die Umweltpolitik steht ganz oben auf seiner Agenda, ebenso die Unterstützung der „Aidshilfe Köln“, die ihn zum Ehrenmitglied ernennt.
Lieber Franz-Josef Antwerpes, auch wenn Ihre Zeit als Regierungspräsident von Köln nun gut 20 Jahre zurückliegt – Sie sind unvergessen! Als Politiker, als Mensch mit Ecken und Kanten, als Hobby-Winzer für wohltätige Zwecke oder als derjenige, der medizinische Hilfstransporte nach Kuba organisiert. Dafür erhält er 1998 von Staatspräsident Fidel Castro persönlich den kubanischen Freundschaftsorden – und macht sich auch damit nicht nur Freunde. Für ihn aber zählen nicht ideologische Bedenken, sondern die Rettung und der Schutz von Menschenleben.
Heute dankt Ihnen Nordrhein-Westfalen, lieber Herr Antwerpes, für eine beeindruckende Lebensleistung im Dienste des Staates und zum Wohle seiner Bürgerinnen und Bürger mit dem Verdienstorden unseres Landes.
Iris Berben aus Berlin
Iris Berben ist eine der beliebtesten und bekanntesten Schauspielerinnen Deutschlands. Sie kennen sie sicher aus der Krimi-Serie „Rosa Roth“, als Konsulin Bethsy in den „Buddenbrooks“ oder als Bertha Krupp in „Krupp – eine deutsche Familie“. Unvergessen auch ihre Auftritte in der Comedy-Serie „Sketchup“ an der Seite eines weiteren großen Künstlers aus Nordrhein-Westfalen, Diether Krebs – mal komisch, mal schrullig und auch mal mit viel Mut zur Hässlichkeit. Das war in den 80er und 90er Jahren.
Liebe Iris Berben, die Maskenbildnerinnen und Maskenbildner hatten sicher ihre liebe Mühe, ausgerechnet Sie so zu entstellen, wie wir Sie aus manchen Sketchen kennen. Und ich füge hinzu: Das wäre auch heute eine nahezu unlösbare Aufgabe. Aber heute geht es weniger um die großartige Schauspielkunst von Iris Berben.
Heute geht es um ihr beeindruckendes gesellschaftliches Engagement. Seit vielen Jahren kämpft Iris Berben gegen Antisemitismus und Rassismus und engagiert sich an vielen Stellen unermüdlich für eine weltoffene, solidarische und respektvolle Gesellschaft. So unterstützt sie zum Beispiel den Verein „Gesicht Zeigen! Für ein weltoffenes Deutschland“ bereits seit seiner Gründung vor 20 Jahren, zuletzt am 7. Juni bei einem Konzert aus Anlass des 15-jährigen Bestehens des Holocaust-Denkmals in Berlin. Mit „Gesicht Zeigen!“ kämpft sie gegen Rassismus, Antisemitismus, Fremdenfeindlichkeit und rechte Gewalt. Im Rahmen der ‚Internationalen Wochen gegen Rassismus‘ besucht Iris Berben regelmäßig Schulen, um mit den Schülerinnen und Schülern über diese Themen zu diskutieren.
Iris Berben ist es wichtig, „Gesicht Zeigen!“ in der Öffentlichkeit zu präsentieren und zu stärken – und selber Gesicht zu zeigen, was ihr nicht immer Applaus einbringt. Das hält sie aus. Als Präsidentin der „Deutschen Filmakademie“ – das war Iris Berben von 2010 bis 2019 – setzt sie sich dafür ein, die Werke von Künstlerinnen und Künstlern zu schützen. Vehement verteidigt sie die Film-, Kunst-, Presse- und Meinungsfreiheit.
In ihrem Amt initiiert Iris Berben unter anderem das Projekt „Mix It“, bei dem Jugendliche mit und ohne Fluchtgeschichte zusammen Kurzfilme drehen. Ihr Anliegen dabei ist, dass durch die intensive gemeinsame Arbeit Brücken zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunft gebaut werden und Vertrauen geschaffen wird. In ihrer Eigenschaft als Kuratoriumsmitglied unterstützte Iris Berben außerdem über zwölf Jahre lang die „Deutsche AIDS-Stiftung“.
Intensiv rief sie zu Spenden für die Stiftung auf – und auch dank ihrer Bemühungen konnten so im Laufe der Jahre Spendengelder von mehreren hunderttausend Euro akquiriert werden. Iris Berben informierte pressewirksam über die Aktivitäten der Stiftung. Durch ihr öffentliches und solidarisches Eintreten für die Belange von Menschen mit HIV und AIDS hat sie dazu beigetragen, den Blick auf dieses oft verdrängte Thema zu lenken. Immer wieder appellierte sie dafür, Betroffene nicht aus dem gesellschaftlichen Leben auszugrenzen.
Iris Berben ist also nicht nur eine ‚Grande Dame‘ des deutschen Films, sondern ebenso eine kraftvolle Stimme der Gesellschaft. Wann und wo immer Haltung gefragt ist, ist sie zur Stelle. Sie bekennt Farbe – denn Zivil-Courage ist für sie ein unbedingtes Muss. Liebe Iris Berben, Sie sind eine vielbeschäftigte Künstlerin – und ich weiß wirklich nicht, wo Sie die Zeit für Ihren ehrenamtlichen Einsatz hernehmen.
Ich habe große Hochachtung vor Ihrem vielfältigen Engagement und überreiche Ihnen dafür heute gerne den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.
Samy Charchira aus Düsseldorf
Es ist eine unbestrittene Tatsache, dass Deutschland nicht erst seit 2015, sondern seit gut 200 Jahren ein Einwanderungsland ist. Das gilt ganz besonders für Nordrhein-Westfalen, seitdem die ersten Einwanderer ins Ruhrgebiet kamen. Darauf sind wir stolz.
Der gebürtige Marokkaner Samy Charchira kam als Jugendlicher nach Düsseldorf. Heute gilt der Sozialpädagoge, der am Institut für Islamische Theologie an der Universität Osnabrück arbeitet, als ausgewiesener Islam-Experte.
Samy Charchira ist die treibende Kraft des Vereins „Zukunftsforum Islam“. Immer mehr entwickelt sich der Verein zu einer Institution aus muslimischen und nichtmuslimischen Intellektuellen, die über Integration, Religion und Gesellschaft diskutieren.
Seit den 1990er Jahren engagiert sich Samy Charchira im Deutschen Paritätischen Wohlfahrtsverband – davon vier Jahre im Vorstand des nordrhein-westfälischen Verbandes. Außerdem ist er Sachverständiger für islamische Wohlfahrt bei der Deutschen Islamkonferenz. Hier war er zeitweilig auch externer Berater zum Thema „Wohlfahrtspflege für Muslime“.
Der Bedarf ist groß: In einem Land wie dem unseren, in dem die sogenannten „Gastarbeiter“ der ersten Generation längst das Seniorenalter erreicht haben, ist zum Beispiel eine Altenpflege notwendig, die auf die religiösen und kulturellen Bedürfnisse dieser Menschen Rücksicht nimmt.
Eine andere gewaltige Herausforderung, der sich Samy Charchira früh stellt, ist die Radikalisierung von jungen Muslimen. Zusammen mit anderen gründet er das Präventionsprojekt „Düsseldorfer Wegweiser“, eines der ersten Projekte gegen gewaltbereiten Salafismus in Deutschland. Durch gezielte Sozialarbeit soll die Radikalisierung von Jugendlichen oder jungen Erwachsenen bereits in den Anfängen verhindert werden, zum Beispiel durch die Beratung von Angehörigen oder anderen Personen, die das Abdriften in religiösen Extremismus an jungen Menschen bemerken. Ein weiteres Phänomen, dem sich Samy Charchira widmet, ist der Islamismus im Internet. Mit immer perfideren Methoden versuchen extremistische Gruppierungen, im Internet Jugendliche für ihre Ideologien zu gewinnen. Samy Charchira leistet hier wichtige Aufklärungsarbeit.
Lieber Samy Charchira, Sie haben sich dem Dialog zwischen Muslimen und Nicht-Muslimen verschrieben, und das mit sichtbarem Erfolg. Den vielfältigen und sehr ernst zu nehmenden Spannungen, die sich zwischen Kulturen oder Religionen ergeben können, begegnen Sie pragmatisch und mit konkreten Lösungen.
So tragen Sie dazu bei, dass aus dem Nebeneinander von Menschen verschiedener Herkunft und unterschiedlichen Glaubens ein Miteinander von Menschen werden kann, die in Nordrhein-Westfalen ihre Heimat haben, ob es nun Zugewanderte sind oder Einheimische. So, wie es bei uns gute Tradition ist. Dafür möchte ich Ihnen heute einen herzlichen Dank aussprechen und den Verdienstorden unseres Landes überreichen.
Dr. Carolin Emcke aus Berlin
Seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie auch in Deutschland stellen sich viele Fragen: Wie geht es wirtschaftlich weiter, wie gesellschaftlich und wie kulturell? Schon davor gab es sehr grundsätzliche Debatten darüber, wie stark unsere Gesellschaft ist und wie gerecht, darüber, was wir tun können und tun müssen gegen eine Spaltung unserer Gesellschaft, gegen Angriffe auf unsere Demokratie, auf die Menschenwürde und sogar auf Menschenleben. Eine mutige, streitbare und vielfach ausgezeichnete Publizistin, die sich mit diesen und anderen Themen schon sehr lange beschäftigt, ist heute unter uns: Carolin Emcke. Geboren in Mülheim an der Ruhr, aufgewachsen in Wuppertal und Hamburg, studiert die Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes in Frankfurt am Main, in London und Cambridge Philosophie, Politik und Geschichte und promoviert.
Zwischen 1998 und 2006 berichtet sie für den „SPIEGEL“ aus Krisengebieten dieser Welt, etwa aus Afghanistan, dem Libanon und dem Irak; anschließend arbeitet sie als Autorin und internationale Reporterin für die „ZEIT“ unter anderem in Israel, Pakistan, Ägypten und den USA. Seit sechs Jahren ist sie freie Publizistin und schreibt zum Beispiel Kolumnen für die spanische Tageszeitung „El Pais“ oder die „Süddeutsche Zeitung“.
In den vergangenen 15 Jahren ist Carolin Emcke einem wachsenden Publikum als Dozentin, Moderatorin, Kuratorin und natürlich als vielfach ausgezeichnete Autorin zahlreicher Bücher bekannt geworden. Ihren ersten Preis erhält sie bereits 2005 von der Friedrich-Ebert-Stiftung in der Kategorie „Politisches Buch“, zuletzt in diesem Jahr den Carl-von-Ossietzky-Preis für Zeitgeschichte und Politik. Herausragende Ehrungen sind zum Beispiel der „Theodor-Wolff-Preis“ und 2016 der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, den sie in ihren eigenen Worten mit einem „glücklichen Staunen“ entgegennahm.
Ihre viel beachtete, an manchen Stellen sehr persönliche und emotionale Dankesrede bleibt ein leidenschaftliches Plädoyer für eine Gesellschaft, in der Vielfalt eine Selbstverständlichkeit ist. Für eine Gesellschaft, für ein friedliches Zusammenleben, das wir gegen Hasser und Hetzer, Vereinfacher und Populisten verteidigen müssen.
Ich zitiere: „Wir dürfen uns nicht wehrlos und sprachlos machen lassen. Wir können sprechen und handeln. Wir können die Verantwortung auf uns nehmen. Und das heißt: Wir können sprechend und handelnd eingreifen in diese sich zunehmend verrohende Welt“. Sehr geehrte Damen und Herren, wir alle sind aufgerufen, jeden Angriff auf Menschenwürde und Menschlichkeit abzuwehren, mit Haltung und „lachendem Mut“, so Carolin Emcke. Und mit der Macht und der Kraft der Sprache.
Carolin Emcke bedient sich dieser Kraft, sehr engagiert, sehr selbstbewusst, sehr pointiert und vor allem: mit großer Wirkung. Dass sie dabei vor keiner Auseinandersetzung zurückscheut, zeigt zum Beispiel die Reihe „Streitraum“ an der Schaubühne Berlin, die von ihr seit 15 Jahren kuratiert und moderiert wird. Liebe Carolin Emcke, als Anerkennung und Dank für Ihr leidenschaftliches Engagement für eine selbstbewusste und mutige, vielfältige und weltoffene Gesellschaft verleihe ich Ihnen heute den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.
Wolfram Kons aus Neuss
Die meisten von Ihnen werden Wolfram Kons aus dem RTL-Frühstücksfernsehen kennen: Punkt 6.00 Uhr beginnt er mit der Moderation der Sendung „Guten Morgen Deutschland“ – an fünf Tagen in der Woche. Seit knapp drei Jahrzehnten ist Wolfram Kons der Anchorman des RTL-Morgenmagazins – ein Vollblutjournalist mit hoher fachlicher und persönlicher Kompetenz.
Seit 1996 moderiert Wolfram Kons zudem den alljährlich stattfindenden 24-stündigen RTL-Spendenmarathon. Das Konzept dieses in der TV-Landschaft Deutschlands einmaligen Events hat er maßgeblich mit entwickelt. Ihm gelingt es, die Zuschauerinnen und Zuschauer emotional zu berühren und zu Spenden zu motivieren.
Der großartige Erfolg kann sich sehen lassen: Über 170 Millionen Euro an Spendengeldern kamen bisher zusammen, mit denen vor allem zahlreiche Kinderhilfsprojekte in Deutschland und der Welt unterstützt werden. Nennen kann ich heute leider nur einige dieser Projekte. Viele von ihnen gibt es hier in Nordrhein-Westfalen: Das ist zum Beispiel der „Kalker Kindermittagstisch“ in Köln, der „Freundeskreis Kinderpalliativzentrum Datteln“ und der Verein „Sternschnuppen für behinderte Kinder“ in Köln. Und als Beispiele aus aller Welt seien das „Therapiezentrum der Kindernothilfe“ in Peru sowie das Projekt „Hilfe für Mädchen mit Gewalterfahrung“ in Mexiko genannt.
Im Jahr 1997 gehört Wolfram Kons zu den Gründungsmitgliedern der „Stiftung RTL – Wir helfen Kindern“. Er setzt wichtige Impulse für die inhaltliche Ausgestaltung der Vereinssatzung und prägt diese entscheidend mit. Von Beginn an ist Wolfram Kons für die karitative Stiftung ehrenamtlich als Vorstandsmitglied tätig und federführend für die Koordination der umfangreichen Benefizaktivitäten zuständig. So ist er unter anderem für die Akquise der zahlreichen prominenten Unterstützer und Projektpartner verantwortlich.
Und: Wolfram Kons engagiert sich nicht nur vom Rheinland aus für „seine“ Stiftung. Geeignete Kinderhilfsprojekte besucht er persönlich, um sich vor Ort ein konkretes Bild der Situation zu machen. Hierbei ist es ihm wichtig, mit den Kindern, den Familien und den Projektbetreuen zu sprechen – auch, um dem Team und allen Beteiligten die Arbeit zu erleichtern, wo immer es möglich ist.
Tausenden Kindern aus aller Welt und – wie bereits erwähnt – auch aus Nordrhein-Westfalen konnten mit der Hilfe von Wolfram Kons neue Zukunftschancen eröffnet werden. Dank Wolfram Kons haben sie heute ein besseres Leben.
Für ihn stehen immer die Mitmenschen im Mittelpunkt, die kleinen und die großen. Lieber Wolfram Kons – heute stehen Sie selbst einmal im Mittelpunkt. Mit großem Dank für Ihren Einsatz für die Menschen, die oft am Rande der Gesellschaft stehen, überreiche ich Ihnen den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.
Klaus Kuhlmann aus Voerde
Verglichen mit König Fußball gehört der Kanu-Sport in Deutschland eher zu den Randsportarten. Und das, obwohl im Kanu-Sport und beim Rudern bei Olympischen Spielen oft die meisten Medaillen für das deutsche Team errungen werden. Und dann fragen sich manche, wie solche Erfolge möglich sind.
Möglich machen sie Menschen wie Klaus Kuhlmann. Ihn einen Kanuten aus Leidenschaft zu nennen, ist sicherlich eine Untertreibung. Bei Klaus Kuhlmann begann alles vor mehr als 40 Jahren beim Kanu-Club Friedrichsfeld in Voerde. Dort wird er Jugendwart und leitet viele Jahre lang die Freizeit- und Jugendarbeit. Unter seiner Ägide werden in seinem Verein mehr Mitspracherechte für junge Menschen im Kanu-Sport eingeführt. Andere Kanu-Clubs folgen diesem Beispiel.
Entscheidend ist für Klaus Kuhlmann: Kinder und Jugendliche sollen einen Ort haben, an dem sie sich wohlfühlen und Gemeinschaft erleben. Auch das ist eine erfolgversprechende Form der Nachwuchsförderung und der Nachwuchssicherung für einen Verein – und zur Nachahmung empfohlen. Aber auch im Kanu-Sport ist es der Erfolg im Wettkampf, der zählt. Und doch sollen bei allem sportlichen Ehrgeiz Spaß und Spiel nicht zu kurz kommen. Das versteht Klaus Kuhlmann unter gelungener Jugendarbeit. Die Begeisterung der Kinder und Jugendlichen gibt ihm Recht.
In den 1990er Jahren wird Klaus Kuhlmann Schatzmeister im Kanu-Regatta-Verein in Duisburg. Dank seiner jahrelangen Erfahrung wird er auch Kampfrichter im Kanu-Rennsport – erst auf regionaler und später dann auf Landesebene. Er übernimmt den Posten des Bezirksleiters Niederrhein des Kanu-Verbandes Nordrhein-Westfalen.
Bei Landesmeisterschaften und den Deutschen Meisterschaften im Kanu-Rennsport ist er verantwortlicher Regattaleiter. Zwischen 1987 und 2013 gehört er mehrmals zur Organisationsleitung bei Kanu-Weltmeisterschaften oder anderen herausragenden Wassersportveranstaltungen in Duisburg. So hat der Ehrenvorsitzende des Bezirks Niederrhein des Kanu-Verbandes Nordrhein-Westfalen schon früh gezeigt, dass unser Land der richtige Ort für internationale Sport-Großereignisse ist.
Lieber Klaus Kuhlmann, der Kanu-Sport hat Ihnen viel zu verdanken – nicht nur in Nordrhein-Westfalen, sondern in Deutschland und sogar weltweit. Dafür wurden Sie bereits vielfach ausgezeichnet. Auf jede dieser Auszeichnungen können Sie stolz sein.
Auch wir haben Ihnen viel zu verdanken. Denn Sie haben über Jahrzehnte hinweg dazu beigetragen, dass Nordrhein-Westfalen das Sportland Nummer 1 in Deutschland ist. Als Dank und Anerkennung für Ihr langjähriges, erfolgreiches Wirken überreiche ich Ihnen heute den Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen.
Professor Dr. Miriam Meckel aus Düsseldorf
Miriam Meckel ist eine außergewöhnliche Frau, die in der ganzen Welt zuhause ist – in der realen, in der analogen und in der digitalen. Sie studiert Publizistik und Kommunikationswissenschaft, Sinologie, Politikwissenschaft und Jura. 1994 promoviert Miriam Meckel in Münster. Bereits fünf Jahre später übernimmt sie die Professur für Kommunikationswissenschaft an der Universität Münster und wird dort Geschäftsführerin des Instituts für Kommunikationswissenschaft. Damit war sie die jüngste ordentliche Professorin in Deutschland. Und ganz bestimmt die einzige, die zugleich als Autorin, Journalistin, Moderatorin und Reporterin arbeitet.
2001 wird Miriam Meckel Regierungssprecherin in Nordrhein-Westfalen und anschließend Staatssekretärin für Europa, Internationales und Medien. Nicht in diesem schönen Gebäude, sondern 500 Meter weiter im Stadttor.
Vier Jahre später folgt sie einem Ruf an die Universität St. Gallen und wird Professorin für Corporate Communication und Direktorin am dortigen Institut für Medien- und Kommunikationsmanagement. Doch schon bald wird ihr die Welt der Wissenschaft zu klein. Als erste Frau wird Miriam Meckel 2014 Chefredakteurin und drei Jahre später Herausgeberin der „WirtschaftsWoche“.Das Leben auf der Überholspur hat aber auch seinen Preis. Die Diagnose lautet „Burn-out“.
Nicht erst seitdem setzt sich Miriam Meckel kritisch – auch selbstkritisch – mit der ständigen Verfügbarkeit im digitalen Zeitalter auseinander. Dabei weiß sie ganz genau, welche Chancen der digitale Wandel bietet. Wenn es um technologischen Fortschritt, um die Gestaltung der digitalen Wirtschaft und um die Möglichkeiten und Risiken künstlicher Intelligenz geht, ist Miriam Meckel eine gefragte Expertin.
Und außerdem ist sie Gründungsverlegerin des Magazins „ada“, benannt nach Ada Lovelace, der ersten Programmiererin überhaupt. Dass Miriam Meckel dennoch Zeit findet, sich ehrenamtlich zu engagieren, ehrt sie besonders: Im Hospiz am Evangelischen Krankenhaus in Düsseldorf unterstützt sie das dortige Team, das sterbenskranke Menschen auf ihrem letzten Weg begleitet.
Liebe Miriam Meckel, als Lebensmotto sollen Sie angeblich einmal angegeben haben: „Lieber bereuen, etwas getan zu haben, als bereuen, etwas nicht getan zu haben." Das passt! Vor allem viele junge Frauen, ob in der Wissenschaft oder in der Publizistik, haben Sie durch Ihr Vorbild ermutigt, ihren eigenen Weg zu gehen. Und ihnen den Weg geebnet.
Als Anerkennung für Ihr vielfältiges Engagement in und für Nordrhein-Westfalen verleihe ich Ihnen heute den Verdienstorden unseres Landes.
Pfarrer Franz Meurer aus Köln
„Nix is esu schläch, dat et nit für jet jot es“ – das ist das Motto von Pfarrer Franz Meurer. Für die Nicht-Kölner heißt das übersetzt: „Nichts ist so schlecht, dass es nicht für irgendetwas gut ist“. Bei seiner Priesterweihe im Jahr 1978 verspricht Franz Meurer, sich um die Armen zu kümmern – ein Versprechen, dem er bis heute unerschütterlich treu geblieben ist. Seit 28 Jahren ist er Pfarrer der Kirchengemeinde St. Theodor und St. Elisabeth in den Kölner Stadtteilen Vingst und Höhenberg, wo in den 1960er Jahren insbesondere die sogenannten „Gastarbeiter“ ein neues Zuhause fanden. Menschen mit Zuwanderungsgeschichte prägen diese Stadtteile bis heute. Eine Zeitschrift („Stern“) titelte einmal: „Ein sozialer Brennpunkt – und seit Meurers Schaffen auch ein Hort der Nächstenliebe“. Das trifft den Nagel auf den Kopf.
Pfarrer Meurer heißt alle und jeden in seiner Gemeinde willkommen – egal, welcher Religion jemand angehört, egal ob gebildet oder sozial benachteiligt. Und gerade für die sozial schwachen Gemeindemitglieder kämpft er für bessere Lebensbedingungen, für Toleranz und Integration. Beim Neubau der Pfarrkirche St. Theodor sorgt Franz Meurer zum Beispiel dafür, dass im Sockelgeschoss der Kirche eine Gemeindewerkstatt, eine Schreinerei, eine Kleiderkammer und eine Lebensmittelausgabe eingerichtet werden. In der Werkstatt werden unter anderem alte Fahrräder repariert und kostenlos an Menschen weitergegeben, die sich kein Fahrrad leisten können.
Als Drogenprobleme im Viertel aufkommen, richtet er im Kirchturm eine Drogenberatung ein und lässt einen Spritzenautomaten anbringen, dem sterile Spritzen entnommen werden können.
Und jeden Sonntag werden nach der Messe Bedürftige kostenlos bewirtet.
Um auch Kindern aus finanziell schwachen Familien Ferienfreizeiten zu ermöglichen, gründet Franz Meurer gemeinsam mit der evangelischen Kirchengemeinde das „HöVi-Land“ in Köln-Vingst. Mit viel Unterstützung von zahlreichen ehrenamtlich Engagierten wird hier eine Zeltstadt aufgebaut, in der jährlich mehrere hundert Kinder einen Teil ihrer Sommerferien verbringen können. Die Kinder werden von Gruppenleiterinnen und Gruppenleitern pädagogisch betreut, es gibt kreative Work-Shops, gemeinsamen Gesang, Musik und manchen tollen Ausflug. Die Kinder erhalten drei Mahlzeiten am Tag – für sie alles andere als Alltag.
Wenn ich richtig informiert bin, dann findet das „HöVi-Land“ in diesem Jahr zwar in abgespeckter Form statt, aber es findet statt, und zwar seit Montag. Denn Franz Meurer ist es gerade auch während der aktuellen Corona-Krise wichtig, berufstätige Alleinerziehende und bedürftige Eltern mit diesem Freizeitangebot für ihre Kinder zu unterstützen.
Pfarrer Meurer sorgt auch mit teils unkonventionellen Aktionen für Aufmerksamkeit: So bepflanzte er mit seiner Gemeinde zum Beispiel 1.000 Blumenbeete nach dem Motto: „Wo es arm ist, soll es nicht arm aussehen“.
Lieber Franz Meurer, sehen Sie mir nach, wenn ich das eine oder andere Verdienst nicht erwähnt habe. Aber Ihr Engagement ist so vielfältig, dass ich gar nicht alles aufzählen kann. Zu Recht werden Sie als „Sozialpfarrer“ betitelt. Sie kümmern sich in Ihrer Gemeinde einfach um alles – und schaffen es, zahlreiche Menschen zu motivieren, Sie bei Ihrem Tun zu unterstützen.
Es ist mir eine große Freude, Sie heute mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen auszuzeichnen. Ich weiß, dass sich ganz viele Menschen – und nicht nur Kölnerinnen und Kölner – mit Ihnen freuen werden.
Dieter Philipp aus Aachen
Dieter Philipp ist ein Meister seines Faches, des Malerhandwerks. Als sich der Vater aus dem Aachener Familienbetrieb zurückzieht, übernimmt er gemeinsam mit seinem Bruder Karl die Geschäfte. Schon in jungen Jahren trägt er also große Verantwortung, und dieses Verantwortungsbewusstsein prägt auch seinen weiteren Lebensweg. Gemeinsinn kommt noch hinzu.
Gleich nach seiner Meisterprüfung engagiert er sich ehrenamtlich in der Innung der Maler und Lackierer. Mitte der 1980er Jahre wird er stellvertretender Vorsitzender und 1994 Präsident der Handwerkskammer Aachen, ein Jahr später stellvertretender Vorsitzender des Westdeutschen Handwerkskammertages.
Bald ist sein Engagement nicht mehr nur auf Nordrhein-Westfalen begrenzt. Bundes- und sogar europaweit wird Dieter Philipp zu einem herausragenden Repräsentanten des deutschen Handwerks.
Mehr als zehn Jahre gehört er dem Präsidium des Zentralverbands des Deutschen Handwerks an – allein sieben Jahre steht er als Präsident an dessen Spitze. Damit übt er das höchste Ehrenamt des deutschen Handwerks aus und vertritt die Interessen von unzähligen Betrieben in Deutschland mit mehreren Millionen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern.
Nach dem Motto „Nichts ist so gut, als dass es nicht noch besser werden könnte“ setzt er sich und anderen klare Ziele, zum Beispiel die Verbesserung der Qualität in der Ausbildung. Für ihn ist der Handwerksberuf schließlich nicht nur eine Tätigkeit zur Sicherung des Lebensunterhalts, sondern eine Berufung, die eine jahrhundertealte Tradition hat und fest in der Gesellschaft verwurzelt ist. Dieter Philipp möchte dazu beitragen, dass das Handwerk von der Gesellschaft trotz Baumarktschwemme und Do-it-yourself-Welle wertgeschätzt wird.
Die Bedeutung des Handwerks für Mittelstand und unsere Wirtschaft insgesamt macht er immer wieder überzeugend deutlich. Und auch die Nachwuchswerbung gehört zu seinen Prioritäten. Er erkennt, dass seine Branche einen wichtigen Beitrag zum Zusammenhalt unserer Gesellschaft leisten kann und plädiert dafür, Menschen mit Zuwanderungsgeschichte durch das Erlernen eines Handwerksberufes zu integrieren. So lässt sich auch der Fachkräftebedarf des Handwerks sicherstellen.
Und hier kommen wir vom Handwerker zum Netzwerker, zum Kommunalpolitiker Dieter Philipp. 24 Jahre ist er Ratsherr im Rat der Stadt Aachen und von 1989 bis 1994 sogar ehrenamtlicher Bürgermeister. Seit mittlerweile über 40 Jahren ist er Mitglied im Direktorium der Gesellschaft für die Verleihung des Internationalen Karlspreises zu Aachen.
Für sein langjähriges und vor allem vielfältiges ehrenamtliches Engagement ist Dieter Philipp mehrfach ausgezeichnet worden. Vor wenigen Wochen erst wurde er zum Ehrenpräsidenten der Handwerkskammer Aachen ernannt, deren Präsident er länger als ein Vierteljahrhundert war. Dazu auch heute meinen herzlichen Glückwunsch!
Lieber Dieter Philipp, Handwerker, Unternehmer, Ehrenamtler, Netzwerker, Politiker und Ehrenpräsident: Sie haben sich viele Jahre lang in den Dienst des Handwerks in Nordrhein-Westfalen gestellt und sich darüber hinaus mit großem Erfolg für das Handwerk in ganz Deutschland eingesetzt. Ich freue mich, Sie dafür mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen auszuzeichnen.
Professor Dr. Harald zur Hausen aus Wald-Michelbach
Geboren mitten im Ruhrgebiet, in Gelsenkirchen, wird Harald zur Hausen in seinem weiteren Leben Erfolge erzielen, die ihm weit über Landes- und Bundesgrenzen hinaus internationale Anerkennung einbringen.
Aber der Reihe nach. Hier in Düsseldorf, dann in Bonn und Hamburg, studiert Harald zur Hausen in den 50er Jahren Medizin. Vor genau 60 Jahren promoviert er in unserer Landeshauptstadt. Nach fünf Jahren als Assistent am Institut für medizinische Mikrobiologie an der Medizinischen Akademie Düsseldorf zieht es den jungen Mediziner zunächst in die USA: an die Virus Laboratories des Children’s Hospital of Philadelphia und dann als Assistant Professor an die University of Pennsylvania.
Nach seiner Habilitation an der Justus-Maximilians-Universität Würzburg wird Harald zur Hausen 1972 auf den neuen Lehrstuhl für Klinische Virologie an der Universität Erlangen-Nürnberg berufen. Zu einer Zeit also, als Virologen noch keine solchen Berühmtheiten waren wie heute. Er aber hat früh einen hervorragenden Ruf. Nur fünf Jahre später übernimmt er an der Universität Freiburg die Professur für Virologie und Hygiene. Von hier aus forscht Harald zur Hausen über 40 Jahre lang höchst erfolgreich gegen den Krebs in all seinen Erscheinungsformen.
Über 20 Jahre hinweg entwickelt Harald zur Hausen als Vorstandsvorsitzender das Deutsche Krebsforschungszentrum in Heidelberg zu einem der besten und leistungsfähigsten medizinischen Forschungsinstitute weltweit.
Die Krönung seiner Lebensleistung ist zweifellos die Verleihung des Nobelpreises für Medizin im Jahr 2008.
Denn ihm gelingt es, einen Impfstoff gegen jene Viren zu entwickeln, die Gebärmutterhals-Krebs auslösen. Ihrem Einsatz, lieber Harald zur Hausen, ist es zu verdanken, dass heutzutage vorbeugende Impfungen insbesondere schon bei Mädchen und jungen Frauen vorgenommen werden, um sie vor Gebärmutterhals-Krebs zu schützen.
Diese Impfung rettet Leben. Und zwar nicht nur in der westlichen Welt, sondern ebenso in den sogenannten Entwicklungsländern. Das hat viel damit zu tun, dass Harald zur Hausen sich beharrlich dafür eingesetzt hat, diese Impfungen so kostengünstig wie möglich und so auch dort verfügbar zu machen. Und so ist auch sein Engagement für den afrikanischen Kontinent vorbildlich.
Sie, lieber Harald zur Hausen, haben immer auch den wissenschaftlichen Nachwuchs gefördert und jungen talentierten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern mit Rat und Tat zur Seite gestanden. Auch dafür möchte ich Ihnen ausdrücklich danken. Ganz besonders seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie wissen auch wissenschaftliche Laien, wie überlebenswichtig die medizinische Forschung für uns alle ist.
Und darum ist der Nobelpreisträger Harald zur Hausen trotz seines ehrwürdigen Alters von 84 Jahren nicht im wohlverdienten Ruhestand. Bis heute – ja, Sie haben richtig gehört: bis heute! – forscht er am Deutschen Krebsforchungszentrum in Heidelberg und kämpft dort weiter unermüdlich gegen den Krebs. Sehr verehrter Harald zur Hausen, es ist mir eine besondere Ehre, Ihre Verdienste mit dem Verdienstorden des Landes Nordrhein-Westfalen zu würdigen.
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