Das war die #JUKON12: „Wir fühlen uns extrem bereichert.“
Das war die #JUKON12: „Wir fühlen uns extrem bereichert.“
Sie war ein Experiment, die #JUKON12, die Jugendkonferenz der NRW-Landesregierung. Zwei Monate lang waren die JUKON-Themen auf der Online-Plattform zur Jugendkonferenz auf www.nrw.de/jukon12 diskutiert worden. Offline trafen sich 300 junge Menschen zwischen 16 und 23 Jahren dann im CC West der Messe Essen. Dort beeindruckten sie die Landesregierung mit ihren präzisen Ideen und Forderungen, wie sie in Zukunft leben, lernen, arbeiten möchten. „Wir fühlen uns extrem bereichert“, wertete Ministerpräsidentin Hannelore Kraft in ihrem Schlussstatement das „Experiment #JUKON12“ und sprach von einer guten Erfahrung. Nicolas Klein-Zirbes, Konferenz-Teilnehmer aus Bonn, bestätigte im Interview mit nrw.de: „Ich sage schon jetzt, dass die Jugendkonferenz ein Erfolg war.“ Er habe das Gefühl, ernst genommen zu werden und hoffe, „dass der JUKON12-Report dem Kabinett vorgelegt wird und dort ein paar unserer Lösungsvorschläge beraten werden“. „Die Ideen der #JUKON12 kommen auf den Kabinett-Tisch“, bekräftigte die Regierungschefin.
Das, was auf den Kabinett-Tisch kommt, ist der #JUKON12-Report, der jetzt zusammengestellt wird. Er greift das auf, was zei Monate lang in den sieben Denkräumen der Online-Plattform diskutiert und dann in den sieben entsprechenden Workshops der Jugendkonferenz in Essen vertieft wurde. Eine richtige Fleißarbeit. Denn die qualitativ hohe #JUKON12-Diskussion deckt ein breites Spektrum von Zukunfts-Ideen, Wünschen und Forderungen ab. Diese Reportage kann nur einen kleinen Ausschnitt wiedergeben:
So ging es im Denkraum „Schule der Zukunft“ um die Frage: „Wie können wir das soziale Lernen stärken?“ Die Jugendlichen machten deutlich, dass sie in Respekt miteinander leben und lernen wollen. Das setze voraus, andere zu respektieren, auch Toleranz zu zeigen, wo es um Meinungsfreiheit gehe. Daraus abgeleitet formulierten sie ihren Wunsch an die Ministerpräsidentin: „Wir hätten gerne, dass wir in der Schule vermittelt bekommen, was es heißt, in einer pluralistischen Gesellschaft zu leben.“ Und die Politik solle dafür sorgen, „dass wir trotz Schule und Universität noch anderem nachgehen können“. Der Raum fürs Ehrenamt oder für Arbeitsgemeinschaften müsse gestärkt werden.
„Gibt es in unserer Gesellschaft noch Werte, in einer Gesellschaft, die aus vielen Einzelkämpfern besteht?“ Eine Frage aus dem Denkraum „Gleichen Chancen für alle“. Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Denkraumes waren sich einig: Werte werden anerzogen, durch das Elternhaus und das ganze gesellschaftliche Umfeld. Es gehe darum, bei Kindern schon sehr früh Werte wie Respekt und Toleranz zu fördern - und darin auch die Eltern zu unterstützen. Ministerpräsidentin Hannelore Kraft hakte nach: „Wie einigen wir uns auf unseren Wertekanon und wie finde ich dafür offene Ohren bei den Jugendlichen? Wer ist für Jugendliche Respektsperson? Wer ist Vorbild?“ Es wurde deutlich, dass dieser Dialog noch nicht zu Ende ist, dass es vor allem keine einfachen Antworten gibt. Allerdings gab es in Essen eine klare These der Jugendlichen: „Es muss Vorurteilsfreiheit vermittelt werden. Alle sind gleich. Keiner ist anders.“
Und auch eindeutige Voten gab es auf der Jugendkonferenz in Essen. Der Denkraum „Die Arbeitswelt von morgen“ hatte sich unter anderem mit dem Thema Mindestlohn beschäftigt. Auf den Mindestlohn, so die These, müssten sich Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände auch deshalb einigen, „weil Arbeit etwas mit Würde zu tun hat“. Andreas Korn, der Moderator der #JUKON12, griff das Fazit des Denkraumes auf und wollte wissen, wie das große Plenum der Jugendkonferenz, die 300 Jugendlichen, die nach Essen gekommen waren, zum Mindestlohn stehen. Das Abstimmungsergebnis bekräftigte mit überdeutlicher Mehrheit die Notwendigkeit eines Mindestlohns.
Für den Denkraum „Wissen schafft Chancen“ stand fest, dass Forschung auch soziale und gesellschaftliche Verantwortung hat. So wurde kritisiert, dass Forschungsergebnisse in der Öffentlichkeit zu wenig präsent seien. Deshalb müssten sie interessanter gemacht, besser „verkauft“ werden. Der Lösungsvorschlag der #JUKON12: „Bildungs- und Forschungseinrichtungen vernetzen.“ Ministerpräsidentin Hannelore Kraft unterstützte diesen Ansatz. Und auch die Didaktik müsse gestärkt werden. Denn oft sprächen Wissenschaftler eine eigene Sprache. Diese „runter zu zoomen“, auf Allgemeinverständlichkeit, sei nicht jedermanns Sache in der Wissenschaft.
Hand aufs Herz: Hätten Sie geglaubt, dass junge Menschen zwischen 16 und 23 Jahren sich Gedanken machen über Patientenverfügung und Organspende? Die #JUKON12-Community hat es getan. Der Denkraum „Besser alt werden“ war sich einig: „Es fehlt Aufklärung.“ Der daraus abgeleitete Auftrag an die Politik: „Das Thema in allen Schulen genauso behandeln wie den Sexualkundeunterricht.“ „Ja, das Thema ist wichtig“, antwortete Hannelore Kraft. Es müsse dann aber auch entschieden werden, was in den Lehrplan gepackt werde und worauf verzichtet werden könne. Denn Schule habe eine begrenzte Zeit. Eine andere Forderung der Jugendkonferenz nimmt die Ministerpräsidentin schon mit ins Kabinett und will dort darüber entscheiden lassen: „Nicht jeder muss Organspender sein. Aber jeder muss eine Entscheidung treffen.“
Die Qualität der Debatten faszinierte bei der #JUKON12 genauso wie die Klarheit der Aussagen. „Wir dürfen nicht das zu Energie machen, was anderen als Nahrungsquelle dient.“ So die prägnante Aussage im Denkraum „Unsere Energie der Zukunft“. Es sei besser, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen, auch mal zu verzichten, um Energie zu sparen. „Ein Megathema“ auch für die Ministerpräsidentin. Sie griff die Forderung der Jugendlichen auf, mehr Geld für Forschung mit erneuerbaren Energien bereit zu stellen. Nordrhein-Westfalen tue das. Es sei gelungen, ein Max-Planck-Institut nach Mülheim an der Ruhr zu holen, ein Institut, dass sich mit der Speicherung von Energie beschäftige. Das Land stelle 45 Millionen Euro für den Aufbau des Instituts bereit.
„Brauchen wir dafür eine Fortbildung der Lehrer“, wollte Hannelore Kraft von den Jugendlichen wissen, die sich im Denkraum „Freiheit und Eigentum im Internet“ u.a. mit der Medienkompetenz befasst hatten. „Den Medienpass müsse es schon an der Grundschule geben“, so deren Forderung. Es brauche einen strikteren Datenschutz, die AGB’s, also die allgemeinen Geschäftsbedingungen, müssten weniger umständlich formuliert sein und es müsse bei Facebook, Twitter und anderen Plattformen sofort erkennbar werden, „was mit meinen Daten geschieht“. Damit jeder Nutzer gleich von Anfang an besser dafür sensibilisiert sei. Ach, ja, die Medienkompetenz der Lehrer und deren diesbezügliche Fortbildung: „Das wird vielleicht in ein paar Jahren hinfällig, weil jetzt eine Lehrergeneration heranwächst, die sich im Internet auskennt.“
„Wir alle haben gerade miterleben können, wie spannend die Debatten waren, auch für uns. Denn Politik lebt davon, dass sie zuhört und dass sie auch Gedankengänge von anderen aufnimmt.“ Mit diesen Worten betonte Ministerpräsidentin Hannelore Kraft, wie wichtig ihr die #JUKON12 ist. Zuvor hatte sie berichtet, wie sie immer wieder höre, die Jugend sei desinteressiert. Auf der Jugendkonferenz habe sie eine ganz andere Jugend kennengelernt. „Bleiben sie so lebhaft. Beteiligen sie sich weiter. Denn wer sich nicht beteiligt, kann hinterher nicht meckern.“ Der lebhafte Beifall machte deutlich, dass die Botschaft der NRW-Ministerpräsidentin angekommen war.
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