Minister Laumann: Trend bei Wohnungslosigkeit geht in die richtige Richtung, aber weiter viel zu tun
Sozialminister legt nordrhein-westfälische Wohnungslosenstatistik 2021 vor / Zahlen seit zehn Jahren erstmals leicht gesunken
Die Zahl der Menschen ohne eigene Wohnung ist in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021 erstmals seit zehn Jahren nicht weiter gestiegen, sondern leicht zurückgegangen. Im Jahr 2021 wurden etwa 1.700 (bzw. 3,4 Prozent) weniger wohnungslose Personen gemeldet als im Vorjahr. Das zeigt die Wohnungslosenstatistik 2021, die Sozialminister Karl-Josef Laumann heute vorgestellt hat.
Die Zahl der Menschen ohne eigene Wohnung ist in Nordrhein-Westfalen im Jahr 2021 erstmals seit zehn Jahren nicht weiter gestiegen, sondern leicht zurückgegangen. Im Jahr 2021 wurden etwa 1.700 (bzw. 3,4 Prozent) weniger wohnungslose Personen gemeldet als im Vorjahr. Das zeigt die Wohnungslosenstatistik 2021, die Sozialminister Karl-Josef Laumann heute vorgestellt hat.
„Der Trend geht also in die richtige Richtung“, sagte Laumann. „Und eine weitere gute Nachricht ist, dass der Anteil der von den Kommunen in Normalwohnungen statt in Obdachlosenunterkünften untergebrachten Menschen im Jahr 2021 weiter gestiegen ist.“ (auf 15,6 Prozent von 13,8 Prozent im Jahr 2020 und 9,2 Prozent 2019).
Der Landeswohnungslosenstatistik zufolge hatten am Stichtag 30. Juni 2021 insgesamt 48.285 Menschen in Nordrhein-Westfalen keine reguläre Wohnung mit eigenem Mietvertrag. „Wohnungslosigkeit ist aber nicht gleich Obdachlosigkeit“, sagte der Minister, „die Statistik kann jedoch bislang nur die Menschen realistisch erfassen, die keine eigene Wohnung haben.“ Das bedeute in der Regel, dass sie in Notunterkünften untergebracht sind oder ohne eigenen Mietvertrag in von den Kommunen zur Verfügung gestellten Wohnungen leben. Oder aber, dass sie vorübergehend in Einrichtungen der gemeinnützigen Wohnungslosenhilfe oder bei Bekannten untergekommen sind.
„Die Kommunen sind gesetzlich verpflichtet, wohnungslosen Menschen eine Unterkunft anzubieten“, betonte Minister Laumann.
Nach vorsichtigen Schätzungen einer vom Ministerium in Auftrag gegebenen und im Frühjahr veröffentlichten Untersuchung lebten im Juni/Juli 2021 in Nordrhein-Westfalen ca. 5.300 Personen auf der Straße oder in Behelfsunterkünften wie etwa Abrisshäusern oder Bauwagen, das sind 3.800 mehr als in der Landesstatistik 2021 dokumentiert werden. Die Differenz erklärt sich dadurch, dass die Landesstatistik nur die von den freien Trägern ambulant betreuten obdachlosen Menschen erfassen kann, nicht aber diejenigen, die keinerlei Kontakt zum Hilfesystem suchen.
„Mit der Obdachlosigkeit aber auch der Wohnungslosigkeit insgesamt kann und will ich mich nicht abfinden“, sagte Laumann. „Ganz besonders berührt es mich, wenn Familien mit Kindern ohne Wohnung sind. Die Pandemie hat noch einmal sehr deutlich gezeigt, wie wichtig die eigene Wohnung als Schutzraum und Rückzugsort ist. Deshalb freue ich mich, dass die Statistik jetzt erstmals seit Jahren sinkende Zahlen verzeichnet. Das ist aber noch lange kein Grund zur Zufriedenheit und deshalb will ich unsere Landesinitiative ‚Endlich ein ZUHAUSE!‘ und die Zusammenarbeit mit der Wohnungswirtschaft fortsetzen und weiter ausbauen.“
Mit der im Jahr 2019 von Laumann gestarteten Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE!“ unterstützt das Ministerium die Kommunen und freien Träger der Wohnungslosenhilfe bei ihrer Aufgabe, sich um wohnungslose Menschen zu kümmern. Dafür sind die Fördermittel zur Bekämpfung der Wohnungslosigkeit erheblich aufgestockt worden: von 1,85 Millionen Euro im Jahr 2018 auf 7,1 Millionen Euro im Jahr 2020 und rund 14 Millionen Euro für das Jahr 2022.
Ein zentraler Baustein der Landesinitiative „Endlich ein ZUHAUSE!“ sind die sogenannten „Kümmerer”-Projekte, die seit diesem Jahr in ganz Nordrhein-Westfalen finanziert werden können. In diesen Projekten kümmern sich Sozialarbeiter und Immobilienfachleute darum, dass wohnungslose Menschen wieder eine feste Bleibe bekommen. Gleichzeitig helfen sie, drohende Wohnungsverluste durch frühzeitige Beratung zu vermeiden. Bis heute haben fast 4.600 wohnungslose oder von Wohnungslosigkeit bedrohte Menschen durch die Landesinitiative ein neues Zuhause gefunden, darunter waren 968 Familien mit Kindern und 205 Menschen, die zuvor auf der Straße gelebt hatten.
Weitere Informationen zur Wohnungslosenstatistik 2021
- Im Jahr 2020 wurden noch 49.987 Wohnungslose (+ 7,2 Prozent gegenüber 2019) erfasst. In den Jahren davor war der Anstieg deutlich höher. Im Jahr 2018 waren 44.434 Personen wohnungslos (+37,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr), in 2017: 32.286 (+28,9 Prozent), in 2016: 25.045 (+14,6 Prozent). Den starken Anstieg ab 2015 führten die Kommunen vor allem darauf zurück, dass vermehrt anerkannte Asylbewerberinnen und Asylbewerber bzw. Personen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus zunächst weiter in den Aufnahmeeinrichtungen lebten, bis sie eine reguläre Wohnung gefunden haben. Ab dem Zeitpunkt ihrer Anerkennung werden sie von der Statistik als offiziell wohnungslos erfasst, solange sie keine reguläre Wohnung haben.
- Zahlen zu den Kreisen und kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen finden sich im Anhang der Wohnungslosenstatistik.
- Fast zwei Drittel der erfassten wohnungslosen Personen waren männlich (65,0 Prozent). Damit ist der Anteil der männlichen Wohnungslosen gegenüber den Vorjahren etwas gesunken (2020: 65,4 Prozent und 2019: 66,7 Prozent).
- Etwa ein Fünftel der erfassten Wohnungslosen sind Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren (2021: 22,2 Prozent, 2020: 21,9 Prozent und 2019: 20,2 Prozent). In der Regel sind sie als Angehörige eines Mehrpersonenhaushalts zusammen mit ihren Eltern untergebracht.
- Knapp die Hälfte der erfassten erwachsenen wohnungslosen Personen hatte eine nichtdeutsche Staatsangehörigkeit. (2021: 49,6 Prozent; 2020: 49,9 Prozent und 2019: 49,4 Prozent).
- Wohnungslosigkeit ist in den (Groß-)Städten stärker verbreitet als in den Landkreisen. Zum einen ist in vielen (Groß-)Städten der Wohnungsmarkt sehr angespannt. Zum anderen bieten (Groß-)Städte in der Regel ein größeres und vielseitigeres Angebot von Hilfseinrichtungen und Unterkunftsmöglichkeiten, was für wohnungslose Menschen aus ländlichen Gebieten attraktiv sein kann. In den kreisfreien Städten wurden im Durchschnitt 34 Wohnungslose je 10.000 Einwohner gezählt und in den Kreisen 22 wohnungslose Personen je 10.000 Einwohner.
- Die Kommunen hatten am Stichtag 30.06.2021 insgesamt 34.405 wohnungslose Personen in Normalwohnungen, Obdachlosenunterkünften oder ähnlichen Einrichtungen untergebracht. Die freien Träger der Wohnungslosenhilfe haben für diesen Stichtag insgesamt 13.880 wohnungslose Personen gemeldet, die sie entweder in ihren Einrichtungen aufgenommen haben, oder die von den freien Trägern ambulant betreut wurden, während sie vorübergehend bei Bekannten bzw. in anderen Provisorien untergekommen sind oder auf der Straße leben.
- Im Auftrag des NRW-Sozialministeriums wurde erstmalig in Deutschland eine Befragung durchgeführt, um mehr über die Lage von Menschen zu erfahren, die ohne Schutz auf der Straße, in Behelfsunterkünften oder in verdeckter Wohnungslosigkeit bei Angehörigen und Bekannten leben. Dazu wurden im Juli 2021 in vier Städten und zwei Kreisen sowie in 36 Fachberatungsstellen in Nordrhein-Westfalen rund 1.800 betroffene Menschen befragt. Nach einer Hochrechnung lebten demnach im Juni/Juli 2021 in Nordrhein-Westfalen ca. 5 300 Personen auf der Straße oder in Behelfsunterkünften. Die Ergebnisse dieser Befragung wurden im April 2022 veröffentlicht. Eine valide Statistik zu den in Straßenobdachlosigkeit lebenden Menschen gibt es bislang in ganz Deutschland nicht.
- Menschen, die auf der Straße oder in verdeckter Wohnungslosigkeit beispielsweise bei Bekannten leben und die Angebote der Kommunen oder der freien Träger nicht in Anspruch nehmen, können von der Statistik bislang nicht erfasst werden. Das Land plant, die Wohnungslosenstatistik künftig auf eine breitere Datengrundlage zu stellen, um diese Personengruppe besser abbilden zu können. Darüber hinaus sollen durch eine ergänzende Befragung von obdachlosen und verdeckt wohnungslosen Menschen regelmäßig Erkenntnisse über deren Lebenslagen und Bedarfe gewonnen werden.