Ministerin Steffens: Bundesregierung versagt in der Pflegepolitik
Als vollkommen unzureichend hat die nordrhein-westfälische Gesundheits- und Pflegeministerin Barbara Steffens im Bundesrat in Berlin die Pflegepolitik der Bundesregierung bezeichnet. „Die Bundesregierung ignoriert die durch den demographischen Wandel entstehenden neuen Herausforderungen“, sagte die Ministerin bei der abschließenden Beratung zum Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz.
Das Ministerium für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter teilt mit:
Als vollkommen unzureichend hat die nordrhein-westfälische Gesundheits- und Pflegeministerin Barbara Steffens im Bundesrat in Berlin die Pflegepolitik der Bundesregierung bezeichnet. „Die Bundesregierung ignoriert die durch den demographischen Wandel entstehenden neuen Herausforderungen“, sagte die Ministerin bei der abschließenden Beratung zum Pflege-Neuausrichtungs-Gesetz. „Um auch pflegebedürftigen Menschen künftig noch ein würdevolles und möglichst selbstbestimmtes Leben ermöglichen zu können, müssen jetzt die notwendigen Rahmenbedingungen geschaffen werden. Doch weder zu den künftigen Bedarfen der Menschen, vor allem derjenigen mit Demenz, noch zu einer soliden Finanzierung der Pflegeversicherung bietet die Bundesregierung tragfähige Lösungen an“, so Steffens weiter.
Die Ministerin rügte als Hauptversäumnis, dass die Bundesregierung sich immer noch nicht der Umsetzung des neuen Pflegebedürftigkeitsbegriffs stelle, der die besonderen Belange Demenzbetroffener berücksichtige: „Entsprechende Vorschläge liegen seit 2009 vor. Doch inzwischen sind drei Jahre auf Kosten der dringend auf Hilfe angewiesenen Menschen vergeudet worden. Hier offenbart sich ein erschreckender Mangel an Bewusstsein von Sozialstaatsverantwortung.“
Pflege müsse endlich vom Menschen her gedacht werden. „Die Erkenntnis, dass die Zukunft der Pflege die Pflege im Quartier sein muss, weil die Menschen zu Hause so lange wie möglich wohnen bleiben möchten, ist bei der Bundesregierung offenbar noch nicht angekommen“, sagte Steffens. Dies gelte auch für die Verbesserungen von Leistungen für die Menschen. Allgemein werde ein zusätzlicher Finanzbedarf von 4 bis 4,5 Milliarden Euro für notwendig erachtet. Allein der Umstand, dass die Bundesregierung nur Leistungsverbesserungen von rund einer Milliarde Euro als ausreichend betrachte, zeige, wie weit die Vorschläge der Bundesregierung von den notwendigen Maßnahmen entfernt seien. Eine umfassende Reform lasse sich damit nicht verwirklichen. „Für die Sicherstellung guter Pflege in Zukunft benötigen wir deutlich mehr Geld“, so die Ministerin.
Steffens verurteilte auch den fehlenden Willen der Bundesregierung zu einer konstruktiven Zusammenarbeit: „Es ist nicht damit getan, medienwirksam sogenannte Dialogtermine zu veranstalten, die zudem zeitlich sehr eng bemessen waren. Eine ergebnisoffene und fachlich intensive Beteiligung der Länder wurde erst gar nicht gesucht. Damit wurden wertvolle Möglichkeiten zur Erkenntnisgewinnung und Folgenabschätzung grob fahrlässig vertan. Entsprechend dünn ist das Ergebnis. Entsprechend breit ist die Enttäuschung, wie die öffentlichen Reaktionen zeigen.“
Hintergrund:
In Deutschland leben rund 2,34 Millionen pflegebedürftige Menschen, in der Mehrzahl (67 Prozent) Frauen. 83 Prozent der Pflegebedürftigen sind 65 Jahre und älter; 35 Prozent sind 85 Jahre und älter. Fast 70 Prozent (1,62 Millionen) werden zu Hause gepflegt. Davon nehmen 1.066.000 Pflegebedürftige ausschließlich Pflegegeld in Anspruch und 555.000 organisieren die Pflege mit oder vollständig durch ambulante Pflegedienste. 31 Prozent (717.000) werden in Pflegeheimen vollstationär betreut. Bundesweit leben geschätzt 1,2 Millionen Menschen mit Demenz.
Aus dem Bericht des Beirats zur Überprüfung des Pflegebedürftigkeitsbegriffs:
„Der Beirat hält einen Begriff der Pflegebedürftigkeit für erforderlich, der alle körperlichen und geistigen bzw. psychischen Einschränkungen und Störungen umfasst, sowie ein Bewertungssystem, das Lebens- und Bedarfslagen hilfe- und pflegebedürftiger Menschen flexibel erfasst und einen hohen Grad an Differenziertheit gewährleistet, aber auch Transparenz und Akzeptanz für die Betroffenen sicherstellt. Die Erfassung des Unterstützungsbedarfs auf der Grundlage einer umfassenden Bewertung von körperlichen, kognitiven und psychischen Einschränkungen erfordert einen Paradigmenwechsel bei der Bewertung des Unterstützungsbedarfs. Anstelle des zeitlichen Pflegeaufwandes sowie der Häufigkeit bzw. des Rhythmus von Hilfeleistungen ist allein auf den Grad der Selbstständigkeit bzw. den Verlust von Selbstständigkeit bei der Durchführung von Aktivitäten abzustellen. Gleiches gilt bei der Gestaltung von Lebensbereichen.“
Bei Nachfragen wenden Sie sich bitte an die Pressestelle des Ministeriums für Gesundheit, Emanzipation, Pflege und Alter, Telefon 0211 8618-4246.
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