Grußwort von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft anlässlich des Zukunftsforums „Digitale Bürgerbeteiligung“ am 17. Mai 2013 im Landtag NRW

23. Mai 2013

Das Grußwort von Ministerpräsidentin Hannelore Kraft anlässlich des Zukunftsforums „Digitale Bürgerbeteiligung“ am 17. Mai 2013 im Landtag des Landes Nordrhein-Westfalen in Düsseldorf.

Staatskanzlei Nordrhein-Westfalen

liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete,
meine Damen und Herren,

zuallererst möchte ich Danke sagen. Danke, dass Sie unserer Einladung gefolgt sind und damit auch zeigen, wie lebendig das Interesse der Öffentlichkeit an einer Open.NRW-Strategie ist.

Ja, ich finde, der Landtag passt hervorragend für dieses Zukunftsforum: Als „Herzkammer der Demokratie in NRW“ hat ihn die Landtagspräsidentin genannt. Es gibt keinen besseren Ort, in dem man Konsultationen, Dialoge und Debatten führen kann. Ich danke deshalb der Landtagspräsidentin und natürlich auch den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die hier das Zustandekommen dieser Veranstaltung und den Ablauf so tatkräftig unterstützen. Vielen Dank dafür!

Konsultationen, Dialog und Debatten stehen auch heute auf der Tagesordnung. Wir wollen mit Ihnen darüber diskutieren, wie Regierungshandeln gestaltet werden muss, das nicht dem Motto folgt „Closed.NRW“.

Warum wollen wir das tun? Wollen wir auf einen Zug aufspringen? Wollen wir „Window-Dressing“ betreiben? Wollen wir dafür sorgen, dass es bei Twitter möglichst viele Follower gibt oder bei Facebook möglichst viele Fans?

Nein, das ist nicht das Ziel. Sondern das Ziel ist es, politische Entscheidungsprozesse zu verbessern. Und damit auch dafür zu sorgen, dass Bürgerinnen und Bürger sich besser beteiligen können und dass sie besser informiert werden.

Regierungshandeln muss für Bürgerinnen und Bürger erlebbarer werden, es muss anfassbarer werden. Wir brauchen hier mehr Beteiligung, mehr Transparenz und mehr Zusammenarbeit – das ist der Dreisatz, der rote Faden sozusagen, des Handelns der Landesregierung.

Wir wollen aus Betroffenen Beteiligte machen und kein Regierungshandeln über die Köpfe der Menschen hinweg. Es geht uns darum, die Menschen in diese Prozesse, in das politische Handeln miteinzubeziehen, weil wir überzeugt sind, dass das insgesamt zu einer Qualitätssteigerung führt.

Ja, bei Open.NRW geht es um nicht mehr und nicht weniger als um die Weiterentwicklung der Demokratie.

Ich denke, wir sind uns einig, dass allein ein Kreuz am Wahltag oder zwei oder bewährte Verfahren der Partizipation nicht der Weisheit letzter Schluss sind. Sonst wären Sie wahrscheinlich auch heute nicht hierhergekommen.

Die repräsentative Demokratie des 21. Jahrhunderts kann und muss durchaus ein kleines Update verkraften.

Lassen Sie uns also mit Open.NRW eine neue Version von „Mehr Demokratie wagen“ auflegen, ganz in der Tradition Willy Brandts, der 1969 wichtige Reformen durchsetzte, die Staat und Gesellschaft öffneten und viele Bürger ermutigten, selbst stärker politisch aktiv zu werden.

Meine Damen und Herren,
die Landesregierung startet nicht bei null. Aus eigener Erfahrung mit Online-Dialogen weiß ich, wie groß das Interesse der Bürgerinnen und Bürger ist, selbst stärker aktiv zu werden und am Regierungshandeln teilzuhaben:

  • In 2011 habe ich zum Beispiel beim Online-Dialog „ZukunftNRW“ mit Bürgerinnen und Bürger über Fragen zu verschiedensten Themen live diskutiert, die im Vorfeld online anhand ihrer Wichtigkeit bewertet wurden. Es gingen über 240 Fragen ein, mehr als 40.000 Bewertungen. Dieser Prozess „ZukunftNRW“ hat mir gezeigt, dass Online-Dialoge auch gute Sensoren sind, um Regierungsthemen zu gewichten, um festzustellen, was sind eigentlich die Themen, die bei den Menschen sind. Manchmal sehen wir die Dinge von der Wichtigkeit durchaus anders. Das war eine wichtige Erkenntnis in diesem Prozess.
  • 2012 habe ich gemeinsam mit den Kolleginnen und Kollegen des Kabinetts auf der Konferenz „JUKON12“ mit 300 Jugendlichen zu den Themenschwerpunkten „Bildung“, „Forschung“ und „Wirtschaft“ diskutiert. Vorlaufend fand eine Online-Debatte innerhalb einer eigens dafür geschaffenen Community statt: Mehr als 3.000 Beiträge wurden erfasst und auf der JUKON weiter diskutiert. Und wichtig war uns: Das ist nicht folgenlos geblieben. Sondern das wurde aufgearbeitet. Wir haben uns anschließend im Kabinett mit den Vorschlägen beschäftigt; jeder Minister, jede Ministerin, die für die Themen dann die Zuständigkeit hat, hat den Arbeitsauftrag erhalten, das zu prüfen und gegebenenfalls in die entsprechenden Prozesse auch mit einzusetzen.


Diese erfolgreichen Feldversuche des „Offenen Regierens“ haben mir und uns klar vor Augen geführt: Wenn wir wirklich dauerhaften Erfolg mit unseren Ansätzen des Offenen Regierungshandelns haben wollen, muss es auch eine ganzheitliche und nachhaltige Open Government-Strategie für Nordrhein-Westfalen geben.

Aus diesem Grunde haben wir die richtigen Weichen gestellt. Wir haben schon in der letzten Legislaturperiode, also 2011 schon, alle Ministerien beauftragt, Beiträge zu liefern für eine Projektgruppe „OpenNRW“ – sie sollte dann die Grundlage liefern für eine solche Gesamtstrategie.

Das Ergebnis dieses ersten Denkprozesses kennen Sie: Seit dem 1. März stehen die ersten Eckpunkte dieser Strategie im Internet. Und das sind bewusst „Eckpunkte“. Passend zu den generellen Leitlinien des Regierungshandelns setzen wir uns dabei folgende Ziele:

  • Mehr aktive Beteiligung von Bürgern für einen Dialog „auf Augenhöhe“, z. B. über Online-Partizipation an staatlichen Entscheidungsprozessen, E-Konsultationen bei Regierungsprojekten oder Gesetzentwürfen.
  • Mehr Transparenz von Politik und Verwaltung, z. B. durch proaktive und antragsfreie Bereitstellung von Daten und Informationen. Wir stehen dem als Landesregierung sehr offen gegenüber. Das besagt schon unser Koalitionsvertrag, in dem die Rede davon ist, dass es eine Weiterentwicklung des Informationsfreiheitsgesetzes zu einem Transparenzgesetz geben soll.
  • Mehr Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Bürgern, z.B. mit Hilfe von Online-Dialogen für neue Kooperationen zwischen Bürgern, Wirtschaft und auch Verwaltung. Soziale Medien und Web 2.0-Technologien wollen wir also auch nutzen, um Aufgaben, die dem Gemeinwohl nutzen, gemeinsam mittels E-Zusammenarbeit effizient erledigt zu können.


Das Eckpunktepapier, meine Damen und Herren, das heute beim Zukunftsforum diskutiert werden soll, ist nur der 1. Schritt. Nichts, was da drin steht, ist in Stein gemeißelt, um das gleich vorweg deutlich zu sagen. Wir sind offen für Kritik und für Anregungen. Es ist uns ein Kernanliegen, die Öffentlichkeit auch schon in dieser Phase bei der Erarbeitung der Eckpunkte zu beteiligen – deshalb die Konferenz am heutigen Tage.

Für die Landesverwaltung ist Open.NRW ein Veränderungsprozess, den wir Schritt für Schritt gehen wollen und gehen müssen. Dieser Veränderungsprozess, der wird nicht von heute auf morgen und auch nicht reibungslos funktionieren. Es gilt, auch das sei klar gesagt: Sorgfalt vor Schnelligkeit.

Ich bitte auch zu bedenken, dass Open Government mit Sicherheit für viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung tatsächlich einen, wie man so schön sagt, „Kulturwandel“ bedeutet. Daher muss dieser Prozess so gestaltet werden, dass die Bürgerinnen und Bürger, aber auch die Landesverwaltung in diesem Prozess mitgenommen werden. Der Prozess hat begonnen und ich hoffe, Sie werden mir zustimmen: Wir gehen in die richtige Richtung.

Mein Appell ist: Lassen Sie uns diesen Weg gemeinsam gehen. Nur so kommen wir zu einem gegenseitigen und gemeinsamen Verständnis von Open Government in Nordrhein-Westfalen. Und ich bin sehr zuversichtlich, dass uns das auch heute beim Zukunftsforum gelingen wird.

Ich wünsche uns allen und Ihnen vor allem gute Gespräche und ich danke ganz herzlich für die Aufmerksamkeit, nicht nur hier im Saal, sondern auch im Stream.

Danke!

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