Grußwort von Staatssekretär Dr. Marc Jan Eumann zur Verleihung des Internationalen Demokratiepreises Bonn, Bonn-Bad Godesberg, La Redoute, 06.09.2012
„Der Mann, der den Auftrag hat, sich das neue Tunesien auszudenken“ – so, sehr geehrter Herr Professor Ben Achour, hat Sie das deutsche Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL in einem Bericht über den Umsturz in Tunesien bezeichnet, der Ende Januar 2011 erschienen ist, nur zwei Wochen nach der Flucht des früheren Präsident Ben Ali.
Sehr geehrter Herr Bettermann,
sehr geehrter Herr Oberbürgermeister Nimptsch,
sehr geehrter Herr Staatssekretär Beerfeltz,
sehr geehrter Herr Professor Wilhelm,
sehr geehrte Damen und Herren,
und natürlich vor allem: sehr geehrter Herr Professor Ben Achour,
„der Mann, der den Auftrag hat, sich das neue Tunesien auszudenken“ – so, sehr geehrter Herr Professor Ben Achour, hat Sie das deutsche Nachrichtenmagazin DER SPIEGEL in einem Bericht über den Umsturz in Tunesien bezeichnet, der Ende Januar 2011 erschienen ist, nur zwei Wochen nach der Flucht des früheren Präsident Ben Ali.
In diesem Artikel haben Sie auch deutlich Ihre Vorstellungen von der politischen Zukunft Ihres Landes benannt: Tunesien solle ein Land mit einem demokratisch gewählten Parlament sein, das eine Regierung mit einem Ministerpräsidenten an der Spitze kontrolliert. Einen Präsidenten brauche man auch, aber mit nur eingeschränkter Macht. Und ich zitiere Sie an dieser Stelle gerne wörtlich: „Das ist das Wesen der Demokratie. Wer gewinnt, darf seinen Sieg nicht ganz auskosten, darum geht es.“
Knapper und präziser, denke ich, kann man den Kerngedanken der Demokratie und eines demokratisch verfassten Staatswesens kaum zusammenfassen.
In einem Interview, das Sie der Tunis Tribune Anfang Juli des vergangenen Jahres gegeben haben, haben Sie ausführlich über die Arbeit der von Ihnen geleiteten Hohen Instanz für die Verwirklichung der Ziele der Revolution berichtet und deutlich gemacht, wie schwierig und kontrovers allein die Ausarbeitung eines von allen Seiten akzeptierten Wahlrechts war.
Dieses Interview hat mich aus vielen Gründen beeindruckt, von denen ich nur zwei nennen will. Der erste ist, dass Sie in der Schilderung der Arbeit der Hohen Instanz deutlich machen, dass auch Streit zum Wesen der Demokratie gehört. Demokratie ist nicht allein Konsens und Harmonie, sondern auch Auseinandersetzung in der Sache. Der zweite aber ist Ihr optimistischer Ausblick auf die Zukunft Ihres Landes, und ich zitiere Sie erneut wörtlich: „Nichts wird mehr so wie vorher sein in Tunesien“ („rien ne sera plus comme avant en Tunisie“).
Tunesien ist und bleibt auch dank Ihres Wirkens, sehr geehrter Herr Professor Ben Achour, der Vorreiter des demokratischen Wandels in der arabischen Welt. Trotz aller auch in Tunesien bestehenden Gefährdungen durch Extremisten sehe ich Ihr Land auf einem demokratischen Weg, der hoffentlich nicht mehr umkehrbar ist und der getragen wird von vielen Bürgerinnen und Bürgern, die sich die einmal erkämpfte Freiheit nicht wieder werden nehmen lassen. Dafür gebührt Ihnen, Herr Professor Ben Achour, und allen Tunesierinnen und Tunesiern unser großer Respekt und unsere Unterstützung, wo immer wir diese leisten können.
Sehr geehrter Herr Professor Ben Achour, ich darf Ihnen im Namen der Landesregierung Nordrhein-Westfalen herzlich zur Verleihung des Internationalen Demokratiepreises Bonn 2012 gratulieren.
Mit Ihrer Auszeichnung würdigen wir Ihr eigenes Wirken, aber auch das Streben des tunesischen Volkes nach Freiheit und nach einem selbstbestimmten Leben in Würde, das zum Vorbild für viele andere Völker und Menschen in der arabischen Welt geworden ist und das einen Wandel von ohne Zweifel historischer Bedeutung ausgelöst hat.
Ich gratuliere Ihnen zu der Auszeichnung und bin sehr gespannt darauf, was Sie uns über die Entwicklungen in Tunesien, aber auch in der arabischen Welt insgesamt zu berichten haben werden.