Im nordrhein-westfälischen Justizvollzug entstehen neue Familienzentren

Ministerium der Justiz erstellt Konzept für Mindeststandards einer familiensensiblen Vollzugsgestaltung

8. November 2019

Erklärtes Ziel der Landesregierung ist es, die sozialen Kontaktmöglichkeiten von Kindern zu ihren inhaftierten Eltern weiter zu verbessern.

Justiz

Die Inhaftierung eines nahestehenden Menschen bedeutet für die Angehörigen regelmäßig eine große Belastung. Besonders minderjährige Kinder leiden unter der Inhaftierung eines Elternteils oft noch mehr als Erwachsene. Erklärtes Ziel der Landesregierung ist es, die sozialen Kontaktmöglichkeiten von Kindern zu ihren inhaftierten Eltern weiter zu verbessern. Die Bedeutung, die die Landesregierung diesem Thema beimisst, wird nicht zuletzt durch den Koalitionsvertrag deutlich, der die Entwicklung von Mindeststandards für den Kontakt inhaftierter Elternteile zu ihren Kindern vorsieht. Schon jetzt wird der Aufrechterhaltung der persönlichen Beziehung von Kindern zu ihren inhaftierten Eltern besondere Aufmerksamkeit geschenkt.
 
Zur Optimierung einer familiensensiblen Vollzugsgestaltung ist es jedoch notwendig, die bestehenden familienbezogenen Einzelmaßnahmen zu bündeln und zu einem konzeptbasierten Vorgehen weiterzuentwickeln. Ausgehend von diesen Grundsätzen hat das Ministerium der Justiz ein dreistufiges Gesamtkonzept „Familiensensibler Justizvollzug in Nordrhein-Westfalen“ erarbeitet, das folgende Maßnahmen umfasst:

  • Verpflichtende Mindeststandards für eine familiensensible Vollzugsgestaltung in allen Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen
  • Bedarfsgerechte Umsetzung der Handlungsempfehlungen CM/Rec(2018)5 des Europarates zu Kindern inhaftierter Eltern
  • Einrichtung von Familien-Schwerpunktzentren im Justizvollzug Nordrhein-Westfalen
Das Konzept benennt zunächst verpflichtende Mindeststandards für eine familiensensible Vollzugsgestaltung, die in allen Justizvollzugsanstalten des Landes Nordrhein-Westfalen umzusetzen sind (z.B. erweiterte Besuchszeiten und kindgerechte Besuchsgestaltung).
 
Mit dem Konzept wird weiterhin die Empfehlung zu Kindern von Inhaftierten berücksichtigt, die der Ministerrat des Europarates im April 2018 verabschiedet hat. Das Konzept greift die Anregungen auf und setzt diese vollzugspraktisch um (z.B. Einsatz von Videotelefonie zur Erweiterung der sozialen Kontakte).
 
Das Konzept sieht schließlich die Errichtung von „Familien-Schwerpunktzentren“ vor, in denen besondere Behandlungsangebote vorgehalten und erprobt werden (z.B. Einrichtung von Familienstärkungsgruppen; strukturierte Vorbereitung von Besuchskontakten). Die Schwerpunktzentren entstehen im Männervollzug in den Justizvollzugsanstalten Bielefeld-Brackwede, Remscheid, Rheinbach und Willich I, ein Schwerpunktzentrum wird darüber hinaus im Frauenvollzug der JVA Willich II eingerichtet. In den Schwerpunktzentren werden sog. „Familienbeauftragte“ bestellt, die die Weiterentwicklung einer familiensensiblen Besuchs- und Vollzugsgestaltung vorantreiben und die Ansprechpartner für externe Anbieter sind. Mit der Einrichtung der Familien-Schwerpunktzentren wird das Ziel verfolgt, Behandlungserfahrungen hinsichtlich der familiensensiblen Vollzugsgestaltung zu gewinnen, die auch für die Arbeit der übrigen Justizvollzugsanstalten von Nutzen sein können. Das Konzept wird den betroffenen Justizvollzugsanstalten Ende November vorgestellt.
 
Staatssekretär der Justiz Dirk Wedel: „Eine Inhaftierung darf nicht diejenigen treffen, die hieran schuldlos sind. Es ist mir daher ein dringendes Anliegen, die Folgen einer Inhaftierung von Eltern für Kinder aufzufangen. Mit unserem Maßnahmenpaket stärken wir die familiäre Bindung unserer Gefangenen zu ihren Kindern. Wenn es uns gelingt, die Betroffenen nach ihrer Haftzeit in ein stabiles Umfeld zu entlassen, so ist dies ein wichtiger Baustein für eine erfolgreiche Wiedereingliederung in die Gesellschaft.“
 

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