Umweltministerium legt Bericht zum möglichen Zusammenhang zwischen Krebserkrankungen und dem ehemaligen Reaktor THTR Hamm vor
Eine aktuelle Auswertung im Auftrag des NRW-Umweltministeriums sieht derzeit keinen Einfluss durch den ehemaligen Atomreaktor THTR Hamm auf Krebserkrankungen in der umliegenden Bevölkerung. Dies belegt ein Bericht des Epidemiologischen Krebsregisters NRW, der die Raten der Krebserkrankungen der Bevölkerung untersucht hat. Es wurden dazu die Krebshäufigkeiten der umliegenden Kommunen Hamm, Beckum, Ahlen, Lippetal und Welver analysiert. „Die Menschen, die in der Nähe des ehemaligen Atom-Reaktors leben, brauchen Sicherheit, dass sie keinen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt sind, denn ihre gesundheitliche Unversehrtheit hat oberste Priorität“, erklärte der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel bei der Vorlage des Berichts des Epidemiologischen Krebsregisters NRW in Düsseldorf. Allerdings wirft der Bericht auch eine offene Frage auf, der die Landesregierung nun mit Nachdruck nachgehen wird.
Auswertung des Epidemiologischen Krebsregisters NRW sieht keinen Einfluss auf Krebserkrankungen in der umliegenden Bevölkerung
Das Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz teilt mit:
Eine aktuelle Auswertung im Auftrag des NRW-Umweltministeriums sieht derzeit keinen Einfluss durch den ehemaligen Atomreaktor THTR Hamm auf Krebserkrankungen in der umliegenden Bevölkerung. Dies belegt ein Bericht des Epidemiologischen Krebsregisters NRW, der die Raten der Krebserkrankungen der Bevölkerung untersucht hat. Es wurden dazu die Krebshäufigkeiten der umliegenden Kommunen Hamm, Beckum, Ahlen, Lippetal und Welver analysiert. „Die Menschen, die in der Nähe des ehemaligen Atom-Reaktors leben, brauchen Sicherheit, dass sie keinen gesundheitlichen Gefahren ausgesetzt sind, denn ihre gesundheitliche Unversehrtheit hat oberste Priorität“, erklärte der nordrhein-westfälische Umweltminister Johannes Remmel bei der Vorlage des Berichts des Epidemiologischen Krebsregisters NRW in Düsseldorf. Allerdings wirft der Bericht auch eine offene Frage auf, der die Landesregierung nun mit Nachdruck nachgehen wird. Das Krebsregister NRW hat hier eine Auffälligkeit bei Erkrankungen an Schilddrüsenkrebs festgestellt. Hier wurde eine statistisch signifikant erhöhte Rate für Schilddrüsenkrebs bei Frauen in den Jahren 2008 bis 2010 festgestellt.
Hintergrund des Berichts waren vermehrte Anfragen von Bürgerinnen und Bürger aus der Region. Das Ministerium hat deshalb vorsorglich auf die Sorgen der Menschen vor Ort reagiert und eine Auswertung durch das Epidemiologische Krebsregister NRW beauftragt. Die Ergebnisse der statistischen Auswertung liegen nun aktuell vor.
Der stillgelegte Reaktor in Hamm-Uentrop war zuletzt wegen des Verdachts in den Fokus geraten, dass radioaktive PAC-Kügelchen aus dem Reaktor in die Umwelt gelangt waren. Dies bestätigte sich allerdings nicht. Bei den gefundenen Kügelchen handelte es sich nach derzeitigem Stand um kugelförmige Bestandteile von Düngemitteln, die Konverterkalk enthalten. Zudem hatte sich 1986 innerhalb des THTR ein Zwischenfall ereignet, bei dem Radioaktivität frei gesetzt wurde. Um hinsichtlich der Diskussion um vermutete Krebshäufungen Klarheit zu schaffen, wurden in der aktuellen Auswertung ausgewählte Krebserkrankungen der Bevölkerung aus den Jahren 2008 bis 2010 mit denen eines Referenzgebietes verglichen. Aktuellere Daten liegen derzeit noch nicht vor.
Die wichtigsten Ergebnisse der Analyse:
- Für Krebs der Speiseröhre, des Darms, der Lunge und Bronchien, der Brust, des Eierstocks sowie die myeloischen und akut lymphatischen Leukämien zeigen die Untersuchungsregion Hamm und die umliegenden Gemeinden Ahlen, Beckum, Lippetal und Welver keine auffälligen Häufungen im Vergleich zur Referenzregion Kreis Recklinghausen.
- Das Krebsregister NRW hat allerdings eine Auffälligkeit bei Erkrankungen an Schilddrüsenkrebs festgestellt. Hier wurde eine statistisch signifikant erhöhte Rate für Schilddrüsenkrebs bei Frauen in den Jahren 2008 bis 2010 festgestellt. Nach den Ergebnissen beträgt die standardisierte Inzidenz-Rate für Schilddrüsenkrebs bei Frauen in der Untersuchungsregion in den Jahren 2008 und 2010 1.64. Gemäß dem Bericht des Krebsregisters kann dies als ein um 64 Prozent erhöhtes Risiko interpretiert werden an Schilddrüsenkrebs zu erkranken. Dies gilt nur im Vergleich zur ausgewählten Referenzregion.
- Allerdings weist die Art der beobachteten Schilddrüsentumore die Auffälligkeit auf, dass sie in eine frühen Stadium erkannt (kleine Tumore) und gemeldet wurden. Das Krebsregister beschreibt daher als mögliche Ursache der beobachteten Erhöhungen der Raten an Schilddrüsenkrebs regional intensive Aktivitäten zur Früherkennung von Schilddrüsenkarzinomen (intensives Screening).
- Eine Strahlenbelastung als Ursache, etwa durch den THTR Hamm, erscheint allerdings wenig wahrscheinlich, da keine Auffälligkeit bei Schilddrüsenkrebs der Männer gefunden wurde. Bei Strahlung als Ursache hätte es auch hier eine Krebshäufung geben müssen. Dies ist aber nicht der Fall. Zudem wurden keine Auffälligkeit bei Tumoren sich schnell teilender Zellverbände (blutbildendes System / Leukämien) gefunden, die typischerweise mit Strahlenexposition assoziiert sind.
Außerdem wäre, unter der Annahme einer Strahlenbelastung im Zusammenhang mit einem Ereignis beim THTR im Jahr 1986, zu erwarten, dass mögliche Effekte sich im Untersuchungszeitraum in einer erhöhten Zahl von Erkrankungsfällen in jüngeren gegenüber höheren Altersgruppen bemerkbar machen. Die altersspezifischen Analysen bestätigen diesen Verdacht jedoch nicht. Darüber hinaus zeigt die Auswertung des Krebsregisters anderer Regionen in NRW, welche nicht in der Nähe zu einem Reaktor liegen, ebenfalls ein erhöhtes Vorkommen von Schilddrüsenkrebs bei Frauen. Die Resultate in der Untersuchungsregion haben nach derzeitigem Stand des Wissens kein Alleinstellungsmerkmal.
Dennoch markiert die statistische Analyse eine Auffälligkeit, die die Landesregierung weiter untersuchen lassen wird. Wir wollen soweit wie möglich Klarheit bekommen und gehen dem deshalb weiter nach“, sagte Minister Remmel, „und haben die Frage an das Epidemiologische Krebsregister weitergegeben“. Darüber hinaus wollen wir auch Einschätzungen von entsprechenden Instituten auf Bundesebene einholen, um weitere Expertenmeinungen einzubeziehen. Die Erkrankungsraten für Schilddrüsenkrebs haben in den letzten Jahren in Deutschland sowie auch in anderen Ländern in Europa erheblich zugenommen. Dieser Trend ist bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern. Dies belegen Zahlen, die das Robert-Koch-Institut in seinen Jahresberichten darstellt.
Krebsregister sind Einrichtungen zur Erfassung, Speicherung und Interpretation von Informationen zu Krebserkrankungen und davon betroffenen Personen. Das Epidemiologische Krebsregister Nordrhein-Westfalen ist eine gemeinnützige GmbH. Die Aufgabe der gGmbH besteht in der Führung und Vorhaltung des Epidemiologischen Krebsregisters des Landes Nordrhein-Westfalen.
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