Schwerpunkte der Landesregierung im Bereich „Europa und Eine Welt“
Bericht der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen
an den Landtag für die 2. Sitzung des Ausschusses für Europa und Eine Welt
am Freitag, 28. September 2012
Bericht der Ministerin für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen an den Landtag für die 2. Sitzung des Ausschusses für Europa und Eine Welt
am Freitag, 28. September 2012
Sehr geehrter Herr Vorsitzender, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete,
Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hat in ihrer Regierungserklärung am 12. September deutlich gemacht, wie sehr unser Handeln heutzutage durch den europäischen und internationalen Rahmen vorgeprägt ist.
Wir sind als NRW ein wichtiger Akteur in Deutschland und unsere Stimme findet auch in Brüssel, Warschau und Paris Gehör. Dabei handeln wir als bedeutende und selbstbewusste Region in Europa, nicht jedoch als Nationalstaat. Wir führen eine eigene Europapolitik, aber keine eigenständige Außenpolitik.
Verantwortungsbewusstes Handeln in und für Europa war noch nie so wichtig wie jetzt. Die Wirtschafts- und Finanzkrise hat die Europäische Union in eine schwierige Lage gebracht, die selbst Pessimisten vor ein paar Jahren noch nicht für denkbar hielten. Nordrhein-Westfalen, das wie kaum eine andere Region in Europa von der europäischen Integration profitiert, muss seinen Beitrag zur Überwindung der Krise der EU leisten und sich für eine dauerhafte, nachhaltige Lösung der Probleme in der Wirtschafts- und Währungsunion einsetzen.
Die Lösung der Probleme besteht in mehr und nicht in weniger Europa, wie es die Ministerpräsidentin in ihrer Regierungserklärung gesagt hat. An diesem Grundsatz werde ich meine Europapolitik in den nächsten fünf Jahren ausrichten. Europäische Politik muss dabei auch immer demokratisch legitimiert sein. Daran wirken wir mit: Die in absehbarer Zeit anstehende Neufassung der Parlamentsinformationsvereinbarung wird einen Beitrag zur Stärkung der europapolitischen Handlungsfähigkeit des Landtages leisten. Ich lade Sie als gewählte Abgeordnete mit besonderer Verantwortung für die Europapolitik des Landes ein, sich gemeinsam mit mir dieser Aufgabe anzunehmen.
Europas Bedeutung für NRW
Nordrhein-Westfalen ist wie kein anderes Bundesland mit Europa verflochten. 20 % unserer gesamten Wirtschaftsleistung exportieren wir in die EU-Mitgliedstaaten. 64 % unserer Exporte entfallen auf die EU. Besonders eng sind die Beziehungen zu unseren beiden Nachbarländern Niederlande und Belgien, mit denen wir auf fast allen Gebieten der Landespolitik enge Beziehungen pflegen. In Nordrhein-Westfalen leben 1,9 Millionen Menschen mit nicht-deutscher Staatsbürgerschaft, viele weitere Zugewanderte haben die deutsche Staatsbürgerschaft angenommen. Sie halten oft enge Verbindungen zu ihren Heimatländern, bereichern unsere Kultur und wirken oft auch als Botschafter unseres Landes im Ausland.
Ich erwähne auch die Vielzahl ausländischer Unternehmen in Nordrhein-Westfalen, die vielen Menschen Arbeit hier bei uns geben und die Internationalität unseres Landes stärken.
Wir haben als Land deshalb nicht nur eine moralische und politische Verpflichtung, sondern auch ein konkretes Eigeninteresse an, einer guten Entwicklung der EU. Denn die Verunsicherung der Märkte, die Zurückhaltung bei Investitionen und Kaufentscheidungen und der Einbruch der Absätze im Export treffen die Unternehmen in Nordrhein-Westfalen unmittelbar, sie wirken sich aus auf den Arbeitsmarkt und bringen auch für das Individuum Zukunftsängste mit sich.
Dies zu sagen ist notwendig, gerade weil die jüngsten Umfrageergebnisse ein schwindendes Vertrauen der Öffentlichkeit in die EU und in ihre Vorzüge anzeigen. Unser Engagement für die Zukunft Europas und für die Lösung der Krise ist keine naive Begeisterung für alles Europäische aus reinem Idealismus. Wir engagieren uns vielmehr aufgrund eines realistischen, optimistischen Europabildes, das Eigeninteresse und Bewusstsein für historische Verantwortung vereint. Leitbild ist für uns dabei eine starke Region Nordrhein-Westfalen in einem demokratischen, sozialen und ökologischen, transparenten, handlungsfähigen, nachhaltigen und stabilen Europa.
Europäische Integration muss als Chance statt als Gefahr begriffen und vermittelt werden. Damit ist klar, dass wir für ein aktives Engagement in und für Europa eintreten – sowohl seitens der Landesregierung als auch bei den Bürgerinnen und Bürgern.
Europas Engagement in NRW
Die Erfahrung zeigt, dass die Bürgerinnen und Bürger mit der EU auch ganz deutlich die EU-Fördermittel verbinden. Die Unterstützung von Projekten vor Ort durch die EU schafft eine wichtige Verbindung zu den Menschen.
In NRW haben EU-Fördermittel einen wesentlichen Beitrag zur Bewältigung des strukturellen Wandels geleistet. Wir werden mit Blick auf die neue Förderperiode an dieser Stelle intensiv darauf drängen, dass sie auch in Zukunft in allen Regionen unseres Landes dazu beitragen, dass sich die jeweiligen Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche wirtschaftliche Entwicklung verbessern. Die Nutzung der EU-Gelder ist aber kein Selbstzweck. Diese ermöglichen uns, einen Beitrag zur Umsetzung der Europa2020-Strategie zu leisten, also zu intelligentem, nachhaltigem und integrativem Wachstum. Damit schafft die europäische Förderpolitik eine Verbindung zwischen Menschen in ganz Europa. Denn die EU-Förderung wird in der breiten Bevölkerung wahrgenommen.
Die EU-Förderung wird als positives Engagement der EU vor Ort wahrgenommen. Zugleich wird aber der bürokratische Aufwand skeptisch gesehen. Unser Ziel ist deshalb, den bürokratischen Aufwand zu reduzieren. Dazu gehört auch, dass Ressortegoismen überwunden werden müssen. Aus welcher Schatulle die Gelder fließen – sei es EFRE, ESF oder ELER – sollte nicht im Vordergrund stehen. Wichtig ist, was bei den Menschen ankommt und wie effektiv die Mittel eingesetzt werden. Deshalb tritt die Landesregierung für eine Förderpolitik aus einem Guss ein, die bei den Problemen und ihrer Lösung ansetzt. Zugleich haben wir es uns zur vorrangigen Aufgabe gemacht, den Zugang und Nutzen der EU-Gelder für Bürgerinnen und Bürger so einfach und effektiv wie möglich zu gestalten (Unternehmen und Nichtregierungsorganisationen inklusive).
Die entsprechenden Aufträge aus dem Koalitionsvertrag haben wir bereits in Angriff genommen: Die Fachressorts erarbeiten zurzeit ihre Operationellen Programme und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter haben eine Koordinierungsfunktion bei der Integration der verschiedenen Programme zu einer einheitlichen Förderstrategie des Landes übernommen. Außerdem erarbeitet eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe derzeit konkrete Vorschläge zur Vereinfachung der Bewerbungs- und Förderverfahren, die auch eine Überprüfung der Landeshaushaltsordnung auf Hemmnisse beim Abruf der EU-Mittel einschließt.
Die Landesregierung wird sich auch für eine bessere Beteiligung der Hochschulen, wissenschaftlichen Einrichtungen und forschungsintensiven Unternehmen an der europäischen Forschungsförderung einsetzen, die in der kommenden Haushaltsperiode 2014-2020 über das neue Programm HORIZON 2020 erfolgt.
NRW als Partner in Europa
Dass Europa vor Ort anfängt, das spürt man am stärksten in den Grenzregionen und dort, wo sich Menschen aus unterschiedlichen Staaten begegnen. Deshalb gehört zu einem aktiven europapolitischen Engagement auch die Stärkung der Partnerschaften mit Nachbarregionen und im Weimarer Dreieck. Wir werden diese Partnerschaften und die Zusammenarbeit mit den Partnerregionen deshalb pflegen und die daran beteiligten Organisationen unterstützen. Inhaltlich orientieren sich diese Partnerschaften an den allgemeinen politischen Schwerpunkten der Landesregierung sowie insbesondere der europapolitischen Schwerpunkte.
Wir werden die Beziehungen zum Beneluxraum auf der Grundlage eines strategischen Ansatzes gemeinsam mit Partnern auf beiden Seiten der Grenzen weiterentwickeln und dabei auch die Möglichkeiten der Interreg-Programme nutzen. Mit den Niederlanden haben wir eine enge Zusammenarbeit im Rahmen der so genannten GROS-Initiative verabredet, die sich um Vereinfachungen in der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit bemüht. Mit dem Sekretariat der Benelux-Union haben wir eine pragmatische projektbezogene Zusammenarbeit vereinbart, die durch einen Verbindungsreferenten des Landes in deren Generalsekretariat unterstützt wird.
Das Regionale Weimarer Dreieck werden wir durch die intensive Zusammenarbeit mit unseren Partnerregionen Nord-Pas de Calais und Schlesien stärken. Dabei können wir auch auf die Erfahrungen und Kontakte aus dem NRW-Polen Jahr aufbauen.
NRWs Engagement in Europa
In vielen Politikfeldern greift das Handeln der EU tief in landespolitische Interessen hinein. Dies gilt in besonderer Weise für die Energie- und Klimaschutzpolitik, für das Vergabe- und Wettbewerbsrecht, das zunehmend die kommunale Daseinsvorsorge reglementiert, für den Verbraucherschutz und für die Bereiche Inneres und Justiz. Das Land wirkt über den Bundesrat in Angelegenheiten der Europäischen Union mit. Wir beziehen Stellung, insbesondere zu all jenen EU-Vorhaben, die für das Land von besonderer Bedeutung sind und unsere Interessen in besonderer Weise berühren. Dabei spielt die politische Einschätzung der Vorhaben eine ebenso wichtige Rolle, wie die Prüfung der Übereinstimung mit dem Subsidiaritätsprinzip.
Aber die Mitwirkung des Landes sollte sich nicht primär auf formale Rechtsprüfungen beschränken. Wichtiger ist mir die Einflussnahme auf die Inhalte der EU-Initiativen. Wir wollen möglichst viele Ziele, die wir uns zum Beispiel in der Energiepolitik oder bei der Stärkung der Handlungsfähigkeit unserer Kommunen hier im Land gesetzt haben, auch auf europäischer Ebene realisiert sehen. Deshalb werden diese Themen auch in den europapolitischen Prioritäten der Landesregierung, die ich weiterhin im jährlichen Rhythmus dem Landtag übermitteln werde, einen hohen Stellenwert haben. Um unsere Interessen zu vertreten werden wir intensiv unsere Netzwerke in Berlin und Brüssel nutzen. Diese wichtige Aufgabe wird maßgeblich von unserer Landesvertretung bei der EU bewerkstelligt, die den Kontakt mit den Akteuren vor Ort pflegt und einen Raum für den Dialog, für Präsentation und Repräsentation bietet.
Wichtig ist auch das verstärkte Engagement der Vertreter des Landes im Ausschuss der Regionen und im Kongress der Gemeinden und Regionen des Europarates. Die Landesregierung wird ihre Arbeit tatkräftig unterstützen, denn wir wollen die Interessen der regionalen und lokalen Ebene stärken: Wir wollen das Europa der Regionen stärken.
Europa für unsere Bürgerinnen und Bürger
Europa beginnt vor Ort, deshalb muss das Verständnis und das Engagement für europäische Politik auch dort ansetzen. Dies umfasst die Förderung von Städte- und Schulpartnerschaften ebenso wie die Stärkung des Engagements von Verwaltung für und in Europa.
In der konkreten Umsetzung stellt dies hauptsächlich eine Kommunikationsaufgabe dar. Zugleich geht es auch um den Auftrag des Koalitionsvertrages, Kommunikationsstrukturen zu stärken und Engagement zu erleichtern.
Wir werden deshalb ein Gesamtkonzept für europapolitische Öffentlichkeits- und Bildungsarbeit unter Einbeziehung unserer Mitglieder des Europäischen Parlaments, der Vertretung der EU-Kommission in Bonn, der Landeszentrale für politische Bildung, der Europe-Direct-Informationszentren, der Europa-Union erarbeiten und das Netzwerk europapolitischer Akteure in NRW stärken.
Europa soll konkret erfahrbar sein. Deshalb werden wir ein systematisches Informationsangebot für Schulpartnerschaften, Städtepartnerschaften und Jugendorganisationen unter Einbeziehung der Europaschulen entwickeln.
Wir werden den Kommunen helfen, „europaaktiv“ zu werden. Dies soll auch für jene Kommunen möglich sein, die sich bislang weniger mit Europa beschäftigt haben.
Zugleich werden wir ein System entwickeln, um Aufklärung und Hilfestellung durch die Landesregierung zu kommunalpolitischen Auswirkungen von europapolitischen Entwicklungen/Vorgaben zu verbreiten. Dies wollen wir im Dialog mit den kommunalen Spitzenverbänden tun, die wir auch bei der Positionierung zu Themen mit kommunaler Bedeutung in der EU einbeziehen wollen.
NRW in der Welt
Die guten partnerschaftlichen Beziehungen sind für uns auch jenseits der europäischen Grenzen ein wichtiges Anliegen. NRW verbindet mit einer Reihe von Provinzen und Staaten Partnerschaften unterschiedlicher Art. Neben den schon erwähnten Partnerschaften mit Schlesien und Nord – Pas de Calais nenne ich unsere drei chinesischen Partnerprovinzen Jiangsu, Sichuan und Shanxi, die projektbezogene Kooperation mit dem brasilianischen Bundesstaat Rio und natürlich unsere Entwicklungspartnerschaften mit Ghana und der südafrikanischen Provinz Mpumalanga.
Als exportorientierter Wirtschaftsstandort spielt dabei die Förderung von Wirtschaftsbeziehungen eine besondere Rolle – bei der es die bestehenden Instrumente zu bündeln und zu verbessern gilt.
Wichtig ist aber auch, dass jenseits der wirtschaftlichen Beziehungen und wissenschaftlichen Kooperationen NRW als weltoffener Standort auch die menschlichen Kontakte, den Austausch der Kulturen und den Dialog über soziale sowie rechtstaatliche Grundsätze führt. Wir wollen in diesem Sinne die Verzahnung entwicklungspolitischer, umweltpolitischer, wirtschaftspolitischer und sozialer Ziele fördern.
Die 900.000 Einwohner Nordrhein-Westfalens, die aus der Türkei stammen, bilden eine wichtige Brücke zu diesem Land, das in den internationalen Beziehungen auch weiterhin einen wichtigen Platz einnehmen wird. Wir werden die wirtschaftlichen Beziehungen intensivieren, den Schüler- und Jugendaustausch fördern und Bürgerbegegnungen intensivieren.
Schon seit vielen Jahren pflegt Nordrhein-Westfalen besonders enge Beziehungen zu Israel und Palästina. Die Ministerpräsidentin hat die Absicht, zu Beginn des nächsten Jahres erneut dorthin zu reisen. Wir werden die Zusammenarbeit mit der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem intensivieren und wissenschaftliche Kooperationen fördern, aber wir werden auch dem Dialog zwischen der jüdischen und arabischen Bevölkerung Impulse geben. Unsere Zusammenarbeit mit Israel wird ergänzt durch die Kooperation mit den Palästinensischen Autonomiegebieten. Die aktuellen Konflikte im arabischen Raum, die bis zu uns nach Deutschland zurückwirken, zeigen uns jeden Tag, wie wichtig es ist, dass sich die Landesregierung auch mit der Entwicklung in diesem Teil der Welt befasst.
Mit einem überarbeiteten Internationalen Konzept wollen wir die Zusammenarbeit der Landesregierung mit ausländischen Partnern effektiver gestalten. Dieses wird die Grundlage für ein einheitliches und abgestimmtes Auftreten aller Ministerien des Landes im Ausland darstellen.
Unser Engagement für die Eine-Welt-Politik
Das Internationale Konzept steht in enger Verbindung mit der Eine-Welt-Strategie, die wir in der vergangenen Legislaturperiode durch ein dialogisch angelegtes, interaktives und internet-gestützes Konsultationsverfahren vorbereitet haben. Auch in diesem Ausschuss haben wir die Ergebnisse der Konsultation in der vergangenen Legislaturperiode am 2. Dezember 2011 präsentiert und beraten. Wir wollen noch in diesem Jahr eine Kabinettentscheidung zu der neuen Strategie herbeiführen und werden den Landtag umgehend und ausführlich hierüber informieren.
Schon jetzt ist klar dass sich die Eine-Welt-Strategie gemäß der Koalitionsvereinbarung folgende wichtige Aspekte umfassen wird:
- Eine-Welt-Politik ist Querschnittsaufgabe: Sie definiert, die Wahrnehmung globaler Verantwortung als Aufgabe der gesamten Landesregierung und nicht nur eines einzelnen Ressorts.
- Nachhaltigkeit: Bei allen ihren Aktivitäten wird sich die Landesregierung vom Prinzip der politischen, sozialen, ökologischen und wirtschaftlichen Nachhaltigkeit leiten lassen und somit ganz im Sinne des vor 20 Jahren in Rio eingeleiteten Prozesses, globales Denken und lokales Handeln verbinden.
- Beschränkung und Konzentration: Mit der Eine-Welt-Politik des Landes NRW sollen besondere Akzente gesetzt werden. Dazu ist eine klare Fokussierung und Konzentration notwendig.
- NRW als Vermittler: NRW setzt auf eine kohärente Politikgestaltung, die auf Stimulieren, Koordinieren und Moderieren von Prozessen baut, um jenseits von unmittelbarem Regierungshandeln Ressourcen für die Eine-Welt-Politik zu mobilisiern.
Einen besonderen Schwerpunkt wird daneben die Förderung des fairen Handel und faire Beschaffung darstellen. In diesem Zusammenhang freut es mich, auch hier darauf hinzuweisen, dass die Landesregierung die sehr erfolgreiche FA!R-Messe, die vor drei Wochen in Dortmund stattgefunden hat, auch in den kommenden Jahren weiter unterstützen werden.
Die Eine-Welt-Politik des Landes wird sich auf sechs Handlungsfelder konzentrieren:
- Bildung
- Wissenschaft und Forschung
- Klimaschutz
- Wirtschaft
- Gutes Regierungshandeln
- Bürgerschaftliches Engagement.
Dies sind Handlungsfelder, bei denen wir als Land über besondere Kompetenzen verfügen und die die Länder allgemein besser als andere in der Entwicklungszusammenarbeit vertreten können. Angesichts der schwierigen Haushaltslage geht es nicht primär darum, finanzielle Hilfen zu leisten, sondern unser Know-how und unsere personelle Unterstützung einzubringen. Von entscheidender Bedeutung ist dabei eine enge Kooperation mit Zivilgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Diaspora. Außerdem ist mir wichtig, die Kommunen mit ihren umfangreichen Kompetenzen und Erfahrungen in Bereichen wie der Abfallwirtschaft, dem ÖPNV, der Wasserversorgung oder dem öffentlichen Gesundheitswesen für mehr entwicklungspolitisches Engagement zu gewinnen. Deshalb möchte ich das Förderprogramm zur kommunalen Entwicklungszusammenarbeit, das wir in der vergangenen Legislaturperiode neu eingeführt haben, fortsetzen.
NRW trägt allein aufgrund seiner wirtschaftlichen Kraft, seiner starken Exportorientierung und seiner historischen Prägung Verantwortung für die Entwicklung der Welt jenseits unseres Kontinents mit. Vom Klimaschutz über die Beeinflussung von Handelsströmen durch Verbraucherverhalten (Stichwort Fairtrade) bis hin zur Beheimatung internationaler Organisationen ist die Welt in NRW präsent und umgekehrt.
Zur Umsetzung der einzelnen Maßnahmen bedient sich die Landesregierung unterschiedlicher Förderprogramme, beispielsweise:
- das Entwicklungspolitische Bildungs- und informationsprogramm,
- das Auslandsprogramm,
- das Koordinatorenprogramm.
Wichtig sind aber auch die verschiedenen Stiftungen und Forschungsinstitute, die sich mit entwicklungspolitischen Themen befassen. Ich erwähne zum Beispiel die Stiftung Umwelt und Entwicklung, die bürgerschaftliche Projekte zur Entwicklungszusammenarbeit fördert, die Stiftung Entwicklung und Frieden oder auch das Deutsche Institut für Entwicklungspolitik (DIE) in Bonn, das zu den renommiertesten auf diesem Gebiet in der Welt zählt und an dem das Land zu einem Viertel als Gesellschafter beteiligt ist.
Wir werden diese Einrichtungen verstärkt nutzen, um unserer Eine-Welt-Politik neue Impulse zu vermitteln und die entwicklungspolitischen Akteure im Land wirksam zu unterstützen.
Eine-Welt-Standort NRW stärken
Nicht nur Bonn ist internationaler Standort, auch Köln (Fairtrade), Wuppertal (GEPA und CSCP) und Dortmund (Fair Trade Messe) sind Städte, von denen wichtige entwicklungspolitische Impulse ausgehen. Wichtig ist mir eine enge Zusammenarbeit mit den NGO’s und den vielen bürgerschaftlichen Organisationen, die sich in der Eine-Welt-Politik engagieren. Dazu zählen die Aktionsgruppen für Menschenrechte, die Weltläden, lokale Partnerschaftsvereine, aber auch zahlreiche private Initiativen. Sie wirken nicht nur im Kleinen aktiv an der Überwindung von Armut und Ungerechtigkeit in der Welt durch konkrete projektbezogene Zusammenarbeit mit, sondern sie sind unverzichtbar für die entwicklungspolitische Bildungsarbeit und die Entstehung eines Bewusstseins für globale Verantwortung.
Ich erwähne darüber hinaus auch die unzähligen internationalen Unternehmen in NRW, die von einem weltoffenen und engagierten Umfeld profitieren können.
In der vergangenen Legislaturperiode ist es der Landesregierung in schwierigen Verhandlungen gelungen, den Hauptsitz der aus vorher drei entwicklungspolitischen Durchführungsorganisationen neu gebildeten „Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit“ (GIZ) nach Bonn zu bekommen. Wir wollen mit der GIZ künftig noch enger zusammenarbeiten. Dazu habe ich Anfang dieses Monats mit der Vorstandssprecherin der GIZ, Frau Gönner, eine Kooperationsvereinbarung unterzeichnet. Die GIZ hat sich bereit erklärt, das Land künftig unter anderem bei Veranstaltungen zur Entwicklungspolitik oder bei der Betreuung von Auslandsprojekten zu unterstützen.
Die Umsetzung dieser Vereinbarung in ganz konkrete Projekte ist aktuell Thema von Gesprächen der Landesregierung mit der GIZ. Über die Ergebnisse dieser Gespräche werde ich Sie gerne weiterhin auf dem Laufenden halten.
Mit der konkreten Präsenz der GIZ in Bonn sind wir gleichzeitig beim ganz lokalen und doch auch beim Globalen. Diese Verbindung steht symbolisch für die Aufgaben, denen wir uns hier in diesem Ausschuss gemeinsam stellen. Europäische und internationale Entwicklungen frühzeitig wahrzunehmen, ihre Auswirkungen auf das Land zu beurteilen und die richtigen Maßnahmen für das Wohl der Menschen vor Ort zu ergreifen, darum geht es mir und darum, so vermute ich, geht es auch Ihnen. Was das bedeutet, dafür möchte ich nur zwei sehr prägnante Beispiele aus den vergangenen zwei Jahren nennen:
die Finanzmarktkrise mit der daraus folgenden Krise der Wirtschafts- und Währungsunion in Europa zum einen und die Atomkatastrophe in Fukushima zum andern. Beide Beispiele veranschaulichen sehr deutlich, weshalb gerade auch im Bereich der Europapolitik und der Einen-Welt eine vorbeugenden Politik, so wichtig ist, wie sie Ministerpräsidentin Kraft in ihrer Regierungserklärung am 12. September zur Maxime erhoben hat.
Politik, muss vorausschauend agieren und nicht nur reagieren. „Unser Land in der Mitte Europas wird nur dann stark in die Zukunft gehen, wenn Europa als Ganzes auf Dauer erfolgreich ist.“, so hat es Ministerpräsidentin Kraft gesagt. Ich freue mich darauf, mit Ihnen gemeinsam engagiert und intensiv hierfür einzutreten.
Vielen Dank!