Ministerin Steffens: Deutschland braucht eine neue Pflegepolitik - Nordrhein-Westfalen zeigt: Umsteuern ist möglich - Über 2000 zusätzliche Plätze in der Altenpflegeausbildung
Die Einführung der Umlagefinanzierung in der Altenpflegefachkraftausbildung in Nordrhein-Westfalen zeigt schon nach wenigen Monaten einen ersten großen Erfolg: Die Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege wird voraussichtlich um fast 25 Prozent bis zum Jahresende steigen. Die rund 5000 Pflegeheime und Pflegedienste in Nordrhein-Westfalen melden zum Ende des Jahres rund 12.300 Auszubildende, vor einem Jahr waren es rund 10.000 landesgeförderte Altenpflegeschülerinnen und -schüler.
Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter teilt mit:
Die Einführung der Umlagefinanzierung in der Altenpflegefachkraftausbildung in Nordrhein-Westfalen zeigt schon nach wenigen Monaten einen ersten großen Erfolg: Die Zahl der Auszubildenden in der Altenpflege wird voraussichtlich um fast 25 Prozent bis zum Jahresende steigen. Die rund 5000 Pflegeheime und Pflegedienste in Nordrhein-Westfalen melden zum Ende des Jahres rund 12.300 Auszubildende, vor einem Jahr waren es rund 10.000 landesgeförderte Altenpflegeschülerinnen und -schüler.
„Dies ist ein erster erfolgreicher Schritt, den Nordrhein-Westfalen mit breiter politischer Unterstützung und großem Engagement aller beteiligten Behörden und Verbände gegangen ist. Er zeigt: Ein Umsteuern in der Pflegepolitik ist möglich“, erklärte Ministerin Steffens nach Veröffentlichung neuer Zahlen über den drohenden Mangel an Pflegefachkräften in Deutschland durch eine Studie der Bertelsmann Stiftung. „Die aktuellen Zahlen zeigen erneut, dass es in der Pflegepolitik in Deutschland eher fünf nach als fünf vor zwölf ist. Wenn der Bund in der Pflegepolitik nicht umgehend grundlegend anderer Weichenstellungen vornimmt, droht unweigerlich schon in weniger als 20 Jahren ein großer, nicht mehr in den Griff zu bekommender Pflegenotstand“, so Steffens weiter.
Dabei seien die Perspektiven für eine zukunftsfähige Pflegepolitik längst aufzeigt:
- Wir müssen die Rahmenbedingungen so verändern, dass die Pflege künftig hauptsächlich im vertrauten Wohnquartier der Menschen stattfinden kann. Erforderlich ist eine Abkehr von großen Pflegeheimen hin zu kleinräumigen Wohn- und Pflegeangeboten verstärkt durch ambulante Dienste im direkten Lebensumfeld der Menschen. Eine solche „Pflege im Quartier“ entspricht nicht nur dem Wunsch der meisten Menschen, so lange es geht, zuhause alt zu werden. Angesichts der sinkenden Zahlen von Menschen im erwerbsfähigen Alter (bis 2030 Rückgang von 1,1 Millionen in Nordrhein-Westfalen) wird es überhaupt nur so möglich sein, den wachsenden Bedarfe an Pflege abzudecken. Steffens: „Wir brauchen Quartiere, in denen sich ältere Menschen ohne Barrieren bewegen können, in denen sie in Pantoffelnähe die wichtigsten Dinge des täglichen Bedarfs, gesellschaftliche Treffpunkte, aktivierende Kulturangebote und altersgerechte Sportangebote, Beratungsangebote und eine gute medizinische Versorgung finden. Eine solche Struktur ermöglicht eine aktive Lebensgestaltung, die der beste Schutz vor frühzeitiger Pflegebedürftigkeit ist.“
- Verstärkte Prävention: Wenn es gelänge, den Beginn einer Pflegebedürftigkeit nur um einen Monat nach hinten zu verschieben und dadurch die Pflegedauer entsprechend zu verringern, würde diese allein in Nordrhein-Westfalen zu einer jährlichen Kostenersparnis in der Pflegeversicherung von 40 bis 50 Millionen Euro führen. Geld, das gut in Prävention investiert wäre.
„Doch solche Strukturen sind ohne einen Politikwechsel in der Pflege nicht zu erreichen“, betont Ministerin Steffens. „Wir brauchen im Bund endlich eine Reform, die die Bedarfe der Menschen durch einen neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff richtig erfasst und durch eine bessere finanzielle Ausstattung auch bessere und passgenauere Leistungen gerade im ambulanten und präventiven Bereich anbietet. Die Vorschläge liegen - unter anderem von der Arbeits- und Sozialministerkonferenz der Länder - seit langem auf dem Tisch. Aber sie kosten mehr Geld, als diese Bundesregierung bereit ist, in die Pflege zu investieren“, so Steffens weiter. Auf gut vier Milliarden Euro sei der aktuelle Finanzmehrbedarfbedarf schon 2011 von Experten beziffert worden. Die Bundesregierung stelle aber mit dem Pflegeneuausrichtungsgesetz der Pflegeversicherung gerade ein Viertel dieser Summe bereit. Steffens: „Das reicht nicht, um den Menschen zu helfen, und schon gar nicht, um die Arbeitsbedingungen in der Pflege zu verbessern und den Pflegeberuf attraktiver für die dringend gesuchte motivierte jungen Menschen zu machen.“
Nordrhein-Westfalen hat wegen des drohenden Pflegefachkräftemangels in diesem Jahr mit einer Ausbildungsumlage (alle in der Pflege tätigen Einrichtungen zahlen in einen Ausbildungsfonds) in kürzester Zeit ein Verfahren eingeführt, mit dem allein im zweiten Halbjahr 2012 rund 87 Millionen Euro von allen rund 5000 Pflegeheimen und Pflegediensten eingesammelt und an die tatsächlich ausbildenden Unternehmen verteilt wurden. Wegen der dadurch erzielten deutlichen Steigerung der Zahl von Auszubildenden wird das Land alleine in diesem Jahr rund 4,5 Millionen Euro zusätzlich für die Finanzierung der Pflegefachschulen (theoretischer Ausbildungsteil) ausgeben. „Und wir werden trotz der schwierigen Haushaltslage unser Engagement im Jahr 2013 noch deutlich ausbauen“, kündigt Steffens an. Sie unterstreicht zugleich, dass die erfolgreiche Ausbildungsumlage nur ein erster Schritt sein kann: „Noch in diesem Jahr werden wir einen Entwurf für ein völlig neues Landesrecht in der Pflege vorlegen, dass die Entwicklung der benötigten Quartiersstrukturen unterstützt und vor allem Hemmnisse für alternative Wohnformen abbaut. Damit leisten wir einen Beitrag zu einer altengerechten und inklusiven Gesellschaft der Zukunft.“ Das Regelwerk, das Änderungen des Landespflegegesetzes und des Wohn- und Teilhabegesetzes (früher: Heimrecht) umfasst, wurde in einem umfangreichen Dialogprozess mit Verbänden von Kommunen, Pflegekassen und Leistungsanbieterinnen sowie Betroffenenvertretungen erarbeitet. „Daneben erarbeiten wir aktuell einen Gesetzentwurf, mit dem die Landesförderung für die Altenpflegeausbildung - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - gesetzlich festgeschrieben wird. Mit der Bundesagentur für Arbeit wollen wir Maßnahmen zur besseren Förderung der Auszubildenden entwickeln. Auch den Themen ‚Bessere Arbeitsbedingungen in der Pflege’ und ‚Image der Pflegeberufe’ müssen wir uns intensiv widmen“, betont Steffens.
Zum Glück gebe es Beispiele, dass die Umgestaltung auch in der Praxis funktionieren kann. Dabei verweist Steffens auf verschiedene bereits existierende Quartierskonzepte wie beispielsweise in Bielefeld und Münster. Auch das Projekt ‚Song’, auf das die Bertelsmannstiftung im Zusammenhang mit ihrer Studie hinweist, biete zukunftsorientierte Ansätze, wie durch eine vernetzte Zusammenarbeit verschiedener Akteurinnen und Akteure der Sozialwirtschaft, Altenhilfe zukunftsfähig gestaltet werden könne. Eine besondere Rolle spielten dabei innovative, gemeinwesenorientierte Wohn- und Betreuungsmodelle. Steffens: „Wir haben in vielen Bereichen kein Erkenntnis-, sondern ein Umsetzungsproblem. Aber Nordrhein-Westfalen zeigt, dass sich etwas bewegen lässt, wenn man Mut zu echten Reformen hat und diese gemeinsam mit allen Beteiligten erarbeitet und umsetzt. Es wird höchste Zeit, dass der Bund diesem Beispiel folgt.“
Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, Telefon 0211 8618-4246.
Kontakt
Pressekontakt
Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Telefon: | 0211 8618-4338 |
---|---|
E-Mail: | presse [at] mhkbg.nrw.de |
Bürgeranfragen
Heimat, Kommunales, Bau und Gleichstellung
Telefon: | 0211 8618-50 |
---|---|
E-Mail: | nrwdirekt [at] nrw.de |
Pressekontakt
Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen
Telefon: | 0211 / 837-1134 |
---|---|
E-Mail: | presse [at] stk.nrw.de |