Justizminister: Kranke und betagte Menschen bei gerichtlichen Anhörungen besser vor Ansteckung schützen
Peter Biesenbach will bei drohender Gefährdung von Betroffenen die richterliche Anhörung auch per Videoübertragung ermöglichen
Da bei Anordnung einer rechtlichen Betreuung tief in die Grundrechte der Betroffenen eingegriffen wird, erfordert das Gesetz eine vorherige gerichtliche Anhörung nach strengen Regeln: Der Richter muss dem Betroffenen zuhören und sich in dessen Umgebung einen persönlichen Eindruck verschaffen – und zwar im persönlichen Kontakt, von „Angesicht zu Angesicht“.
Da bei Anordnung einer rechtlichen Betreuung tief in die Grundrechte der Betroffenen eingegriffen wird, erfordert das Gesetz eine vorherige gerichtliche Anhörung nach strengen Regeln: Der Richter muss dem Betroffenen zuhören und sich in dessen Umgebung einen persönlichen Eindruck verschaffen – und zwar im persönlichen Kontakt, von „Angesicht zu Angesicht“. Telefonische oder schriftliche Anhörungen reichen bisher ebenso wenig aus wie eine Anhörung per Videotelefonat.
Gerade im Bereich des Betreuungsrechts oder bei der Genehmigung eines Bettgitters sind aber häufiger als sonst betagte Personen betroffen, die mit Vorerkrankungen in Alters- und Pflegeheimen oder Krankenhäusern versorgt werden. Nach der Risiko-Bewertung des Robert-Koch-Instituts sind gerade diese Menschen besonders gefährdet, da eine viel höhere Wahrscheinlichkeit besteht, im Ansteckungsfall schwerste Gesundheitsschäden oder gar den Tod davonzutragen.
Justizminister Peter Biesenbach: „So wichtig der direkte Eindruck natürlich ist, in Zeiten einer hochansteckenden Pandemie geht hiervon eine immense Gefahr für betagte und kranke Menschen aus. Die Justiz darf diese Leute nicht in Lebensgefahr bringen, so dass der Richter in gefährlichen Fällen während der Pandemie – zum Beispiel wenn keine Schutzkleidung mehr vorhanden ist – die Freiheit haben muss, zunächst eine Anhörung durch Videoübertragung durchzuführen, die einen visuellen und akustischen Kontakt garantiert. Die direkte Anhörung ist dann sofort nach dem Ende der Gefahr von Angesicht zu Angesicht nachzuholen.“
Da für eine solche Änderung der Bund zuständig ist, hatte sich das NRW-Justizministerium schon im März per Brief an das Bundesjustizministerium gewandt. Das Bundesjustizministerium möchte den Vorschlag – obwohl er inzwischen von immer mehr Bundesländern gefordert wird – allerdings bisher nicht aufgreifen.
Biesenbach: „Ich kann die Haltung der Bundesjustizministerin einfach nicht verstehen. Die Justiz ist es den Menschen doch schuldig, sie bei gesetzlich vorgeschriebenen Anhörungen nicht in Gefahr zu bringen. Wir bleiben daher hartnäckig. Ein eigener Gesetzentwurf ist bereits fertiggestellt, den wir gemeinsam mit anderen Ländern sofort in den Bundesrat einbringen werden.“